Zahlungsverzugsregelungen im BVergG
Am 12. 7. 2013 traten die noch fehlenden Umsetzungen der Zahlungsverzugsrichtlinie (RL 2011/7/EU) in Form einer Novelle zum Bundesvergabegesetz (BGBl I Nr 128/2013) in Kraft.
Maßnahmen gegen den Zahlungsverzug im BVergG
Um die Zahlungsmoral der öffentlichen Auftraggeber zu fördern (gemäß einer Trendumfrage des Kreditschutzverbands zahlen diese ihre Rechnungen im Schnitt erst nach 42 Tagen, was elf Tage später ist, als dies heimische Unternehmen tun), wurden in der BVergG-Novelle 2013 zur Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie zwei neue Bestimmungen für öffentliche Auftraggeber sowie zwei (fast) idente für Sektorenauftraggeber erlassen. Die weitere Darstellung beschränkt sich auf die Regelungen für öffentliche Auftraggeber.
Der neugeschaffene § 87a BVergG regelt in seinem Absatz 1, dass die Ausschreibung keine den Zahlungsverkehr betreffenden Bestimmungen enthalten darf, die für den Bieter „grob nachteilig“ im Sinne des § 459 Abs 2, 4 und 5 UGB sind. Demnach ist für die Beurteilung der groben Nachteiligkeit einer Vertragsbestimmung insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit diese von der Übung des redlichen Verkehrs abweicht, ob es einen sachlichen Grund für die Abweichung gibt und um welche Vertragsleistung es sich handelt.
Gemäß § 87a Abs. 2 BVergG wird die Festlegung der Zahlungsfrist in der Ausschreibung auf grundsätzlich maximal 30 Tage festgelegt. In zwei Fällen darf der Auftraggeber die Zahlungsfrist auf bis zu 60 Tage verlängern:
1. Wenn aufgrund der besonderen Natur oder Merkmale des Auftrags eine längere Frist sachlich gerechtfertigt ist.
Da die Zahlungsverzugsrichtlinie nicht nur (in der Abrechnung und deren Überprüfung eher aufwändige) Bauleistungen, sondern auch einfache und einfachste Liefer- und Dienstleistungen umfasst, wurde in der aktuellen ÖNorm B 2110, Stand 15. 3. 2013, die Auffassung übernommen, dass diese Verlängerung bei Bauleistungen grundsätzlich immer gerechtfertigt ist: Gemäß Punkt 8.4.1.2 der ÖNorm B 2110 (ebenso ÖNorm B 2118) beträgt die Zahlungsfrist für Schluss- und Teilschlussrechnungen ab einer Auftragssumme von 100.000 Euro 60 Tage.
2. Wenn die überwiegende Tätigkeit des Auftraggebers oder der Organisationseinheit in der Bereitstellung von Gesundheitsdienstleistungen besteht.
Absatz 3 des § 87a BVergG beschränkt die in den Ausschreibungsbestimmungen festlegbare Dauer für Abnahme- oder Überprüfungsverfahren mit 30 Tagen (dies entspricht der Frist in Punkt 10.2.1 der ÖNorm B 2110). Eine längere Dauer ist nur zulässig, wenn dies für Unternehmer nicht grob nachteilig ist.
Die Regelung des § 99a BVergG („Besondere Vertragsbestimmungen betreffend den Zahlungsverkehr“) ergänzt § 87a BVergG für jene Vergabeverfahren, in denen keine Ausschreibungsunterlagen erstellt wurden (zum Beispiel Direktvergabe oder Verfahren ohne Bekanntmachung) oder diese mangels gesondert anfechtbarer Entscheidung nicht in einem Nachprüfungsverfahren bekämpft werden konnten (zum Beispiel Direktvergabe oder Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung).
Übereinstimmung mit EU-Richtlinie und Verfassungsrecht?
Bemerkenswert ist, dass die §§ 87a und 99a BVergG (sowie die Regelungen für Sektorenauftraggeber in den §§ 241a und 247a) zwar die zivilrechtliche Nichtigkeit von abweichenden Ausschreibungsbedingungen festlegen, aber diese dann nicht greifen soll, wenn solche abweichende Bedingungen nicht während des Vergabeverfahrens rechtzeitig (d. h. vor Angebotsabgabe, vgl. § 321 BVergG) angefochten werden (§§ 99a Abs 7 sowie 247a Abs 7 BVergG).
Es stellt sich die berechtigte Frage, ob eine solche Einschränkung des Rechtsschutzes für die Auftragnehmer der EU-Zahlungsverzugsrichtlinie und dem österreichischen Verfassungsrecht (Gleichbehandlung) entsprechen. Abgesehen davon ist es äußerst bedenklich, wenn sich der Gesetzgeber des Vergaberechts durch derartige Regelungen nun auch zum „Herrn über das Zivilrecht“ erheben will.