Gut verdichtet
Messung und Dokumentationen der Verdichtung werden auch bei Erdbauwalzen zum Standard.
Wer die Marktführerschaft mit Anteilen von weit mehr als zwei Dritteln gewohnt ist, kann den zweiten Platz in einem Segment mit Humor nehmen: „Leider sind wir bei Erdbauwalzen nur die Nummer zwei hinter dem Marktführer“, erzählt Wirtgen-Geschäftsführer Josef Fessl mit verschmitztem Lächeln. Und fügt hinzu: „Wir fangen allerdings erst bei fünf Tonnen an.“ Das Wirtgen-Unternehmen Hamm und die zur Fayat-Group gehörende Bomag matchen sich bei Walzen ebenso wie bei anderen Maschinen für die Straßenfertigung um die Marktführerschaft. In einem Bereich liegt dieser, im anderen Bereich jener vorn.
Den Kunden darf’s freuen, denn ein Resultat des Wettbewerbs sind Innovationen. So stellte Bomag heuer seine erste Tandemwalze mit tangentialer Oszillation vor. Bisher war Oszillation die alleinige Domäne von Hamm. Der Vorteil dieser Technologie ist der, dass der Boden beim Verdichten nicht in Schwingungen versetzt wird. Schäden an Bauwerken in der unmittelbaren Umgebung und vor allem an Brücken werden durch diese Technologie verhindert. Eine weitere Innovation von Bomag war eine leichte Tandemwalze mit einer kontinuierlichen Anzeige des Verdichtungsvorgangs. Das Display des Economizer genannten Gerätes ist gut sichtbar im Armaturenbrett der Maschine und informiert mithilfe von LED in Echtzeit einfach, aber übersichtlich über den Verdichtungsfortschritt.
Große Investition
Verdichtungsmessung ist ein wesentlicher Trend bei Walzen und wird von Profis immer mehr geschätzt. Hermann Reiter, verantwortlich für das Gerätemanagement des Bauunternehmens Held und Francke, hat seine große Hamm-Erdbauwalze heuer mit HCQ, der Hamm-Technologie zur Messung und Dokumentation der Verdichtung, ausgestattet. Immerhin musste er dafür stolze 30.000 Euro löhnen. Aber er glaubt, dass sich die Investition bezahlt macht: „Wir habe diese Technologie auf einem großen Straßenbaulos in Eferding im Einsatz, und sie hat sich sehr gut bewährt“, berichtet Reiter.
Er betont, dass die Elektronik die Arbeit nicht einfacher oder leichter mache, sondern sicherer, „weil sämtliche Verdichtungswerte erfasst werden und wir gegenüber dem Bauherrn beweisen können, dass unsere Arbeit gepasst hat“. Die Technologie findet sich deshalb auch bereits in den meisten Ausschreibungen für größere Straßenbaulose. Ein Plus für das Bauunternehmen ist, dass Zeit und Treibstoff gespart werden: „Wenn ich nach der fünften Überfahrt den richtigen Verdichtungswert erreicht habe, brauche ich nicht ein sechstes oder siebentes Mal drüberfahren“, sagt Reiter.
Auch Claus Erdödi, Geschäftsführer des oberösterreichischen Unternehmens Petschl Frästechnik, hat gute Erfahrung mit einem System zur Messung und Dokumentation der Verdichtung gesammelt. Als Subunternehmer beim Kraftwerk Malženice hat er schon vor einiger Zeit mehrere tausend Quadratmeter Boden verdichtet und dabei ebenfalls eine Hamm-Walze mit Verdichtungsmessung eingesetzt. In die 50 Zentimeter starken Schüttlagen wurde als Bindemittel Kalk eingefräst. Dietmar Adam, Professor für Grundbau, Boden- und Felsmechanik, forderte als verantwortlicher Planer sechs Übergänge mit der Walze: „Es ist ohne diese Technik fast unmöglich, dass der Fahrer bei dieser riesigen Fläche über alles sechsmal fährt und dabei nichts übersieht“, berichtet Erdödi.
