Geltendmachung alter Ansprüche durch neuen Eigentümer?

Mag. Christoph Gaar
07.09.2018

Nach einem Liegenschaftskauf können Mängel aus alten Werkverträgen zum Vorschein kommen­. ­Deshalb ist schon im Kaufvertrag vorzusehen, dass der Käufer die Schäden  direkt gegen den Werkunternehmer geltend machen kann.

Ein Kaufvertrag über eine Liegenschaft kommt durch übereinstimmende Willenserklärungen des Käufers und des Verkäufers zustande. Mit der Einverleibung ins Grundbuch geht die Liegenschaft auf den Käufer als neuen Eigentümer über. Mit dem Eigentumserwerb an der Liegenschaft gehen aber nicht automatisch auch Ansprüche des Verkäufers aus Rechtsverhältnissen mit Dritten, wie insbesondere vertragliche Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche aus Beauftragungen, über. Hat der Verkäufer etwa einen Bauunternehmer mit der Montage einer Solaranlage auf dem Dach beauftragt, so sind auch nur diese Parteien des Werkvertrags. Der Käufer der Liegenschaft tritt nicht automatisch in dieses Rechtsverhältnis ein. So kann der Käufer keinen vertraglichen Anspruch wegen eines Mangels durchsetzen, da er in keinem Rechtsverhältnis mit dem Werkunternehmer steht. Er kann sich nur gegen den Verkäufer als seinen Vertragspartner wenden und einen allfälligen Gewährleistungsanspruch aus dem Kaufvertrag geltend machen.

Forderungsabtretung als Abhilfe

Um dem Käufer einen direkten Anspruch gegenüber dem Bauunternehmer zu ermöglichen, kann der Verkäufer seinen Anspruch gegen den Bauunternehmer abtreten. Dazu bedarf es einer Abtretung (Zession). Der Käufer tritt mit der Zession in das Rechtsverhältnis mit dem Bauunternehmer ein und kann gegen diesen einen Gewährleistungs- oder Schadenersatzanspruch direkt geltend machen. Eine Abtretung kann auch noch nach dem Liegenschaftsverkauf erfolgen. Für eine wirksame Abtretung braucht es keine Zustimmung des Bauunternehmers. Eine Verständigung über die Abtretung kann im Einzelfall aber Komplikationen vorbeugen.
Aber selbst wenn die Ansprüche nicht ausdrücklich abgetreten wurden, kann dennoch durch ergänzende Vertragsauslegung eine Abtretung anzunehmen sein. Der Erwerb der Liegenschaft mit allen Rechten und Pflichten sowie Vorteilen, „mit denen der Verkäufer die Liegenschaft bisher besessen und benützt bzw. zu besitzen und benützen berechtigt war“, allein bedeutet nach Ansicht des OGH nicht, dass auch Ansprüche aus Werkverträgen an den Käufer übergehen sollen. Enthält der Kaufvertrag aber auch zusätzlich einen allgemeinen Gewährleistungsausschluss zwischen Verkäufer und Käufer, ergibt die Vertragsauslegung nach Ansicht des OGH im Regelfall, dass dem Käufer auch alle bei Vertragsabschluss unbekannten Gewährleistungs- und Schadenersatzforderungen des Verkäufers abgetreten sind. Dies liegt insbesondere dann vor, wenn es aufgrund mangelhafter Werkausführung zu einer Schädigung des Hauses kommt.

Fazit

Grundsätzlich gilt, dass der Käufer nur Ansprüche direkt gegenüber dem Verkäufer geltend machen kann. Mit Kauf der Liegenschaft tritt der Käufer nicht in alle damit verbundenen Verträge ein. Dazu bedarf es der Abtretung durch den Verkäufer, womit der Käufer einen direkten Anspruch aus früheren Rechtsgeschäften des Verkäufers gegen den Bauunternehmer erhält. Es empfiehlt sich, die Abtretung bereits im Kaufvertrag vorzusehen. Im Einzelfall kann sich eine Abtretung aber auch durch ergänzende Vertragsauslegung ergeben. Für den Bauunternehmer ist es daher wichtig, dass er sich zuerst die Berechtigung des Käufers, Gewährleistungs- und Schadenersatzforderungen auch selbst geltend zu machen, nachweisen lässt.

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