Feuer am Dach
Die Brandhäufigkeit bei Dachgeschoßen in denkmalgeschützten Gebäuden und nachträglich ausgebauten Dachböden ist relativ hoch. Oft laufen die ursprünglich angesetzten Baukosten aus dem Ruder, als Folge muss dann gespart werden – meist am Brandschutz. Wir haben die wichtigsten Fakten zur Brandverhütung in der Praxis.
Feuer ist die Hauptursache von acht der 20 größten von Menschen verursachten Versicherungsschäden im Jahr 2013“, hat die Allianz Global Corporation festgestellt. Untersuchungen der Gebäudeversicherer zeigen, dass Feuer die zweitgrößte Ursache von Versicherungsschäden an Gebäuden ist. Dabei wiegt der dadurch verursachte Wohnungsverlust häufig schwerer als der eigentliche Brandschaden. Der durch Brand mittelbar verursachte Sachschaden durch Löschwasser – besonders bei Dachbränden – ist bei Einfamilienhäusern ebenso schwerwiegend wie bei mehrgeschoßigen Miethäusern. Denn in den unter dem Dachgeschoß angeordneten Wohnungen beschädigt eindringendes Löschwasser nicht nur das Mobiliar, sondern auch die Bauteile eines Gebäudes (Decke, Wand, Fußboden) erheblich. Dem Wohnungsverlust für den Inhaber oder langzeitigen Mietausfall bei mehrgeschoßigen Häusern folgt oft der wirtschaftliche Ruin durch die notwendigen bautechnischen Sanierungmaßnahmen – bis hin zum kompletten Abriss und Neubau.
Bei der Brandbekämpfung stellen immer häufiger Solarpaneele auf dem oder im Steildach ein Problem für die Feuerwehren dar: zum einen wegen der permanenten Stromerzeugung, zum anderen aufgrund der dichten flächigen Anordnung der Solarpaneele, die verhindert, dass Löschwasser direkt an den Brandherd in der Dachkonstruktion gelangen kann. Dies erklärt, warum viele Feuerwehren ein solches Dach kontrolliert abbrennen lassen und dafür die Nebengebäude – besonders in der Landwirtschaft, im Gewerbe oder in dichter städtischer Bebauung – vor einem Feuersprung schützen.
Brandschutz im Dachausbau
Dachräume bei Altgebäuden stehen oft leer. Bei Neubauten werden sie dagegen als Dachwohnung miteingeplant. Jeder Dachausbau ist laut Bauordnung bewilligungspflichtig. Es sind immer die statischen und bautechnischen Voraussetzungen des Dachstuhls und der Decke eingehend zu prüfen. Die Vorschriften dazu sind in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich, zudem sind eine Menge Normen und regionale Verordnungen einzuhalten. Dazu gibt es in Neuauflage ein Merkblatt: „ÖKL MB 47 Dachausbauten“. Darin werden Hinweise bezüglich der Dachdämmung (bezüglich des Brandschutzes beim Dachausbau ein wesentlicher Aspekt), Bauteildurchströmung (wichtig zur Verhinderung von Feuchteschäden durch Kondensatbildung), Belichtung oder des wirtschaftlichen Ausbaus gegeben.
Baulicher Brandschutz
Sinn des baulichen Brandschutzes ist es, Personen und Sachen in Bauwerken vor Brandeinwirkung zu schützen. Dafür ist es notwendig, einen Brandherd innerhalb eines Gebäudes über einen bestimmten Zeitraum (zumindest bis die Feuerwehr löschen kann) innerhalb des Gebäudebereichs (z. B. ausgebautes Dachgeschoß) so zu begrenzen, dass Menschen gerettet werden können und das Übergreifen des Brandherdes auf benachbarte Bauwerksteile währenddessen verhindert werden kann. Zudem muss die Feuerwehr ungehinderten Zugang zum Brandherd bekommen.
Die rechtlichen Anforderungen sind vor allem in den Bautechnikgesetzen bzw. -verordnungen der einzelnen Bundesländer festgelegt. Hinzu kommen Regelungen in Bundesgesetzen und Verordnungen sowie EU-Richtlinien. Rechtlich festgelegt ist, wie lang ein Gebäude oder eine Baukonstruktion einer Brandeinwirkung Widerstand leisten soll, um ausreichend Schutz zu gewährleisten. Dazu werden in der Baugesetzgebung an die Brandwiderstandsdauer der Bauausführung zeitlich gestaffelte Anforderungen gestellt.
