Das Angebotsöffnungsprotokoll
Die Information über den Ausgang des Wettbewerbs ist für jeden Bieter wesentlich, wofür das Angebotsöffnungsprotokoll eine wesentliche Quelle ist.
Vor der Zuschlagsentscheidung ist das Angebotsöffnungsprotokoll dafür die wesentliche Informationsquelle. In der Praxis gehen die Auftraggeber damit unterschiedlich um, was immer wieder zu Klärungsbedarf führt.
Die gesetzlichen Vorgaben
Zunächst ist weitgehend bekannt, dass eine Angebotsöffnung mit Bieterteilnahme nach dem Bundesvergabegesetz 2018 (BVergG 2018) für keinen Auftraggeber mehr verpflichtend ist. Die Bedeutung des Angebotsöffnungsprotokolls bei offenen und nichtoffenen Verfahren hat dadurch zugenommen.
Das Bundesvergabegesetz 2018 (BVergG 2018) enthält dafür in § 133 folgende Bestimmungen:
◼ Der Auftraggeber muss ein Protokoll über die Angebotsöffnung mit bestimmten Mindestinhalten verfassen: Name und Geschäftssitz der Bieter; Gesamtpreis oder Angebotspreis inklusive allfälliger Nachlässe und Aufschläge, bei Losen oder Varianten auch dafür; wesentliche Bietererklärungen; sonstige im Hinblick auf andere Zuschlagskriterien in Zahlen ausgedrückte Bieterangaben, soweit in der Ausschreibung diese Bekanntgabe im Angebotsöffnungsprotokoll angekündigt wurde; Vermerke über offensichtliche Angebotsmängel; Geschäftszahl; Namen der Mitglieder der Angebotsöffnungskommission.
◼ Das Angebotsöffnungsprotokoll ist jedem Bieter zu übermitteln bzw. (bei elektronischen Vergabeverfahren) bereitzustellen.
Diese Verpflichtungen treffen nach dem BVergG 2018 nur öffentliche Auftraggeber, nicht aber Sektorenauftraggeber. Bei Letzteren ist gemäß § 298 Abs. 5 BVergG 2018 „keine formalisierte Öffnung der Angebote erforderlich“. Allerdings haben auch Sektorenauftraggeber die Verpflichtung, die wesentlichen Abläufe des Vergabeverfahrens im Vergabeakt zu dokumentieren. Sie müssen aber den Bietern kein Angebotsöffnungsprotokoll zukommen lassen.
„Wesentliche Bietererklärungen“
Die häufigste Zweifelsfrage ist, was das Gesetz mit „wesentlichen Bietererklärungen“ meint. Verallgemeinerungsfähige Judikatur besteht dafür keine. Im Hinblick darauf, dass die Öffnung der Angebote aber nicht schon ihrer Prüfung dient und daher auch hinsichtlich Angebotsmängeln nur solche protokolliert werden müssen, die „offensichtlich“ sind, wird das sehr einschränkend zu interpretieren sein. Der Auftraggeber ist wohl nicht verpflichtet, bei der Angebotsöffnung beispielsweise das Begleitschreiben durchzulesen und zu entscheiden, ob ein Teil davon als „wesentliche Erklärung“ zu qualifizieren wäre.
Wesentlich wären in diesem Sinne nur solche Bietererklärungen, die aus der Ausschreibung eindeutig als wesentlich hervorgehen und im Zuge einer Angebotsöffnung leicht und ohne inhaltliche Prüfung der Angebote protokolliert werden können.
Preisübersicht
Ein wesentlicher Inhalt des Angebotsöffnungsprotokolls sind die Preise (Gesamt- oder Angebotspreis, also ohne oder mit USt.), die – anders als Angaben zu sonstigen Zuschlagskriterien, siehe oben – nach § 133 BVergG 2018 jedenfalls enthalten sein müssen.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) hat dazu klargestellt (Entscheidung vom 3. 10. 2019, W131 2222178-2/31E), dass es keine Geheimhaltungsinteressen des öffentlichen Auftraggebers geben kann, die ihn von dieser Verpflichtung entbinden. Die Preise sind im offenen und nichtoffenen Verfahren jedenfalls den Bietern bekanntzugeben.
Allerdings hat das BVwG dazu folgende Einschränkung gemacht: Es dürfe in der Ausschreibung festgelegt werden, dass nur jene Bieter das Angebotsöffnungsprotokoll erhalten, die ein ausschreibungskonformes Angebot gelegt haben (also deren Angebot nicht ausgeschieden wird). Dadurch soll ein bloßes „Preisauskundschaften“ durch Unternehmer verhindert werden, also eine nicht ernst gemeinte Angebotslegung nur zu dem Zweck, das aktuelle Preisniveau am Markt zu erfahren. Das überrascht, denn: Erstens bieten solche Unternehmer typischerweise zwar so teuer an, dass sie chancenlos sind, aber das heißt noch nicht, dass das Angebot auszuscheiden wäre (ein hoher Preis ist grundsätzlich nicht verboten). Zweitens könnte das BVergG 2018 schon so verstanden werden, dass die Übersendung des Angebotsöffnungsprotokolls im Zeitablauf vor der Angebotsprüfung zu erfolgen hat, also bevor feststeht, welche Angebote auszuscheiden sind. Das BVwG war aber offenbar anderer Meinung.