Bewertungsfehler und Akteneinsicht

16.04.2019

Die Bewertung der Angebote ist der entscheidende Schritt zur Auftragsvergabe. Was tun, wenn es zu Bewertungsfehlern kommt. 

Eine aktuelle Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) bringt Klarstellungen, welche Rechte die Bieter bei Bewertungsfehlern haben.

Die Ausgangssituation

Ein Sektorenauftraggeber hatte einen Bauauftrag nach den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes (BVergG) ausgeschrieben und festgelegt, dass die Angebote neben dem Preis auch anhand einiger Qualitätskriterien (z. B. Wiederverwertung von Material, Materialtransporte mit der Bahn) bewertet werden. Zur Bewertung wurde eine – entsprechend fachkundige – Kommission vom Auftraggeber eingesetzt.

Die Zuschlagsentscheidung wurde vom zweit- und vom dritt­gereihten Bieter beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) angefochten. Das BVwG war der Ansicht, dass zwei Angebote von der Kommission bei einem Qualitätskriterium falsch bewertet wurden. Bei Berichtigung dieses Fehlers hätten der zweit- und drittgereihte Bieter die Reihenfolge gewechselt, und der Abstand zwischen erst- und zweitgereihtem Angebot wäre geringer geworden. Das BVwG entschied aber, dass die Zuschlagsentscheidung aufrecht bleibt. Anträge eines Bieters auf Akteneinsicht in das Angebot des erstgereihten Bieters wurden ebenso abgewiesen.

Die Entscheidung des VwGH

Einer der beiden unterlegenen Bieter gab sich damit nicht zufrieden und brachte gegen die Entscheidung des BVwG eine Revision beim VwGH ein. Der VwGH gab dieser Revision allerdings ebenfalls nicht statt (Entscheidung vom 30.1.2019, Ra 2018/04/0001 bis 0002-6).

Zum Bewertungsfehler sagte der Verwaltungsgerichtshof, dass nur solche ­Fehler zur Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung führen können, die für den Ausgang des Vergabeverfahrens relevant sind. Ausdrücklich ergänzte er, dass eine Änderung in der Reihung hinter dem erstgereihten Bieter oder eine Verringerung des Abstands zwischen Erst- und Zweitgereihtem nicht dazu gehören, da der Ausgang des Vergabeverfahrens dadurch nicht verändert wird: Der erstgereihte Bieter würde nach wie vor den Auftrag erhalten, und die anderen Bieter würden nach wie vor keinen Auftrag erhalten. Mit anderen Worten: Der Vergaberechtsschutz geht nur so weit, solange man als Bieter erfolgreich zum Auftrag gelangen könnte. Eine Rechtmäßigkeitskontrolle, die damit nicht zusammenhängt, ist von den subjektiven Rechten der Bieter nicht umfasst.

Weiters bestätigte der VwGH die Ansicht des BVwG, dass einer fachkundigen Bewertungskommission ein gewisser Bewertungsspielraum zusteht. Solange die Zuschlagskriterien ausreichend konkret beschrieben sind und sich die Kommission in der Bewertung und Begründung an diese Vorgaben hält (und nicht hervorkommt, dass fachlich oder rechnerisch gesehen eindeutig ein Fehler gemacht wurde), greift die Vergabekontrolle nicht in die Bewertung ein und nimmt jedenfalls keine eigene (neue) Angebotsbewertung vor. Das stärkt zwar nicht gerade den Bieterrechtsschutz, macht aber solche kommissionellen Angebotsbewertung für einen Auftraggeber überhaupt erst praktisch sinnvoll durchführbar.

Außerdem merkte der VwGH an, dass jedenfalls keine Akteneinsicht in die preisliche Gestaltung anderer Angebote (am Beispiel der Kalkulationsformblätter K7 gemäß ÖNorm B 2061) zusteht. Das war nicht überraschend, denn wenn nicht die Preise und deren Zusammensetzung schützenswerte Geschäftsgeheimnisse darstellen, wären die sich darauf beziehenden gesetzlichen Ausnahmen von der Akteneinsicht völlig sinnlos. Freilich ist man als „angreifender“ Bieter dadurch immer auf bloße Vermutungen angewiesen und kann nicht selbst überprüfen, ob ein Konkurrent die Kalkulation der Preise – wie vom BVergG gefordert – technisch und betriebswirtschaftlich plausibel dargestellt hat.

Der Praxistipp

Wenn Zuschlagskriterien aus Bietersicht missverständlich oder unklar formuliert sind, sollte man dem Auftraggeber dazu möglichst rasch, jedenfalls vor Ende der Angebotsfrist, entsprechende Fragen stellen, die dieser auch zu beantworten hat. Nach Ende der Angebotsfrist wird die Ausschreibung „bestandsfest“, und nur bei krassen Bewertungsfehlern besteht dann eine gute Chance auf erfolgreiche Bekämpfung einer Zuschlagsentscheidung.

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Bau

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