Was kostet die Baumaschine?
Life-Cycle-Costing: Kaum ein Bauunternehmer kann auf den Euro genau sagen, wie viel eine Baumaschine tatsächlich kostet. Wer kann beurteilen, ob die Marke A oder die Marke B unter dem Strich günstiger kommt. Über (komplexe) Berechnungsmodelle und das Bauchgefühl.
Einige Zehntausend Euro muss ein Bauunternehmen heute für die Neuanschaffung eines größeren Radladers oder Baggers ausgeben. Das sind allerdings längst nicht alle Kosten, die das stolze Arbeitsgerät verursacht. Die Form der Finanzierung in Abstimmung auf die Erträge des Unternehmens sowie die Finanzierungskosten beeinflussen die Erfolgsrechnung. Treibstoff, Öle, Wartung, Verschleißteile wie Reifen und Filter sowie Reparaturen und letztlich Versicherungen schlagen ebenfalls zu Buche, die Gesamtsumme übersteigt meist den Kaufpreis. Von diesen Kosten kann sich der Bauunternehmer dann den Restwert abziehen, den er beim Verkauf der Maschine erzielt oder im Leasingvertrag vereinbart hat. Wer es ganz exakt haben will, berücksichtigt auch noch die Erträge, die er mit der Maschine erwirtschaftet hat.
Resultat solcher Berechnungen sind die „Total Cost of Ownership“ (TCO) oder die Life-Cycle-Costing (LCC) wie die neudeutschen Begriffe so schön heißen – auf gut Deutsch: die Gesamtbetriebskosten oder Lebenszykluskosten. Und die sind in Zeiten schrumpfender Gewinne in der Baubranche ein immer wichtiger werdendes Thema. Denn die tatsächlichen Kosten sollen – so argumentieren die Hersteller – beträchtlich unterschiedlich sein und ein ganz anderes Bild ergeben als die reinen Anschaffungskosten. Vor allem die Anbieter von Maschinen der Premiummarken argumentieren, dass ihre Produkte trotz des mitunter höheren Kaufpreises unter dem Strich die günstigere Wahl seien: „Allein wenn sich ein Kunde mit unserer Maschine pro Betriebsstunde drei Liter Kraftstoff erspart, bringt das bei 5.000 Stunden eine Ersparnis von 15.000 Euro“, sagt etwa Friedrich Mozelt, Geschäftsführer von Cat-Repräsentant Zeppelin, zur Kostenposition Verbrauch.
Der Wiederverkaufswert
Wenigere Ausfälle und damit Maschinenstillstände sowie geringere Reparaturkosten schlagen sich in der Gesamtrechnung ebenfalls positiv zu Buche, sagen die Anbieter der Topmarken. Eine sehr wichtige Rolle spielt letztlich der Wiederverkaufswert: „Dass eine Komatsu trotz eines eventuell höheren Anschaffungspreises unter dem Strich in der Regel günstiger kommt, hängt neben den günstigen Betriebskosten und der höheren Verfügbarkeit natürlich auch entscheidend mit dem Wiederverkaufswert zusammen.
Und der ist bei Komatsu im Allgemeinen höher als bei No-Name-Maschinen“, behauptet etwa Komatsu-Repräsentant Stefan Kuhn. Kuhn weist wie Mozelt außerdem auf verschiedene individuelle Leistungen der Marke hin, die zur Senkung der Betriebskosten führen. „Komatsu Care etwa trägt eindeutig dazu bei“, sagt Kuhn. Dieses Service- und Supportprogramm, das eine Reihe kostenloser Wartungsarbeiten beinhaltet, gibt es für alle Komatsu-Baumaschinen mit Motoren nach EU-Stufe IIIB.
Aussagen, dass die großen Marken bei den Lebenszykluskosten eindeutig vorn liegen, will Wolfgang Horatschek nicht unwidersprochen lassen. Der Chef von CEE Maschinenvertrieb ist überzeugt, dass die Produkte des koreanischen Herstellers Doosan mit den Premiummarken auch bei den Lebenszykluskosten durchaus mithalten können: „Stelle ich Maschinen der gleichen Emissionsklasse einander gegenüber, dann braucht Doosan beispielsweise erwiesenermaßen weniger Treibstoff als manche Topmarken“, behauptet Horatschek.