Dem Begriff „Brandwiderstand“ (EU-konform „Feuerwiderstand“) sind folgende Mindestzeitwerte zugeordnet:
brandhemmend/feuerhemmend mindestens 30 Minuten,
hochbrandhemmend/hochfeuerhemmend mindestens 60 Minuten,
brandbeständig/feuerbeständig mindestens 90 Minuten,
hochbrandbeständig/hochfeuerbeständig mindestens 180 Minuten.
Die Brandschutzanforderungen an Baustoffe und Bauteile sind in Normen, Verordnungen und den „Technischen Richtlinien für den Vorbeugenden Brandschutz“ (TRVB) geregelt. Zudem ist die Europäische Norm ÖNorm EN 13501 „Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten“ zu beachten.
Nach ÖNorm EN 13501 sind die Feuerwiderstandsklassen von Bauteilen nach Kriterien klassifiziert:
R (Résistance) = Einhaltung der Tragfähigkeit nach statischen Erfordernissen (beispielsweise Dachstuhl),
E (Étanchéité) = Raumabschluss (Flamm- und Rauchdichtheit, besonders bei Türen zum Treppenaufgang),
I (Isolation) = Wärmedämmung unter Brandeinwirkung (Dämmstoffe unter, zwischen oder über dem Dachsparren, an der Giebelwand usw.).
Je nach Brandschutzanforderung an den Bauteil oder die Baukonstruktion sind davon nur ein, zwei oder alle drei Kriterien zu erfüllen. Die Kriterien R-E-I sind bei zusätzlichen Anforderungen noch mit Buchstaben zu ergänzen.
In Abhängigkeit von den Brandschutzanforderungen (rechtliche Anforderung) werden Baustoffe grundsätzlich als nichtbrennbar (EU-Klasse A1 und A2) oder brennbar klassifiziert. Ihre Einstufung (Kennzeichnung) in den Baugesetzen (Österreich) und EU-Klassen lautet:
schwerbrennbar/schwerentflammbar – EU-Klassen B und C,
normalbrennbar/normalentflammbar – EU-Klassen D und E,
leichtbrennbar/leichtentflammbar – EU-Klasse F.
Die Anforderungen der Sachversicherer sollten ebenfalls beachtet werden, da neben der Prämieneinstufung auch die im Schadensfall fällige Versicherungssumme davon abhängt. Besonders günstig wirkt sich bei Gebäuden und nachträglichem Dachausbau aus, wenn nichtbrennbare (Definition gemäß Norm) Baustoffe eingebaut werden. Im Wohnungsbau werden die Prämienhöhen nach drei Bauartklassen, ebenfalls für Fertighäuser, festgelegt. Die Einstufungen gelten nur für Gebäude mit „harter“ Bedachung. Zusätzlich stellen die Feuerversicherer an die Brandwände über die Anforderungen der Bauordnungen hinausgehende Anforderungen.
Brandentwicklung im Dachbereich
Eine Brandausbreitung – nicht Brandentstehung – im Dachbereich kann folgende Ursachen haben:
• Der Brand entsteht unter dem Dachausbau und breitet sich nach oben ins Dachgeschoß aus.
• Aufgrund starker Winde wird der Brand über die Brandschutzwand ausgebreitet.
• Strahlende Wärme und Flugfeuer übertragen den Brand auf das Nachbardach – besonders bei Reihenbauweise.
• Übergreifen des Primärbrands im Geschoßbereich über Fenster ins Dachgeschoß.
• Flugfeuer und herabstürzende brennende Trümmer führen zum Brandüberschlag aufs Flachdach (angebaute Garage, Werkstatt, Landwirtschaft, usw.).
• Wind oder vom Brand verursachte heiße Aufwinde treiben auf die über der Austrittsöffnung liegenden Dachfläche.
• Werden im Dachbereich brennbare (Dämm-)Stoffe und Unterspannbahnen verlegt, kann das mit zur schnellen Brandausbreitung führen (besonders bei Reihenhausbebauung).
• Aufgrund der flächendichten Anordnung von Solarpaneelen gelangt kein oder zu wenig Löschwasser an den Brandherd, wodurch ein Flächenbrand innerhalb des Dachstuhls entstehen kann.
