Interview

Die Schönheit der Einfachheit

17.03.2025

Schon seit seiner Gründung liegt der Fokus von Studio Re.d darauf, den Dingen auf den Grund zu gehen. Für ihre Produkte, Möbel und Interiors begeben sich Kerstin Pfleger und Peter Paulhart immer wieder auf die Suche nach innovativen Ansätzen, schöpfen oft aus der Magie des Augenblicks und lesen dabei gerne zwischen den Zeilen. COLOR hat die beiden Designer zum Interview getroffen.

Was ist denn die Grundidee von „Board Games“, und was ist das Besondere daran?

STUDIO RE.D: Das Projekt zeigt eine künstlerische Installation, die 2024 bei der Vienna Design Week erstmals ausgestellt wurde. Sie beschäftigt sich auf spielerische Weise mit nichts Geringerem als der Frage: „Wie entsteht Design?“. Sie besteht aus vier abstrahierten Möbelstücken, die zusammen die Grundausstattung eines einfachen Zimmers darstellen: Bett, Regal, Tisch und Hocker. Bei der Arbeit am Projekt haben wir versucht, den flüchtigen Moment einzufangen, der den Unterschied macht zwischen einem „normalen“ Möbel und einem Design-Möbel. Wir denken, dass dabei die Art und Weise, wie man im Entwerfen zu Entscheidungen kommt, eine große Rolle spielt. Jeder Gestaltungsprozess besteht ja aus einer großen Menge an Entscheidungen. Viele davon können objektiv beantwortet werden, zum Beispiel, wenn es um Stabilität, Funktionen oder die technische Ausführung geht. Anders verhält es sich mit „rein ästhetischen“ Fragen, also, wenn die richtigen Formen, Proportionen und Farben gefunden werden sollen. Es ist interessant, dass hier sowohl Regelwerke als auch die eigene Intuition eine Rolle spielen.

Advertorial
Sehr inspirierend und wertvoll für das Projekt war die Zusammenarbeitmit einem langjährigen Freund, dem bildenden Künstler Florian Appelt. Er hat zwei Arbeiten zur Erstpräsentation in Wien beigesteuert, eine davon sogar extra angefertigt. | © eSeLat / Joanna Pianka
Sehr inspirierend und wertvoll für das Projekt war die Zusammenarbeitmit einem langjährigen Freund, dem bildenden Künstler Florian Appelt. Er hat zwei Arbeiten zur Erstpräsentation in Wien beigesteuert, eine davon sogar extra angefertigt. | © eSeLat / Joanna Pianka

 

 

 

Auf welche Herausforderungen seid ihr gestoßen?

STUDIO RE.D: Im Entwurf stecken viele theoretische Überlegungen drinnen, und wir mussten uns immer wieder ermahnen, nicht zu verkopft an die Sache heranzugehen. Wir sind beide sehr ordnungsverliebt und verfallen manchmal dem Zwang, alles zu sortieren und einzuordnen und verlieren dann manchmal das Wesentliche aus den Augen. In der Umsetzung konnten wir uns auf einen sehr zuverlässigen Partner, die Tischlerei Pichler aus Forchtenstein, verlassen, mit der wir immer wieder gerne zusammenarbeiten. Dort kann man nicht nur Pläne lesen, sondern versteht auch, dass es auf die Details ankommt. Es ist nicht einfach, einen Entwurf, der am Papier überzeugt, in die Realität zu übersetzen. Hier sind wir auf Handwerker angewiesen, die uns dabei helfen, die entscheidenden Details entsprechend
umzusetzen.

Der Austausch mit Florian Appelt hat uns sehr geholfen, nicht in die technische Möbelentwicklung abzudriften, sondern beim Thema zu bleiben und uns mit den Formen und Farben auseinander zu setzen.

Warum habt ihr euch gerade für dieses Material entschieden? Was sind die besonderen Qualitäten?