Zu den Gebrauchtmaschinenpreisen meint der CEE-Maschinenvertrieb-Chef, dass dabei viele Komponenten eine Rolle spielen und es darauf ankomme, auf welchen Märkten man die Maschine anbiete und überdies die Maschinentype wichtig sei: „Am Ende des Tages ist es so, dass sich der Wiederverkaufswert der Maschinen mit Ausnahme einiger Modelle auf durchaus gleichem Niveau bewegt.“ In Sachen Verfügbarkeit, sagt er, würden gerade asiatische Hersteller ganz vorn mitspielen. Er verweist darauf, dass nordamerikanische und europäische Hersteller Maschinen in Asien fertigen lassen und zahlreiche Elemente – etwa Hydraulikpumpen oder Steuerblöcke – von asiatischen Herstellern einsetzen.
Der einfache Teil
Wer von den Anbietern letztlich recht hat und die unter dem Strich wirklich kostengünstigste Maschine anbietet, lässt sich allerdings alles andere als einfach feststellen. Noch relativ einfach ist der Wiederverkaufswert einer bestimmten Maschinentype und einer bestimmten Marke zu überprüfen. Bewertungen, wie sie etwa der deutsche Lectura-Verlag anbietet, aber auch simples Stöbern in diversen Onlineangebote bringen einen recht guten Überblick.
Beim Verbrauch wird es schon schwieriger. Man kann es so machen wie der Kärntner Unternehmer Franz Schuster, Inhaber der SST-Schuster Spreng Technik. Er beorderten Kettenbagger von sechs verschiedenen Herstellen in eine Kiesgrube. Drei Fahrer führten dann mit jeder Maschine jeweils zwanzig Minuten die genau gleiche Arbeit aus. Am Ende des Tages zeigte der Vergleichstest Verbräuche zwischen zwölf und 19 Litern pro Betriebsstunde. Ein gewaltiger Unterschied, der dem Unternehmer die Entscheidung leicht machte, über die „Total Cost of Ownership“ jedoch nur sehr bedingt etwas aussagt. Die Maschine mit dem günstigsten Verbrauch kann beispielsweise die höchsten Reparaturkosten oder den niedrigsten Wiederverkaufswert haben. Das würde den Verbrauchsunterschied zu den Zweit- und Drittplatzierten vermutlich mehr als wettmachen.
Ein Haken beim Thema „Total Cost of Ownership“ ist die Tatsache, dass es einen beträchtlichen Aufwand erfordert, die tatsächlichen Gesamtkosten einer Maschine genau zu berechnen. Überdies gibt es dazu nur wenige nützliche Hilfsmittel. Im Internet finden sich zwar etliche mehr oder weniger brauchbare Excel-Tabellen, mit denen die wichtigsten Werte erfasst werden können. Aber mehr als Überschlagsrechnungen lassen sich mit den meisten davon kaum durchführen. In Deutschland erarbeitete der Verein der Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) vor fast einem Jahrzehnt einheitliche Vorgaben für die Ermittlung der Lebenszykluskosten. Sie sind unter dem Titel „Prognosemodell für die Lebenszykluskosten von Maschinen und Anlagen“ (VDMA 34160:2006-06) beim Beuth-Verlag um 32,30 Euro erhältlich.
Firmeneigene Lösungen
Große Unternehmen haben für die Erfassung der Maschinenkosten eigene Lösungen entwickelt. Bei der Strabag etwa setzt man sich schon seit etlichen Jahren mit diesem Thema auseinander: „Wir erfassen Maschinenkosten wie Abschreibung für Abnutzung, Verzinsung, Reparaturkosten und Betriebsstunden in einem Gerätebewirtschaftungsprogramm“, erzählt Franz Scheibl, als Geschäftsführer der BMTI Baumaschinentechnik International für den Maschinenpark des Konzerns verantwortlich.
