Grundlagen der Bauakustik

Holzbaumaterialien sind leichter als jene des Massivbaus. Damit können hohe Schalldämmungen nicht mit einschaligen, plattenförmigen Holzbauelementen in annehmbarer Bauteildicke hergestellt werden. Für Lösungen sind die akustischen Gesetzmäßigkeiten und die Schallschutzanforderungen zu berücksichtigen.

Text: Jürgen Fragner

Eine Befragung aus dem Jahr 2007 zeigt, dass sich 39 Prozent der österreichischen Bevölkerung durch Lärm gestört fühlen. Dabei nimmt der Straßenverkehr mit 51 Punkten den größten Anteil ein, wobei Störungen aus der Nachbarschaft als zweithäufigste Ursache gelten. Letztere erreichen im österreichweiten Schnitt 15 Prozent, wenngleich Wien mit einer höheren Quote an Mehrfamilienhäusern einen Wert von 23 erreicht. Ähnliche Untersuchungen aus Deutschland sowie der Schweiz bestätigen den Trend dieser Feststellung.
Schallschutz in Gebäuden ist in den europäischen Ländern seit Jahrzehnten ein Thema, wobei in Österreich die erste Norm bereits 1936 veröffentlich wurde. Nach wie vor gilt, dass die Anforderungen hierzu ausschließlich in nationalen Gremien und nicht in internationalen Standards festgelegt werden.

Schallschutz im Holzbau. Im Holzbau finden doppel- und mehrschalige Konstruktionen mit biegeweichen Schalen ihren Einsatz, häufig wird ergänzend eine schwere Masse eingesetzt. Die Grundlage für einen Vergleich von Lösungen erfolgt durch die Betrachtung der für die Beschreibung des Schallschutzes einzusetzenden Größen. Sie sind grundsätzlich hinsichtlich der Bilanzgrenzen zwischen einem Bauelement sowie von Räumen mit mehreren Bauteilen im Gebäude zu unterscheiden. Dabei ereignet sich die Übertragung mittels Luft-, Tritt- und Körperschall. Die ersten beiden Arten bilden die nutzungsüblichen Normalgeräusche, die beispielsweise durch Sprechen oder Gehen entstehen. Es sind dazu die geforderten Mindestschalldämmmaße wie auch ein möglicher zusätzlich erhöhter Schallschutz, je nach den Anforderungen benachbarter Funktionsräume, einzuhalten. Zu der letzten Kategorie zählen Geräuschentwicklungen wie etwa von Liftanlagen oder Lüftungsaggregaten, die mit gebäudeinternen maschinellen Einrichtungen erzeugt werden.

Die Angabe aller Größen erfolgt in Dezibel (dB), das ein logarithmisches Maß darstellt und frequenzabhängig betrachtet wird. Seit Jahrzehnten erfolgt die Bewertung des Tonhöhenbereiches im Bereich von 100 bis 3.150 Hertz (Hz). In den vergangenen Jahren wurde das Frequenzfeld für Messungen auf 50 beziehungsweise 5.000 Hz erweitert. Dieser vergrößerte Frequenzbereich stellt den bauakustisch relevanten Bereich dar und ist in Verbindung mit den Schallschutzwerten ein Kompromiss zwischen zumutbarer subjektiver Belästigung und kostenmäßiger vertretbarer Realisierbarkeit.

In der ÖNorm ISO 717 wird zusätzlich zu den bewerteten Schalldämmmaßen ein Spektrumanpassungswert für die Messung und Nachweisberechnung eingeführt. Dabei werden dem Luft- oder Trittschall deutlich erkennbare Korrekturwerte beigefügt, falls andere wohnübliche Geräusche schallgedämmt oder der Tonhöhenbereich erweitert wurden.

Das Grundgesetz der Bauakustik. Das Berger’sche Massengesetz der Schalldämmung ist maßgebend für schwere Massivdecken/Wände ab einem Flächenmaß (m‘) von rund 100 Kilogramm pro Quadratmeter.

Aus diesem Zusammenhang steigt das Maß der Luftschalldämmung mit der Zunahme von m‘ – also mit der Stärke der Bauteile – an. Damit ergibt sich für Wohnungstrennwände im Massivbau für die übliche Normanforderung ein m‘ von 400 Kilogramm pro Quadratmeter bei einer circa 20 Zentimeter dicken Betonwand.

Das geringere spezifische Gewicht von Holzbaumaterialien würde zu einem rund zwei- bis dreifach stärkeren Aufbau führen. Folglich werden im Holzbau andere akustische Gesetzmäßigkeiten herangezogen wie etwa das Resonanzphänomen. Dieses beruht auf der Tatsache, dass jede gefederte Masse eine Systemresonanz mit einer definierten Eigenfrequenz (EF) besitzt.
Derartige Systeme verhalten sich analog wie ein Gewicht, das an einer Schraubenfeder hängt – wie beispielsweise Liftmaschinensätze. Bei einer freien vertikalen Schwingung der Masse erfolgt dies mit der typischen Eigenfrequenz, welche die Resonanzschwingungszahl pro Sekunde in Hz darstellt. In diesem Bereich entstehen bereits bei geringem Anstoß große, überhöhte Schwingungsweiten und führen zu einer Resonanzverstärkung. Falls jedoch die Schwingungszahl der Anregekraft weit unter der EF liegt, wird das Mitschwingen intensiv unterdrückt und damit stark reduziert an die tragende Unterlage weitergegeben.