STUDIO RE.D: Wir wollten mit einem Plattenwerkstoff arbeiten, wie er in der Möbelindustrie verwendet wird. Diese Materialien haben viele Vorteile, und einer davon ist, dass sie perfekt homogen sind und damit sehr präzise bearbeitet werden können. Unser Wunsch war es, dass nicht das Material, sondern der Entwurf im Vordergrund steht. Dafür waren die durchgefärbten Holzfaserplatten von Forescolor die perfekte Wahl. Wir kennen das Produkt schon lange und setzen es immer wieder gerne ein. Diese Platten haben nicht nur an der Oberfläche ein sauberes Farbbild, sondern sind auch im Inneren zu 100 Prozent eingefärbt. Das ist natürlich dann entscheidend, wenn die Platten geschnitten, gefräst oder sonst bearbeitet werden und trotzdem ihr perfektes Aussehen behalten sollen. Das bedeutet für uns völlige Gestaltungsfreiheit, ohne uns Sorgen machen zu müssen, dass ein innenliegendes Material sichtbar wird oder unerwünschte Schichteffekte entstehen. Und natürlich bietet die Farbvielfalt eine großartige Basis, um mit verschiedenen Farbtönen zu experimentieren. Welche Rolle spielt Farbe bei diesem Projekt? Neben Kompositionsregeln, die sich mit Proportionen beschäftigen, gibt es auch verschiedene Farblehren, die versuchen, die Welt der Farben in eine systematische Ordnung zu bringen. Im Lauf der Zeit haben viele kluge Köpfe ihre Theorien dazu entwickelt, wie man Farben sortieren könnte. Zwei der bekanntesten stammen von Johannes Itten und von Johann Wolfgang von Goethe. Hier haben wir viel Inspiration gefunden und ausprobiert, welche Farben die richtigen sind. Auch, wenn das Ergebnis dann „nur“ zweifarbig geworden ist, haben wir extrem viel über theoretische Farblehren gelernt. Jetzt ist das Projekt doch (noch) experimentell.

© eSeLat / Joanna Pianka
© eSeLat / Joanna Pianka

Was soll daraus entstehen?

STUDIO RE.D: Das Projekt war von Anfang an als eine Art „Grundlagenforschung“ angelegt, bei der man selten zu Beginn weiß, was dabei herauskommen wird. Im Verlauf sind wir auf sehr viele interessante Dinge gestoßen und haben viele Ideen und Entwürfe entwickelt und ausprobiert. Es war eine fantastische Spielerei und Zeitverschwendung, die zunächst einmal unheimlich viel Spaß gemacht hat. Von den vielen Ideen haben es dann ein paar in die Ausstellung geschafft, aber das „unsichtbare“ Ergebnis ist noch viel größer. Für uns als Kreative ist es sehr wichtig, immer wieder den Ideenpool in unserem Kopf mit „sinnlosen Ideen“ zu füllen. An diesem Pool können wir uns dann bedienen, wenn für kommerzielle Projekte gute Einfälle gebraucht werden. Aber abseits der gewonnenen Inspiration hat sich tatsächlich bereits ein Verwendungszweck für die Exponate finden lassen. Der Hersteller der verwendeten MDF-Platten, Forescolor, war von der Erstpräsentation bei der Vienna Design Week so begeistert, dass die Installation mittlerweile auch bei anderen Messen und Events ausgestellt wird.

© eSeLat / Joanna Pianka
© eSeLat / Joanna Pianka
© eSeLat / Joanna Pianka

Was bedeutet Farbe ganz grundsätzlich für euch?

STUDIO RE.D: Die richtigen Farben zu finden, fällt uns im Entwurf immer sehr schwer, weil sie auch so wichtig sind. Es gibt ein paar Grundregeln, die man verstehen und beherrschen sollte, wie etwa den Unterschied zwischen warmen und kalten Farben. Darüber hinaus wird es aber schnell dünn mit den „objektiven“ Entscheidungsgrundlagen. Dann ist man auf seine Intuition angewiesen und vor allem auf Versuche. Wir machen oft ganz viele Proben und Musterstücke, möglichst mit Originalfarben und -materialien, bis wir zu einem Ergebnis kommen, mit dem wir zufrieden sind.

© eSeLat / Joanna Pianka
© eSeLat / Joanna Pianka
© eSeLat / Joanna Pianka
© eSeLat / Joanna Pianka

Was war das Bunteste, was ihr jemals gemacht habt ?

STUDIO RE.D: Unsere buntesten Projekte sind bestimmt die Innenraumgestaltungen, die wir mittlerweile immer öfter machen. Bei einem der ersten gab es nicht nur viele Farben, sondern ein regelrechtes Feuerwerk an Buntheit. Für ein Hospitality Start-up haben wir gemeinsam mit anderen jungen Designer*innen mehrere Ferienwohnungen eingerichtet. Das Konzept war, für so viele Möbel wie möglich Unikate und Kleinserien von Nachwuchs-Designer*innen einzusetzen und sie nicht von etablierten Herstellern zu beziehen. Das Ergebnis waren elf Ferienwohnungen, wobei jede für sich ein Unikat ist und ein Stück über die Wiener Designszene erzählt.

Kerstin Pfleger und Peter Paulhart sind Studio Re.d | ©Theresa Maria Dirtl
Kerstin Pfleger und Peter Paulhart sind Studio Re.d | ©Theresa Maria Dirtl

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