Der Treibstoffverbrauch wird ebenfalls erfasst: „Das ist aufgrund der tendenziell steigenden Preise natürlich ein immer wichtiger werdender Faktor“, sagt Scheibl. Das Gerätebewirtschaftungsprogramm ist in die gesamt IT-Lösung des Konzerns integriert und ermöglicht auch die kostenrechnerische Darstellung der Gerätevermietung.
Bereits die Auswertung solcher grundlegender Daten gibt Aufschluss über Vor- und Nachteile bestimmter Geräte: „Zwischen Maschinen derselben Klasse bestehen immer wieder Unterschiede, das lässt sich nicht wegdiskutieren“, sagt der Strabag-Maschinenspezialist. Aus seinen Erfahrungen erzählt er, dass es hin und wieder Serien gibt, die nicht völlig ausgereift auf den Markt kommen und deshalb besonders reparaturanfällig sind. Auch klassische Konstruktionsfehler wie die zu schwache Dimensionierung einzelner Teile sind vereinzelt festzustellen.
All das lässt sich mit dem Programm eruieren, und diese Erkenntnisse fließen auch in die Entscheidungen für den Maschinenkauf ein, berichtet Scheibl: „Wir werden natürlich keine Maschinentypen nochmals kaufen, die erhöhte Nutzungskosten wegen Konstruktionsmängeln aufweisen.“
Die Wissenschaft
Auf wissenschaftlicher Basis setzt sich an der TU Graz Christian Hofstadler mit dem Thema „Total Cost of Ownership“ auseinander. Er entwickelt derzeit unter anderem Programme, die es sowohl kleinen als auch größeren Unternehmen ermöglichen sollen, die Kosten von Baumaschinen exakt zu erfassen und zu berechnen: „Wir versuchen eine solide Lösungen zu schaffen, die verschiedene Bedürfnisse von einfachen bis zu komplexen Analysen erfüllen und von Unternehmen jeder Größe eingesetzt werden können“, erzählt der Wissenschaftler, der am Institut für Baubetrieb und Bauwirtschaft der Grazer TU als Associate Professor für Baubetrieb arbeitet. In ein bis zwei Jahren könnten die Programme auf den Markt kommen.
Bei Berechnungen der Lebenszykluskosten spielen, so Hofstadler, sowohl die Methoden als auch die Anzahl der Parameter, die berücksichtigt werden, wesentliche Rollen. Bei der Investitionsrechnung können statische Methoden, die auf Kosten- und Erfolgsrechnungen basieren, oder dynamische Methoden eingesetzt werden, bei denen die exakten Zahlungszeitpunkte berücksichtigt werden.
Darauf aufbauend wurden an der TU Graz verschiedene Berechnungsstufen entwickelt, die von relativ einfachen statischen Kostenvergleichsrechnungen bis zu dynamisch berechneten Life-Cycle-Costings reichen. In Letztere fließen auch Einnahmen über die gesamte Nutzungsdauer und Zinsen sowie Annuitäten ein. „Solch systematische Vorgehen und genaue Berechnungen sind aus unserer Sicht eine wesentliche Grundlage, um sichere Investitionsentscheidungen zu treffen“, sagt Hofstadler.