Mit der Verdichtungskontrolle war es dagegen einfach: Vom gesamten Gelände wurde ein GPS-basierter Plan angelegt, den der Fahrer am Monitor hatte, erzählt Erdödi: „Mit der Zunahme der Verdichtung wechselte das Farbbild von Rot immer heller bis zu Grün.“ Selbst ein kleiner, ungenügend verdichteter Streifen auf diesem riesigen Feld wäre am Monitor angezeigt worden.
Zuverlässige Maschinen
Sowohl Erdödi als auch Reiter haben Walzen von Bomag und Hamm im Einsatz. Hermann Reiter sieht die beiden großen Marken gleichauf: „Die Maschinen müssen zuverlässig sein, die Verdichtung muss passen, Ersatzteilversorgung und die Monteurverfügbarkeit müssen funktionieren, und da sehe ich zwischen Bomag und Hamm keinen Unterschied.“ Claus Erdödi hat mit Wirtgen sehr gute Erfahrungen gemacht: „Sie bieten eine gute und breitgefächerte Produktpalette, und auch das Service ist im Großen und Ganzen gut.“ Er betont allerdings, dass er mit beiden Marken gute Erfahrungen bezüglich Langlebigkeit, Haltbarkeit und Ersatzteilversorgung gemacht hat: „Vielleicht liegt die Hamm um eine Nasenlänge vor der Bomag“, resümiert er. Erdödi ist sich bewusst, dass sich die Premiumanbieter ihre Vorteile zahlen lassen: „Sie sind nicht die günstigsten, aber unterm Strich doch die potentesten Anbieter.“
Als ein Plus von Hamm nennen die beiden Unternehmer die Oszillation: „Das ist ein Thema in Gebäudenähe, bei Brückenbaustellen, wenn über Leitungen verdichtet wird“, erzählt Hermann Reiter. Allerdings ist das nur bei fünf Prozent seiner Walzeneinsätze der Fall. Über die neue Bomag-Walze mit Oszillation kann Reiter noch nichts sagen: „Wir wissen nur, dass es bei Hamm funktioniert, dort nutzen wird diese Technik schon seit Jahren.“
Neu Walzenzüge
Die beiden Marktführer haben heuer ihr Angebot an Walzen für den Erdbau erweitert. Hamm ergänzte die Walzenzüge der H-Reihe, die sich bisher auf die Klasse zwischen 18 und 15 Tonnen beschränkte, mit drei neuen Modellen mit Gewichten zwischen elf und 16 Tonnen. Sie sind mit „intelligent emission control“ (intelligenter Abgasregelung) ausgestattet, das durch ein kleines „i“ am Ende der Typenbezeichnung signalisiert wird.
Auch bei den neuen Walzen findet sich das für Hamm typische und von vielen Kunden geschätzte Dreipunkt-Pendel-Knickgelenk, das ausgezeichnete Manövrierfähigkeit mit optimaler Fahrstabilität selbst in engen Kurven bietet. In allen drei neuen Gewichtsabstufungen sind die Walzenzüge mit Glattmantelbandage, mit Stampffußschalen oder mit Stampffußbandage erhältlich. Zusätzlich wird die 13-Tonnen-Maschine auch mit einer VIO-Bandage verfügbar sein, die entweder mit Vibration oder mit Oszillation verdichtet.
Kompakt und leistungsstark
Bomag präsentierte heuer eine neue Generation von Walzenzügen in der Fünf- bis Acht-Tonnen-Klasse. Die Maschinen sind – so der Hersteller – kompakt und leistungsstark. Sie verfügen über ein neu konfiguriertes Vibrationssystem, das die Gefahr des Sprungbetriebs reduzieren soll. Für die Verdichtung in sensiblen Bereichen bietet Bomag auch bei den Neuheiten die automatische Amplitudenregelung Variocontrol. Diese Bomag-Technologie ist in gewisser Weise eine Alternative zur Oszillation von Hamm. Die Technik passt die Vibration automatisch und stufenlos dem Boden an und verhindert auf diese Weise für die Umgebung mitunter schädliche Vibrationen.