• Es wurden nicht den baulichen Anforderungen entsprechende Wärmedämmstoffe eingebaut.
• Die baurechtlich vorgeschriebenen Dachfolien (Kunststoff oder Spezialpapier) sind brennbar.
• Im ausgebauten Dachgeschoß wurden brennbare Stoffe gelagert.
• Fehlerhaft eingebaute Stromkabel oder Leerrohre.
In allen hier exemplarisch genannten Fällen sind die Brennbarkeit sowie der Feuerwiderstand der Baustoffe und Bauteile für eine ausreichend bemessende Flucht- oder Rettungschance von überlebenswichtiger Bedeutung.
Alle brandvorbeugenden Maßnahmen dienen grundsätzlich dazu, den Menschen die sichere Flucht und den Rettern in einem bestimmten Zeitraum einen sicheren Zugang zum Brandbereich zu ermöglichen. Ein zusätzlicher Aspekt ist, damit Werte (Gebäude, Inventar) zu schützen.
Vorbeugender Brandschutz in der Praxis
Obwohl man allgemein von „Brandschutz“ spricht, gibt es für Wohngebäude zwei mögliche Situationen zu unterscheiden: zum einen den sogenannten Vollbrand mit Flamme und zum anderen den Schwelbrand ohne Flammbildung. Die meisten Todesopfer bei Wohngebäuden fordern die durch Schwelbrand erzeugten (unsichtbaren) Rauchgase. Da sie unsichtbar sind, aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht nach oben an die Decke steigen, sondern in Bodennähe „liegen bleiben“, werden die meisten Opfer im Schlaf erreicht. Drei bis fünf Atemzüge dieses Gases reichen aus, um den Schläfer ohnmächtig werden zu lassen. Der mittlerweile zum Standard zählende Einbau von Rauchgasmeldern – sie registrieren das von der Flamme erzeugte Rauchgas und geben Alarm – ist keine Sicherheitsmaßnahme für Schwelbrände ohne Flamme. Es sollten immer elektronische Melder eingebaut werden, die neben dem (sichtbaren) Rauch auch die Luftgaskonzentration im Raum messen.
Schwelbrände im Dachgeschoß entstehen meist durch Kurzschluss in Elektroleitungen, elektrischen Steueranlagen oder Elektrogeräten. Bei Photovoltaikanlagen lauten die Ursachen meist schlechtverlegte Verbindungskabel, nicht regensichere Steckverbinungen, Blitzeinschlag in ein Solarpaneel, Überhitzung, fehlerhafte Hinterlüftung und falsch angeordnete Spannungsumwandler.
Bauteile und Baustoffe für den Dachausbau
Generell müssen bei Bauteilen und Baustoffen im Dachausbau alle baurechtlichen und normativen Vorschriften eingehalten werden. Allerdings ist auch dann ein absoluter Brandschutz nicht hergestellt, jedoch für den Dachhandwerker im rechtlichen Sinn absolut notwendig. Niemand kann sich nach einem Brandschaden damit herausreden, die Vorschriften nicht gekannt zu haben.
Bauartunabhängig muss die Brandausbreitung in Rettungswegen und an den Brandherd angrenzenden Räumen über einen in den Bauordnungen vorgeschriebenen Zeitraum verhindert werden. So muss beispielsweise die Tür zum Stiegenhaus im Dachgeschoß von Mehrgeschoßbauten entsprechend feuerbeständig sein. Auch ist darauf zu achten, dass ein Rettungsweg über die Dachfläche, zum Beispiel durch ein spezielles Dachflächenfenster, geschaffen wird. Wesentlich ist, dass es Personen möglich ist, das Dachgeschoß schnell zu verlassen. Dafür müssen bei höheren Gebäuden (Mehrgeschoßhäusern) vor den Fluchtfenstern Ausstiege und Rettungsbalkone sein, um eine Feuerwehrleiter ansetzen zu können. Problematisch sind solche Rettungswege im Dachgeschoß, wenn die Dachfläche mit Solarpaneelen abgedeckt ist. Zum einen erzeugen Paneele ununterbrochen Strom, der aufgrund seiner Spannung für Menschen gefährlich ist, zum anderen sollten sie grundsätzlich einen entsprechenden Abstand zu Dachflächenfenstern halten, um Rettungswege und Rettungsplattformen einbauen zu können.