Die Erwartungen
Hofstadler weist allerdings darauf hin, dass in solchen Prognoserrechnungen immer Erwartungen enthalten sind, die sich im Vorhinein nicht exakt feststellen lassen. Eine wichtige Frage stellt zum Beispiel die Geräteverfügbarkeit dar: „Ist ein Gerät reparaturanfällig und steht es nicht 300, sondern nur 200 Tage zur Verfügung, sieht die Rechnung ganz anders aus“, sagt er. Ein ganz wesentlicher Punkt sei außerdem die tatsächliche Nutzleistung, erklärt der Wissenschaftler: „Hier spielen viele Faktoren eine Rolle wie technische Eigenschaften der Maschine, die Ausrüstung, aber auch der anstehende Boden.“
Für Vergleichsrechnungen als Grundlage für Kaufentscheidungen stehen nur Erfahrungswerte bzw. Angaben der Lieferanten zur Verfügung. Hofstadler empfiehlt deshalb im Zuge von Berechnung der Life-Cycle-Costings immer einen Soll-Ist-Vergleich anzustellen, also die ursprünglich kalkulierten Daten mit den später in der Praxis tatsächlich ermittelten Werten zu vergleichen: „Bei einem Aushub kann man beispielsweise genau die Kubikmeterleistung pro Stunde ermitteln“, erläutert Hofstadler. Allerdings müssen die gesamten Randbedingungen berücksichtigt werden wie die Bodenbeschaffenheit, eine eventuelle Neigung des Geländes, ob auf Lkw verladen wurde und Ähnliches. „Nur auf solcher Basis kann ich seriöse Vergleiche anstellen“, sagt der Wissenschaftler.
Schneller oder voller
Solche Aussagen wird Friedrich Mozelt von Zeppelin gern hören. Er hat eine differenzierte Sicht auf das Thema Baumaschinenkosten und betont etwa, dass bei allen Kalkulationen der Kraftstoffverbrauch in Relation zur erbrachten Leistung gesehen werden muss. Dabei spielen zahlreiche weitere Parameter eine Rolle wie die eingesetzten Anbauwerkzeuge. Die Arbeitsweise des Fahrers beeinflusst ebenfalls den Kraftstoffverbrauch und damit die Betriebskosten, sagt Mozelt und verweist auf einen Test, den Caterpillar durchgeführt hat. Dabei ging es um das Beladen eines Lkws mit einem Radlader. Einem Fahrer wurde dabei die Aufgabe gestellt, die Schaufel möglichst schnell zu beladen, dem anderen sie möglichst voll zu füllen. Verblüffendes Resultat: Der Kraftstoffverbrauch pro Kubikmeter war beim Fahrer, der sich um eine möglichst volle Schaufel bemühte, um fast zehn Prozent höher.
Monitoringsysteme werden in Zukunft dazu beitragen, dass solche Einflüsse aus dem praktischen Einsatz besser erfasst und in die Kostenrechnung integriert werden können. Lösungen wie Komatsus „Intelligent Machine Control“, einer neue Technologie zur Maschinensteuerung, werden ebenfalls wesentlich zum effizienteren Betrieb auf der Baustelle beitragen.
Bei der Strabag etwa überlegt man derzeit, wie Meldungen von Telematiksystemen in das System der Kostenkontrolle der Baumaschinen integriert werden können. Franz Scheibl weiß außerdem noch einen Grund, weshalb diese Technik unabhängig von der Maschine Kosten reduzieren kann: „Nichtkonforme Betriebszustände wie z. B. ein zu geringer Ölstand werden gemeldet, und man kann gegensteuern, bevor es zu einem kapitalen Motorschaden kommt, sagt er in Hinblick auf die Tatsache, dass der Bedienungsmann ganz wesentlich Einfluss auf Lebensdauer und Reparaturanfälligkeit der Baumaschine und damit auf Kosten und Verfügbarkeit hat.
Das Bauchgefühl
Dass viele kleine Bauunternehmer angesichts der Komplexität des Themas und schwer einschätzbaren Faktoren wie der Fahrerqualität bei der Berechnung der Lebenszykluskosten nicht in die Tiefe gehen und die Baumaschinenwahl mehr mit Bauchgefühl und weniger mit komplexen Excel-Tabellen treffen, kann mitunter durchaus zielführend sein. Das meint immerhin einer der wenigen Experte auf diesem Gebiet, Christian Hofstadler von der TU Graz: „Ich bin der Meinung, dass Menschen mit gutem Bauchgefühl unterbewusst eine Matrix erstellen, nach der sie die Bewertung vornehmen, und dabei durchaus zu brauchbaren Ergebnissen kommen können.“