PORTRAIT

Tradition trifft Technik

22.03.2022

Die Bautischlerei Kranz aus Schwanenstadt hat sich auf die Fertigung und Sanierung von historischen Kastenfenstern spezialisiert – diese überzeugen nicht nur optisch, sondern sind auch bauphysikalisch auf dem neuesten Stand der Technik.

Coronabedingt war in der Baubranche in den vergangenen Monaten eine verstärkte Sehnsucht nach Orten und Zeiten spürbar, welche eine unwillkürliche Geborgenheit abseits von pandemischen Lebenswelten versprachen. Dies äußerte sich unter anderem darin, dass in der Gesellschaft ein grundlegender Paradigmenwechsel in Sachen Nachhaltigkeit zu beobachten war, sodass sich das Bewusstsein für einen sensiblen Umgang mit historischer Bausubstanz schärfte und etwa auch der kulturhistorische Wert von traditionellen Kastenfenstern zunehmend erkannt wurde, wie August Kranz berichtet. Seit sich der Bautischler vor über dreißig Jahren im oberösterreichischen Schwanenstadt auf die Fertigung und Sanierung von Fenstern spezialisierte, hat sich jedoch nicht nur die Tischlerbranche radikal verändert – gleichzeitig sind auch die technischen Anforderungen an den konstruktiven Holzbau, wegen der Zunahme an automatisierten Prozessen sowie aufgrund eines allgemein hohen Individualisierungsgrades, höher denn je. Eine erfolgreiche Fensterproduktion setzt somit nicht nur eine strukturierte und weitsichtige Planung voraus, sondern ebenfalls eine kreative Arbeitsweise samt der Fähigkeit, das Produkt von der Materialwahl bis zur letzten Schraube zu durchdenken.

Die Kunst des Fensterbauens

Bereits seit der Unternehmensgründung im Jahr 1921 zählte die Fensterfertigung zum Repertoire der Tischlerei – auch wenn der damit erzielte Umsatz seinerzeit nur rund ein Fünftel der Produktion ausmachte. Im Jahr 1990 wandte sich August Kranz, der die Bautischlerei in mittlerweile vierter Generation führt, verstärkt der Fensterherstellung und -sanierung zu – was damals keineswegs dem Usus entsprach: „Vor dreißig Jahren haben sich viele meiner Kollegen der Möbelfertigung zugewandt. Eine Fensterproduktion galt damals als wenig rentabel – ich habe dann jedoch das Gegenteil bewiesen“, so der Tischlermeister. Der Erfolg gibt ihm recht: Heute zählt Kranz zu den führenden Fensterbauern in ganz Österreich – wobei sowohl private als auch öffentliche Träger zu den Kunden zählen. Seit mehreren Jahren sind auch Kranz’ Töchter im elterlichen Betrieb tätig: Während Christine Kranz für Marketing und Werbung und Hannelore Kranz für den kaufmännischen Bereich zuständig sind, arbeitet Tischlermeisterin Barbara Kranz an der technischen Entwicklung der Fenster. Zur Spezialität der Bautischlerei zählt die Produktion von historischen Kastenfenstern, welche sich in der Regel in zwei Ebenen gliedern: Die außenseitigen Scheiben verfügen meist über eine Einscheibenverglasung – die innenseitigen Elemente sind aus energetischen Gründen in zwei- oder Dreischeibenverglasung gefertigt: „Die Herstellung der Kastenfenster ist äußerst anspruchsvoll. Einerseits sollen diese den heutigen bautechnischen Anforderungen entsprechen – andererseits müssen sie dem Original optisch so nah wie möglich kommen“, so Barbara Kranz über die Kunst des Fensterbauens.

Nach dem Verleimen gehen die Fenster in die Lackierung. Ist die Farbe trocken, werden die Fenster angeschlagen. © Yoko Rödel
Nach dem Verleimen gehen die Fenster in die Lackierung. Ist die Farbe trocken, werden die Fenster angeschlagen. © Yoko Rödel

Wertvolle Synergien nutzen

Wenngleich auch Kranz mit den Auswirkungen der Pandemie sowie mit den daraus resultierenden Lieferengpässen konfrontiert wurde, sei man dank einer weitsichtigen Planung noch gut durch die Krise gekommen. Laut Hannelore Kranz sei der anhaltende Lehrlingsmangel ohnehin das viel dringendere Problem: „Die Nachfrage nach Holzfenstern aus lokaler Produktion ist gerade sehr hoch – gleichzeitig haben wir jedoch mehrere unbesetzte Lehrlingsstellen“, beschreibt die junge Frau das Dilemma. Demnach sei es derzeit nur schwer möglich, Jugendliche für das Tischlerhandwerk zu begeistern. August Kranz sieht dabei maßgeblich die Innungen in der Pflicht: „Wie kann es denn sein, dass das in den Kollektivverträgen festgesetzte Lohnniveau für Lehrlinge noch immer derart niedrig ist? Hier besteht dringender Handlungsbedarf“, mahnt der Tischlermeister. Ein weiteres Problem der Branche sei ein anhaltender Konkurrenzkampf unter den Tischlerbetrieben – so sei häufig zu beobachten, dass gegeneinander, statt miteinander gearbeitet wird. Bei Kranz verfolgt man daher eine völlig entgegengesetzte Strategie: So arbeitet die Bautischlerei für die Herstellung und Weiterentwicklung der Fenster regelmäßig mit anderen Tischlerkollegen zusammen – nicht zuletzt deswegen, da hierdurch Synergien entstünden, wovon beide Seiten nachhaltig profitieren würden, wie August Kranz berichtet: „Die beste EDV nützt nichts, wenn wir nicht auch an die Zukunft denken – das Handwerk wird nur dann stark bleiben, wenn wir miteinander statt gegeneinander arbeiten.“

Nach dem Anschlagen werden die Fenster mit historischen Fischbändern und individuell designten Griffen aus Messing, Eisen oder Edelstahl bestückt. © Yoko Rödel
Nach dem Anschlagen werden die Fenster mit historischen Fischbändern und individuell designten Griffen aus Messing, Eisen oder Edelstahl bestückt. © Yoko Rödel

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