Weil wir es können
Schicht für Schicht entsteht in Hausleiten das erste 3D-betongedruckte Haus Österreichs. Von der großen Revolution am Bau will aber trotzdem keiner sprechen.
Langsam bewegt sich der Druckkopf in seinen vorgefertigten Bahnen, erweitert Schicht für Schicht die bestehenden Mauern, streng nach den vorgegebenen BIM-Daten, bis er nach 45 Druckstunden seine Aufgabe erfüllt hat und es steht: das erste 3D-gedruckte Haus Österreichs. Umgesetzt wird der rund 125 Quadratmeter große Bürozubau der Asphaltmischanlage in Hausleiten von der Strabag gemeinsam mit Peri, der Trockenmörtel für den Druck kommt von Lafarge.
Einfach mal probieren
„Wir schauen uns ständig nach neuen Technologien um und probieren diese am liebsten in der Praxis aus, um sie auf ihre Praktikabilität zu prüfen“, erklärt Strabag-Vorstandsvorsitzender Thomas Birtel die Intention hinter dem Projekt. „Die 3D-Betondrucktechnologie steckt zwar noch in den Kinderschuhen, aber schon jetzt ermöglicht sie ein nutzbares Endprodukt – der Bürozubau wurde behördlich genehmigt –, und langfristig wird sie die Branche verändern.“ Zwar ist man aktuell noch mit einigen Herausforderungen konfrontiert wie der Druckhöhe, Anschlüssen oder dem Werkstoff, die einschränkend wirken, das Potenzial sei aber groß.
Gedruckt werden für die Außenwände aktuell mit drei Druckerbahnen, wodurch zwei Hohlräume entstehen. Einer wird später mit Beton aufgefüllt – eine statische Vorsichtsmaßnahme, wie Fabian Meyer-Brötz, Head of House Printing bei Peri, erklärt, die vielleicht in den nächsten Jahren obsolet werden könnte. Der zweite Hohlraum wird mit Dämmmaterial gefüllt.
Verantwortlich für die eigentliche Arbeit ist der BOD2-Portaldrucker des dänischen Partners Cobod, mit dem auch schon zwei Projekte in Deutschland realisiert wurden. Die maximale Druckgeschwindigkeit liegt bei einem Meter pro Sekunde, gedruckt werden kann bei fast jedem Wetter, nur Starkregen bereitet Schwierigkeiten. Beschränkt ist man aktuell noch in den Dimensionen, die maximale Breite liegt bei 15 Metern, die Höhe bei drei Stockwerken.
Von jedem Projekt lernen
„3D-Druck ist für uns als Schalungshersteller eine disruptive Technik – was man drucken, kann braucht keine Schalung mehr“, stellt Christian Schwörer, CEO der Peri AG, fest. „Deswegen haben wir beschlossen, es einfach selber zu machen.“ Von der Phase, dass bald überall Drucker stehen und Häuser drucken, sei man jedoch noch weit entfernt. Aktuell geht es darum, weitere Projekte zu realisieren, die Technik weltweit im Einsatz weiterzuentwickeln und daraus zu lernen.
Von diesem Lerneffekt profitiert man auch bei Lafarge, die „die Tinte für das Projekt“ bereitstellen. Der werksfertige Trockenmörtel wird nach Wasserzugabe direkt beim Druckvorgang in den Druckkopf gepumpt. Das für den Druck des Bürogebäudes eingesetzte Material der Marke Tector Print wurde von Holcim entwickelt und ist auf die besonderen Anforderungen des 3D-Betondrucks angepasst. „Warum wir dabei sind? – Weil wir es können“, stellt Lafarge-Österreich-CEO Berthold Kren schmunzelnd fest. „Gebäude aus dem 3D-Drucker etablieren eine neue Sprache für Beton, die digital und umwelttechnisch fortschrittlich ist.“ Zusätzlich ermögliche das Material architektonische Freiheit in der Formensprache. Und genau in dieser Freiheit sehen fast alle an dem Projekt Beteiligten die unmittelbare Einsatzmöglichkeit des Betondruckers.