Das Vadium
Wenn in einer Ausschreibung ein Vadium verlangt wird, kommt es immer wieder zu Diskussionen zwischen Bietern und Auftraggebern.
Aufgrund einiger Zweifelsfälle in der jüngeren Vergangenheit werden nachfolgend einige Grundsätze – das Vadium betreffend – dargestellt.
Gesetzliche Bestimmungen
Die Bestimmungen über Sicherstellungen im Bundesvergabegesetz 2018 (BVergG) sind nicht EU-rechtlich vorgegeben, weil die EU-Vergaberichtlinien keine Regelungen zu Sicherstellungen
enthalten.
In § 2 Z 32 lit a Bundesvergabegesetz 2018 ist das Vadium als Sicherstellung dafür definiert, falls der Bieter sein Angebot durch Rücktritt während der Zuschlagsfrist oder durch schuldhafte Nichtbehebung von wesentlichen (also bei Nichtbehebung zum Ausscheiden des Angebots führenden) Mängeln aus dem Wettbewerb nimmt.
Begleitend legt § 99 Abs 2 BVergG fest, dass der zur Sicherstellung Verpflichtete (also der Bieter) als Sicherstellungsmittel Bankgarantie, Rücklassversicherung, Bargeld oder Bareinlagen wählen kann.
Die Definitionen des § 2 BVergG gelten sowohl für öffentliche Auftraggeber als auch für Sektorenauftraggeber. § 99 BVergG gilt nur für öffentliche Auftraggeber, im Sektorenbereich fehlt eine solche Regelung.
Die Inhalte des BVergG sind zwingendes Recht. Der Auftraggeber darf davon nicht abweichen. Es wäre z. B. nicht zulässig, in der Ausschreibung einen von § 2 Z 32 lit a BVergG abweichenden Sicherungszweck (etwa eine Ziehung des Vadiums durch den Auftraggeber bei unbehebbaren Mängeln bereits im Angebot) vorzusehen. Ebenso wäre es z. B. für den öffentlichen Auftraggeber nicht zulässig, als Sicherstellungsmittel Bargeld auszuschließen, weil § 99 Abs 2 BVergG die Wahl des Sicherstellungsmittels dem Bieter überlässt. Die Sicherstellungsmittel werden in Ausschreibungen aber regelmäßig auf Bank- oder Versicherungsgarantien eingeschränkt, was grundsätzlich sinnvoll ist, da beispielsweise Bargeld kein sehr praktikables Sicherstellungsmittel darstellt. Wird eine Ausschreibung nicht vor Angebotslegung rechtzeitig angefochten, wird sie „bestandsfest“ und ist einzuhalten.
Die Höhe des Vadiums ist im BVergG nicht geregelt, sodass der Auftraggeber hier frei ist, solange er dadurch nicht die Grundsätze des Vergaberechts verletzt (z. B. wenn die Höhe des Vadiums zu einer Diskriminierung oder unsachlichen Beschränkung des Wettbewerbs führt).
Die Nichtvorlage des Vadiums mit dem Angebot führt gemäß § 141 Abs 1 Z 5 BVergG zum Ausscheiden des Angebots. Dieser Ausscheidensgrund fehlt zwar im Sektorenbereich, aber auch dort sind von den Ausschreibungsbestimmungen abweichende Angebote gemäß § 302 Abs 1 Z 5 BVergG auszuscheiden. Wenn ein Vadium verlangt wird, ist in der Ausschreibung (auch in vollständig elektronischen Ausschreibungen) überdies oft festgelegt, dass die Vorlage einer bloßen Kopie nicht ausreicht, sondern das Original der Garantie mit dem Angebot vorliegen muss.
Ziehung und Verlängerung
Eine Ziehung des Vadiums durch den Auftraggeber ist nur sehr eingeschränkt möglich, und zwar praktisch nur dann, wenn der erstgereihte Bieter sein Angebot durch die schuldhafte Nichtbehebung von Mängeln zu Fall bringt. In anderen Fällen tritt kein Schaden des Auftraggebers ein. Der andere im BVergG genannte Fall des Rücktritts vor Ablauf der Zuschlagsfrist ist kaum denkbar, weil der Bieter in dieser Zeit an sein Angebot gebunden ist und nicht vom Angebot zurücktreten kann.
Für Streitigkeiten nach Ziehung eines Vadiums sollte der Bieter im Einzelfall prüfen, ob er vor einer Klage beim Zivilgericht nicht einen Antrag bei der zuständigen Vergabekontrollbehörde stellen muss.
Wenn der Auftraggeber das Vergabeverfahren nicht innerhalb der Zuschlagsfrist abschließen kann, kommt es fallweise zur Aufforderung der Bieter, (auch) ihr Vadium zu verlängern. Einem solchen Ersuchen muss ein Bieter aber nicht nachkommen, wenn dies in der ursprünglichen Ausschreibung nicht bereits festgelegt wurde.