Mehrkosten anzeigen – aber deutlich!

Wenn sich die Überschreitung des Kostenvoranschlags abzeichnet, sind Auftragnehmer in der Pflicht, dies der Auftraggeberseite auf schnellstem Wege mitzuteilen.

Das Gesetz verlangt vom Auftragnehmer (AN), dass er es dem Auftraggeber (AG) unverzüglich anzeigt, wenn bei der Ausführung der Leistungen eine beträchtliche Überschreitung des ursprünglichen Kostenvoranschlags unvermeidlich ist. Tut er dies nicht, verliert er jeden Anspruch auf die Vergütung der Mehrkosten! Liegt dem Vertrag ein Kostenvoranschlag, zum Beispiel ein nach Positionen gegliedertes Leistungsverzeichnis (LV), zugrunde, sind der Angebotspreis und der Abrechnungspreis in aller Regel nicht ident. In vielen Fällen rechnet der AN nach der Fertigstellung des Werkes mehr ab, als er ursprünglich angeboten hat. Die Ursache hierfür ist meistens nicht ein gestörter Bauablauf oder Ähnliches. Vielmehr ist der höhere Abrechnungspreis einfach nur die Folge der Leistungsausführung und ergibt sich etwa aus den tatsächlich ermittelten Mengen, den tatsächlich aufgewendeten Arbeitsstunden oder aus technisch notwendigen Änderungen.

Kommt es in einem solchen Fall aber zu einer beträchtlichen Überschreitung des ursprünglichen Kostenvoranschlags, ist der AN gemäß § 1170a Abs 2 ABGB verpflichtet, die Kostenüberschreitung dem AG unverzüglich anzuzeigen. Für den AN stellt sich die Frage, wann und in welcher Form er die Kostenüberschreitung anzuzeigen hat, immerhin verliert er den Anspruch auf Vergütung der Mehrkosten, wenn er die Anzeige in der vom Gesetz geforderten Form unterlässt!

Vorliegen einer beträchtlichen Überschreitung

Dazu folgendes Beispiel: Der AG beauftragt den AN mit der Herstellung des Kellers für den Zubau zu seinem privaten Einfamilienhaus. Dem Angebot liegt ein nach Positionen gegliedertes LV (Kostenvoranschlag) zugrunde. Für die Herstellung des Kellers (samt Baugrubenaushub) beträgt der Angebotspreis brutto 40.000 Euro. Im Zuge des Baugrubenaushubs stellt sich heraus, dass Hangwasser vorhanden ist. Aus diesem Grund muss die ursprünglich geplante Ausführung geändert werden. Außerdem sind zusätzliche Leistungen für die Wasserhaltung notwendig.

Die Verpflichtung zur Anzeige besteht immer (nur) dann, wenn die Kostenüberschreitung unvermeidlich und beträchtlich ist. Unvermeidlich sind Mehrkosten, wenn die Einhaltung des Kostenvoranschlags für die geplante Herstellung des Werks unmöglich ist. Für vermeidbare Mehrkosten besteht also kein Anspruch auf Vergütung, auch dann nicht, wenn eine rechtzeitige Anzeige erfolgt. Wann eine Kostenüberschreitung beträchtlich ist, hängt vom Einzelfall ab. Der Oberste Gerichtshof (OGH) sieht diese Grenze jedenfalls bei einer Überschreitung von 30 Prozent als erreicht an (8 Ob 521/93). Auch eine Überschreitung von 15 Prozent wurde schon als beträchtlich gewertet (5 Ob 578/80). Hierbei kommt es auf die jeweilige Endsumme an (Abrechnungspreis) und nicht auf die Überschreitung einzelner Positionen. In dem Beispiel sind die Mehrkosten unvermeidlich, schließlich könnte das beauftragte Werk (Keller) ohne die geänderten bzw. zusätzlichen Leistungen nicht hergestellt werden. Aus Vorsichtsgründen ist dem AN zu empfehlen, bereits eine Kostensteigerung von 6.000 Euro anzuzeigen (15 Prozent).

Unverzügliche und deutliche Anzeige

Das Gesetz sieht keine bestimmte Form für die Anzeige vor. In § 1170a Abs 2 ABGB heißt es nur, dass diese unverzüglich zu erfolgen hat, sobald sich die Kostenüberschreitung als „unvermeidlich“ herausstellt. Stößt der AN während des Baugrubenaushubs auf das Hangwasser, ist er also in dem Moment zur Anzeige verpflichtet, in dem klar ist, dass der Kostenvoranschlag beträchtlich überschritten werden wird. Eine verspätete Anzeige führt, ebenso wie eine gänzlich unterlassene Anzeige, zum Anspruchsverlust. Zu Beweiszwecken sollte die Anzeige schriftlich erfolgen.

Wie hat die Anzeige inhaltlich auszusehen? Ein einfacher Hinweis an den AG, etwa dass der Kostenvoranschlag „nicht gehalten“ werden kann, reicht nicht aus (9 Ob 201/98v). Die Rechtsprechung verlangt eine deutliche Anzeige. Demnach ist der AN verpflichtet, dem AG die voraussichtliche Höhe der Kostenüberschreitung ziffernmäßig bekanntzugeben, wenn er diese wenigstens annähernd ermitteln kann. Diese Verpflichtung hat der OGH z. B. bei einer Schwankungsbreite von plus/minus zehn Prozent angenommen (7 Ob 535/81). Ist der AN dazu nicht in der Lage, muss er in jedem Fall ausdrücklich klarstellen, dass der ursprüngliche Kostenvoranschlag beträchtlich überschritten wird. 

Fazit

Nach der Rechtsprechung liegt schon bei Mehrkosten in Höhe von 15 Prozent eine beträchtliche Überschreitung des ursprünglichen Kostenvoranschlags vor. Diese hat der AN dem AG unverzüglich anzuzeigen (§ 1170a Abs 2 ABGB). Kann der AN die Mehrkosten wenigstens annähernd ermitteln, muss er die voraussichtliche Höhe der Mehrkosten ziffernmäßig bekanntgeben. Ist dies nicht möglich, muss der AN klarstellen, dass beträchtliche Mehrkosten zu erwarten sind. 

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