Ein Ziel bei der Entwicklung dieser Bomag-Novitäten war ein geiziger Umgang mit Diesel. Dafür sorgt unter anderem eine Ecomode-Funktion, die Drehzahlen auf die Arbeitsintensität angleicht, wodurch bis zu 30 Prozent Kraftstoff verbraucht werden. Dazu gibt es eine Stop-Funktion für den Motor, der die Maschine nach einer definierten Stillstandszeit abschaltet.
Hohe Produktivität
Neue Erdbauwalzen stellte vor kurzem auch Volvo vor. Die drei Modelle mit Einsatzgewichten zwischen acht und vierzehn Tonnen sollen, so verspricht der Hersteller, mit weniger Durchgängen eine höhere Materialdichte erreichen. Möglich wird das, so Volvo, „durch eine Kombination aus maximaler Verdichtungsleistung, hoher Zentrifugalkraft, hoher Amplitude und einem hohen Walzengewicht zur Erzeugung der Energie, die für eine hervorragende Verdichtung und hohe Produktivität der Maschine benötigt wird“.
Die Maschinen sind flexibel und auf eine Vielzahl von Terrains und Materialtiefen einstellbar. Je nach sich ändernden Bodentypen und Bedingungen kann der Fahrer eine hohe Amplitude bei geringer Frequenz oder eine niedrige Amplitude bei hoher Frequenz wählen. Außerdem lässt sich die Walze mit wenig Werkzeug und minimaler Ausrüstung schnell und einfach auf einen Stampffuß-Walzenkörper umrüsten. Interessant ist auch ein Mittelgelenk, das ein Abknicken des Walzensegments um +/– 38 Grad zur Seite und +/– 17 Grad in der Höhe ermöglicht. Das sorgt für mehr Leistung und größeren Fahrerkomfort auf unebenem Terrain, behauptet Volvo.
Baumaschinenmarktführer Caterpillar hat ebenfalls Walzen für den Erdbau im Programm. Ihre Besonderheit ist ein patentiertes Exzenter-Unwuchtsystem mit Stahlkugeln in den Unwuchtkammern. Es ermöglicht die Einstellung von zwei unterschiedlichen Amplituden. Die Frequenz lässt sich stufenlos unabhängig von der Motordrehzahl einstellen.
Komfort für den Fahrer
Alle Hersteller haben bei den Neuheiten den Komfort für den Fahrer wesentlich ver-bessert. Hamm bietet in einer XXL-Kabine viel Platz und beste Sicht auf die Bandagen, die Wasserberieselung und das Umfeld. Josef Fessl lobt bei den Novitäten das „automative Innere“, das in Sachen Komfort einem Pkw sehr nahe kommt: „Selbst ein Radio mit CD-Player ist vorhanden“, erwähnt Fessl. Bomag bietet in den Kabinen der neuen Walzen ebenfalls viel Platz und Stauraum sowie ein logisch und übersichtlich aufgebautes Bedienpult. Volvo setzt typisch skandinavisch auf ROPS- und FOPS-Vorrichtungen, die vor Überschlag und herabfallenden Gegenständen schützen, sowie auf Dach- und Wandsegmente aus schallabsorbierendem Material, das besten Schallschutz garantieren soll.
Einen Grund für großzügige Fahrerkabine nennt Hermann Reiter von Held und Francke: „Die neuen Technologien stellen wesentlich höhere Anforderungen an den Walzenfahrer. Er muss mitdenken, Verständnis für Technik und Computersteuerung haben. Die Zeiten sind vorbei, als Hilfsarbeiter Walzen steuerten.“
Mawev-Leistungsschau
Fast eineinhalb Jahre sind noch Zeit bis zur 9. Mawev-Show. Sie findet vom 18. bis 21. März 2015 statt und wird wieder im Ennser Hafengelände abgehalten. 177.000 Quadratmeter werden für Aussteller und Besucher bereitstehen. Die Vorbereitungen zu dieser Leistungsschau des österreichischen Baumaschinenhandels laufen schon jetzt auf Hochtouren, wie Mawev-Präsident Ferdinand Beringer und Messechef Thomas Karner Mitte September beim traditionellen Mawev-Heurigen durchblicken ließen. „Wir hoffen, dass die Show das prognostizierte Wirtschaftswachstum der kommenden Jahre tatkräftig unterstützen wird“, so Beringer.