Dieses Phänomen ist sehr ausgeprägt, falls die Anregungsfrequenz dreimal größer ist als die Eigenfrequenz. Bei einer höheren Steigerung erfolgt eine noch massivere Unterdrückung. Diese Wirkung bildet die Basis für hohe Luftschalldämmungen wie beispielsweise im Trockenbau mit dünnen Doppel- oder mit Vorsatzschalen. Dabei gilt das analoge System, wobei der Luftraum federnd ist und die Schalenflächenmasse das Gewicht darstellt. Dazu wird die Systemeigenfrequenz so tief gelegt, dass die bauakustisch relevanten Frequenzen von 100 Hz aufwärts entsprechend unter­drückt werden. In der ÖNorm B8115-4 sind hierzu einfache Formeln hinterlegt, um die Resonanzfrequenz (f0) zu errechnen.

Trittschall. Dieser gilt im Holzbau als besonders kritischer Schallerzeuger. Mit der Leichtbauweise der Trockenestriche sowie der darunterliegenden Hohlraum-Holzdeckenelemente neigen die Konstruktionen zum Dröhnen und Poltern. Dabei wird durch das Begehen des Bodens eine kräftige Verstärkung seiner Resonanzfrequenz erreicht. Es treten hierbei meist hohe Energieanteile von unter 100 Hz auf, welche bei einer normgerechten Auslegung nicht erscheinen.

Erst mit einer Erweiterung des Frequenzbereichs sind diese erkennbar, wobei eine Abhilfe mit einer Verschiebung der Resonanz zu tieferen Frequenzen erfolgt. Dies wird durch eine umfangreichere Flächenmasse der oberen Fußbodenschicht sowie eine weichere Unterlage wie beispielsweise einen größeren weichelastischen Luftraum erreicht.

Körperschall. Diese Energie führt zu besonders ungünstigen Auswirkungen, da sie, falls diese einmal in die Holzbaustruktur eingedrungen ist, Verstärkungen durch Resonanz­anhebungen an verschiedensten Konstruktionsteilen zur Folge hat. Die Ausbreitung ist aus diesem Grund bereits an der Vibrationsquelle zu unterbinden, wobei sich das hinsichtlich der zahlreichen flächigen und stabförmigen Bauteile mit niedrigem Gewicht und hoher Eigenschwingungszahl oftmals schwierig gestaltet.

Luftschall. Die Messung und Beschreibung von Luftschallschutzwerten von Bauteilen erfolgt einheitlich in Europa, sodass ein Vergleich ohne Komplikationen möglich ist. Mit dem Spuranpassungseffekt kann die Luftschalldämmung von Wänden und Deckenplatten stark verringert ausfallen.

Dabei werden durch den auftretenden Luftschall die plattenförmigen Trennbauteile zu Biegeschwingungen angeregt. Diese breiten sich wiederum wie Wasseroberflächenwellen aus, die auf der gegenüberliegenden Bauteilseite wieder zu einer Schallabstrahlung führen. Falls die Luftschallwelle und die daraus verursachte Biegewelle mit gleicher Geschwindigkeit parallel an einer Wand entlanglaufen, führt dies zu einem Zusammentreffen von Ereignissen (Koinzidenz). Sie entsteht bei der Koinzidenzgrenzfrequenz, die eine resonanzähnliche Aufschaukelung bewirkt. Dies hat eine Verstärkung des Schalldurchtritts und ein Absinken der Schalldämmung zur Folge.

Die Biegewellengeschwindigkeit ist dabei im Gegensatz zur Luftschallausbreitungsgeschwindigkeit von der Frequenz und der Materialdicke abhängig. Somit kommt es im Grenzfrequenzbereich zu einer Spuranpassung, die eine schlechtere Luftschalldämmung des Bauteils zur Folge hat, wobei oberhalb der dreifachen Koinzidenzgrenzfrequenz wiederum das Berger’sche Massengesetz gilt. Somit ist es wichtig, dieses starke Schalldämmungsabsinken außerhalb des bau­akustisch relevanten Frequenzbereichs zu halten. Für die Feststellung der jeweis maximalen Materialstärken sind in der ÖNorm B8115-4 die diesbezüglichen Diagramme für eine einfache Ermittlung enthalten.

Verlustfaktoren. Dazu zählen schwingungsdämpfende Materialien, die speziell in den überschwingenden Resonanzbereichen zum Einsatz kommen. Kennzeichnend sind dabei die inneren Reibungsverluste der beispielsweise eingesetzten Antidröhnmaterialien.

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