Taxonomie-Verordnung

Grünes Mascherl für Atomkraft und Erdgas?

Die EU-Kommission stuft Investitionen in Atomkraft und Erdgas im Rahmen der Taxonomie-Verordnung als nachhaltig ein.

Im Rahmen des Green Deal der EU aus dem Jahr 2019 soll bekanntlich bis 2050 die Klimaneutralität der EU angestrebt werden. Als Voraussetzung dafür wurde nun seitens der Unionsgesetzgebung ein EU-weit einheitliches Verständnis des Begriffes „Nachhaltigkeit“ in Form der sogenannten „Taxonomie-Verordnung“ erstellt. Dieses Klassifikationssystem für grüne Aktivitäten soll zu größerer Klarheit führen und anhand von Evaluierungskriterien, Schwellenwerten und Parametern Informationen über einschlägige Branchen und Tätigkeiten zur Verfügung stellen.

Juristische Interpretation der „Taxonomie-Verordnung“

Ein Problem in der Nachhaltigkeitsthematik stellt für Nikolaus Becker, Rechtsanwalt  bei „HSP.law“ das sogenannte Greenwashing dar. Dabei täuschen Unternehmen vor, umweltfreundlich und nachhaltig zu agieren, ohne dafür eine hinreichende Grundlage zu bieten. Die Taxonomie-Verordnung kann diese Problematik jedoch auch nicht ein für allemal lösen, wie Nikolaus Becker erklärt: „Die Taxonomie-Verordnung ist ein Green Labeling, ähnlich einer Bio-Kennzeichnung bei den Lebensmitteln. Das Gute ist, dass man jetzt sehr viel darüber spricht. Das schafft Transparenz. Klimaschutz ist ein wirklich brennendes Thema und das ist jetzt überall angekommen. Nicht nur bei den Jugendlichen von Fridays for Future, sondern auch bei den CEOs, die am Kapitalmarkt agieren und Geld brauchen. Sie müssen einen Fokus auf das nachhaltige Wirtschaften legen.“ Doch müssen Unternehmen oder Staaten, die sich nicht an die Taxonomie-Verordnung halten, Auswirkungen befürchten? „Nein, das hat keine Auswirkungen“, erklärt der Rechtsanwalt, „weil es wie gesagt nur ein Labeling ist.“ Dennoch bringt es diverse Vorteile, wenn die Unternehmen und Staaten die Taxonomie-Verordnung korrekt anwenden: „Man hat es dann leichter am Markt. Förderungen von Staaten werden nur noch an nachhaltige Unternehmen vergeben. Das heißt, die Konsequenz ist: Wenn ich nicht nachhaltig bin, tue ich mir am Finanzmarkt schwerer, von Banken oder Staaten Geld zu bekommen“, erklärt Becker.

Biomasseverband sieht Benachteiligung

Deutlich dramatischer sieht das Thema nicht unerwartet unter anderem auch der heimische Biomasse-Verband. „Während Atomkraft und fossiles Erdgas im Green New Deal ein grünes Mascherl bekommen, versucht man der Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen untaugliche bürokratische Hürden in den Weg zu legen. Die Kommission sollte den Ausbau der Holzenergie nicht bremsen, sondern beschleunigen!“, fordert Biomasse-Verbandspräsident Franz Titschenbacher.

Van der Bellen sieht falsches Signal

Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen betonte anlässlich dieser Entscheidung der EU-Kommission, dass „Atomkraft weder nachhaltig noch sicher“ sei. Erdgas sei zudem ein fossiler, klimaschädlicher Energieträger und müsse Schritt für Schritt durch klimaneutrale Alternativen ersetzt werden.

Van der Bellen: „Die EU-Kommission setzt mit ihrer Entscheidung das falsche Signal, auch auf den Kapitalmärkten. Natürlich werden nicht alle Atomkraftwerke in Europa morgen abgestellt werden können. Aber eine Einstufung als Grüne Energie ist ein Anreiz, weiter in diese gefährliche Technologie zu investieren. Das ist der falsche Weg. Ich bin überzeugt, dass wir alles tun müssen, um für unsere Kinder und Enkelkinder eine lebenswerte Welt zu schaffen. Wir müssen die Klimakrise gemeinsam meistern. Und dabei wird Technologie ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg für ein gutes Leben der kommenden Generationen sein. Aber sicher nicht Atomenergie. Denn diese ist erwiesenermaßen weder nachhaltig, noch sicher. Schauen wir nach Tschernobyl, schauen wir nach Fukushima.“

(ck)

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