Ökobeton: Ist die Betonzukunft nachhaltig?
Die Preise für CO2-Zertifikate steigen, und die Klimakatastrophe verlangt nach schnellen Reaktionen. Welche Lösungen haben Zement- und Betonindustrie gefunden, um Beton nachhaltig zu machen? Wir haben in der Branche nachgefragt.
An kaum einen Baustoff werden ähnlich hohe Belastbarkeitsanforderungen gestellt wie an Beton. Wegen seiner guten bauphysikalischen Eigenschaften werden die meisten wichtigen Bauwerke und Gebäude wie Brücken, Tunnels oder hohe Wohngebäude mit Beton realisiert. Allerdings werden auch rund acht Prozent der globalen CO2-Emissionen durch die benötigten hohen Temperaturen bei der Klinkerherstellung und beim chemischen Prozess bei der Entsäuerung von Kalkstein verursacht. Um diese Zahl nach unten zu drücken, gibt es verschiedene Möglichkeiten, zum Beispiel die Herstellung CO2-armer Zemente und den Einsatz von Recyclingbeton.
Österreichs Zementindustrie führend
CO2-armer Zement hat seinen Platz am österreichischen Markt gefunden, die technischen Entwicklungen sind hier sogar schon weiter als der derzeitige Stand der Normen. „In Österreich wird bezüglich niedriger Emissionen und Umweltschutz mehr getan als in den meisten anderen Ländern, weiß Manfred Tisch, technischer Geschäftsführer der Baumit GmbH: „Die österreichische Zementindustrie ist Weltmeister, wenn es um Umweltschutzmaßnahmen und niedrige Emissionen geht. Sie schafft aktuell einen Anteil von fast 80 Prozent beim Einsatz alternativer Brennstoffe und ist damit weltweit mit großem Abstand führend. Auch die CO2-Effizienz liegt durch den niedrigen Klinkeranteil von 70 Prozent im Spitzenfeld.“ 2020 lagen in Österreich die CO2-Emissionen pro erzeugter Tonne Zement bei 540 kg (zum Vergleich: 2018 waren es in der EU 622 kg CO2 / Tonne Zement, weltweit 634 kg CO2 / Tonne Zement). T
rotz der vergleichsweise guten Werte investieren die Hersteller weiter in nachhaltige Technologien. So auch Baumit – das Stammwerk in Wopfing im niederösterreichischen Piestingtal nahm kürzlich 5,6 Millionen Euro in die Hand, um einen neuen, modernen Klinkerkühler anzuschaffen. „Mit dem neuen Klinkerkühler wird ein innovatives Kühlsystem eingesetzt, das uns im Zementwerk eine Energieeinsparung von knapp 20 Millionen kWh pro Jahr – davon 90 Prozent thermische Energie und zehn Prozent elektrische Energie – bringt“, erklärt Tisch, und weiter: „Dies entspricht dem Energieverbrauch von 1.000 Haushalten pro Jahr.“ Der Klinkerkühlertyp wurde weltweit erst einige Male eingebaut. Dabei wurde die Tertiärluftleitung erneuert und vergrößert. Damit wird mehr heiße Luft aus dem Kühler genutzt und weniger Brennstoff im Ofen eingesetzt. So konnte die Abwärmenutzung weiter gesteigert und jährlich 4.000 t CO2 eingespart werden.
2030: Minus 50 kg CO2/Tonne Zement
Der Lafarge-Holcim-Konzern preschte schon letztes Jahr mit der Initiative „Business Ambition for 1,5 °C“ in Sachen Klimaziele vor. Darin verpflichtete sich der Konzern zur Erreichung von Klima-Zwischenzielen bis 2030, die von der Science-Based-Targets-Initiative (SBTi) validiert werden. Lafarge-CEO Berthold Kren stellt klar: „Bisher lautete das offizielle Ziel minus 40 Prozent. Die Verschärfung auf mindestens 55 Prozent soll helfen, das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten.“ Um den CO2-Ausstoß weiter nach unten zu drücken, wurde 2020 außerdem Carbon2ProductAustria (C2PAT) ins Leben gerufen.
Gemeinsam mit OMV, Verbund und Borealis hat Lafarge ein Pilotprojekt gestartet, bei dem die Abscheidung von CO2 aus der Zementherstellung sowie die Fertigung von hochwertigen Kunststoffen, Olefinen und Kraftstoffen auf Basis erneuerbarer Rohstoffe im Fokus stehen. In einem ersten Schritt sollen in einer Testanlage rund 10.000 Tonnen CO2 umgewandelt werden. Im Jahr 2030 sollen, wenn alles nach Plan läuft, rund 700.000 Tonnen CO2 in Mannersdorf abgeschieden werden. Mit dieser Pilotanlage kann Lafarge in Österreich den CO2-Wert im Zement auf unter 50 Kilogramm bringen. „Und für diese 50 Kilogramm werden wir sicher auch noch eine Maßnahme entwickeln“, ist Berthold Kren überzeugt. Aktuell befindet sich das Projekt C2Pact gerade in der zweiten Runde des Innovationsfonds.