Preisdumping und mögliche Gegenmaßnahmen
Eine Vielzahl an Initiativen will die Fixierung auf den Preis als Messkriterium für Bauleistungen reduzieren. Zu welchen Erfolgen diese führen, ist noch offen.
Die Umfrage auf Seite 5 der Ausgabe Nr. 10/2014 („Nehmen Sie Aufträge an, obwohl Sie wissen, dass der Preis nicht zu halten ist?“) hat zusammengefasst folgendes Ergebnis gebracht:
- 25 Prozent „nein“,
- 15 Prozent „ja“
- 60 Prozent „vielleicht“ („manchmal“ oder nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt)
Im Editorial wurde ganz richtig darauf hingewiesen, dass zwar von allen Seiten (auch von vielen Auftraggebern) das Billigstbieterprinzip kritisiert wird, aber letztlich der Ball bei den Auftraggebern liegt, dies auch zu ändern. Ob das Ergebnis der Umfrage erfreulich ist, kommt auf die Sichtweise an. Man könnte es auch so interpretieren, dass insgesamt 75 Prozent der Marktteilnehmer bei Bauaufträgen entweder grundsätzlich bereit sind, zu „nicht haltbaren Preisen“ anzubieten, oder zumindest dazu neigen, wenn es halt im Wettbewerb erforderlich ist. Jedenfalls stützt dieses Umfrageergebnis die Richtigkeit der Annahme, dass das Billigstbieterprinzip bei funktionierendem Wettbewerb zwingend zu Preisdumping führt.
Maßnahmen gegen Preisdumping
Im Rahmen von Initiativen, Tagungen, Publikationen und Diskussionen haben sich viele Vorschläge ergeben, die eine Änderung der Situation herbeiführen wollen (siehe z. B. die Inititative „Faire Vergaben“, www.faire-vergaben.at). Unter diesen Vorschlägen sind insbesondere folgende anzumerken:
- Verstärkter Einsatz der „vertieften Angebotsprüfung“: Dabei geht es um die Prüfung der betriebswirtschaftlichen Plausibilität von Preisen und dem Ausscheiden von „unterpreisigen“ (vor allem: nicht kostendeckenden) Angeboten. Dieser Weg ist schon jetzt möglich und zulässig, aber mit höherem Aufwand für den Auftraggeber verbunden; und auch mit dem oft schwierigen Erklärungsbedarf eines Auftraggebers gegenüber seinen übergeordneten Stellen, warum der billigste Bieter ausgeschieden wurde.
- Einsatz von Ausscheidensmodellen, die die betriebswirtschaftliche Plausibilität des einzelnen Angebots nicht berücksichtigen (z. B. automatisches Ausscheiden des billigsten Angebots oder Einsatz eines „Medianwertverfahrens“, bei dem Angebote, die den Durchschnittspreis aller Angebote um einen bestimmten Prozentsatz unterschreiten, ausgeschieden werden): Diese Methoden sind nach überwiegender Meinung zwar vergaberechtlich nicht erlaubt, aber dennoch immer wieder in Diskussion.
- Verstärkter Einsatz von Bestbieterkriterien: Auch dieser Weg ist schon jetzt möglich und zulässig, aber mit höherem Aufwand für Auftraggeber und Bieter verbunden.
- Einsatz innovativer Vergabe- und Vertragsmodelle (siehe z. B. die „Empfehlungen für ein Vergabemodell für Infrastrukturprojekte“ auf www.ita-aites.at oder die verstärkte Einbindung der ausführenden Unternehmen auch in die Planungsphase – also die Vergabe der Ausführungsleistungen in einem früheren Projektstadium – , die in vielen Fällen nur im Verhandlungsverfahren sinnvoll möglich ist).
- Verbesserte und intensivere Überprüfung und Bestrafung von Lohndumping.
- Beschränkung des Einsatzes von Subunternehmern: Basis für diese Forderung ist die Vermutung, dass durch den bloßen „Auftragsverkauf“ und Subunternehmerketten eine Ursache von Lohn- und Preisdumping gegeben ist.
Feedback erwünscht
Einige dieser Maßnahmen werden auch deshalb derzeit verstärkt diskutiert, da bis 2016 die neuen EU-Vergaberichtlinien umzusetzen sind, die in einigen dieser Punkte (etwa Bestbieterkriterien, Einsatz innovativer Modelle, Beschränkung von Subunternehmern) dem nationalen Gesetzgeber mehr Spielraum einräumen. Daher wird in den nächsten eineinhalb bis zwei Jahren in Österreich zu entscheiden sein, in welche Richtung das Bundesvergabegesetz (BVergG) auch in diesen Punkten geht.
Wer von den Lesern seine Meinung dazu mitteilen oder auch darüber diskutieren will, ist gern dazu eingeladen, sich zu melden.
RA Mag. Thomas Kurz
ist Rechtsanwalt bei Heid Schiefer Rechtsanwälte OG
Landstraßer Hauptstraße 88/2–4, A-1030 Wien
www.heid-partner.at