Anforderungen an die Dachdämmung
Aufgrund der immer höheren Anforderungen zur Energieeinsparung werden heute dicke Dämmstoffpakete im Dach eingebaut. Werden dafür aus wirtschaftlichen oder statischen Gründen Schaumdämmstoffe verwendet, die mindestens der EU-Brandschutzklasse B entsprechen, ist die Gefahr der Brandweiterleitung relativ hoch. Denn sie lassen sich aufgrund ihrer Beschaffenheit schnell entzünden – ihr Flammpunkt (Schmelzpunkt) kann bereits mit 100 Grad Celsius erreicht sein. Dabei tropfen sie ab. Zwar beinhalten die meisten Schaumdämmstoffe Zusätze, die eine Brandausbreitung verhindern bzw. den Brand ersticken sollen, das ist aber bei einem Vollbrand des Dachgeschoßes wenig wirksam, wenn Temperaturen bis 1.000 Grad Celsius erreicht werden.
Empfehlenswert ist, grundsätzlich nur Dämmstoffe der Klasse A nichtbrennbar im Dach einzubauen. Hier sind alle mineralischen Dämmstoffe eingeordnet. Sie sollen entsprechend ihrer Klassifizierung dem Feuer einen zeitlich längeren Widerstand entgegensetzen können. Der längere Zeitraum ist wichtig, um Menschen aus brennenden Dachwohnungen retten zu können.
Jedoch kann diese Schutzwirkung gemindert werden, wenn die in der Dachkonstruktion eingebauten Dämmstoffe mit brennbaren Materialien bekleidet werden. Das kann im Dachaußenbereich eine brennbare Folie zur Luftdichtheit sein oder eine raumseitig angeordnete Holz- bzw. Kunststoffbekleidung. Besonders bei Schwelbränden kann die vorgeschriebene Luftdichtheit von Dächern problematisch werden, da aufgrund ihrer Konstruktion die Raumluft nur verzögert abgeführt werden kann.
Gefahr Flashover
Können Rauch und Wärme nicht abziehen, kommt es in Räumen aufgrund des vorhandenen Sauerstoffs nicht zur Erstickung des Brands. Eine Folge davon ist die rasche Erhitzung des Dachgeschoßvolumens und des Inventars. Es kommt infolge unvollständiger Verbrennung zu gasförmigen brennbaren Stoffen. Neben der raschen Brandausbreitung kann eine plötzliche Entzündung (Flashover) durch Luftzufuhr, etwa durch berstende Fenster, Zerstörung des Daches, zu einer explosionsartigen Brandausbreitung (Backdraft) kommen. Deshalb sollten auch im Dachgeschoß Rauch- und Wärmeabzugsmöglichkeiten geschaffen werden.
Es empfiehlt sich deshalb, beim Dachausbau im Firstbereich eine automatische oder mechanische Lüftungsklappe anzuordnen. Diese Funktion kann auch von einem Dachflächenfenster übernommen werden.
Blitzschutz – immerzu empfehlenswert
Im Einfamilienhaus muss bei weichen Bedachungen (Stroh, Reet, Holz) ein ausreichender Blitzschutz vorhanden sein, bei harten Bedachungen nicht bindend, allerdings ist er von der Feuerversicherung empfohlen. Bei harten Bedachungen ist ein Blitzschutz nicht zwingend vorgeschrieben, aber zu empfehlen. Die äußeren Blitzschutzanlagen sollten Blitze auffangen und gefahrlos in die Erde ableiten. Gebäude werden dadurch vor zündendem Blitzschlag geschützt. Dazu ist es notwendig, dass die Auffangvorrichtungen mit den Ableitungen immer verbunden und die Verbindungen an keiner Stelle unterbrochen sind.
Fazit
Die Brandhäufigkeit bei Dachgeschoßen in denkmalgeschützten Gebäuden und nachträglich ausgebauten, bisher ungenutzten Dachböden ist relativ hoch. Zu oft laufen die ursprünglich angesetzten Baukosten aus dem Ruder, als Folge muss dann überall gespart werden – meist am notwendigen Brandschutz. Übersehen wird, dass dieser überlebenswichtig ist. Besonders darauf möchte ich mit diesem Beitrag hinweisen, denn der Brandschutz wird bei Steildächern – im Gegensatz zu Fassaden – immer wieder als Nebensache betrachtet. Wie die vielen Brandopfer leider zeigen.