Wir rechnen mit einem Produktivitätsverlust von zehn Prozent

17.04.2020

Der Großteil der Baustellen ist wieder angelaufen. Wie die Umsetzung der Covid-19-Schutzmaßnahmen in der Praxis funktioniert, berichete Elmar Hagmann, Geschäftsführer des Wiener Bauunternehmens Sedlak. 

Wie ist die Stimmung zurzeit bei Ihnen im Unternehmen?

Elmar Hagmann:
Uns geht es aktuell ganz gut. Wir konnten im Baubereich mittlerweile wieder auf 70 Prozent unserer Leistung hochfahren. Der Service- und Hausverwaltungsbereich steht momentan noch still, aber wir planen nächste Woche wieder langsam zu starten.

Nehmen Sie Kurzarbeit in Anspruch oder überbrücken Sie die Zeit mit Urlaubsabbau etc.?

Elmar Hagmann:
Beides. Anfangs haben wir natürlich auch Urlaub und Überstunden abgebaut, jetzt haben wir für einen Teil unserer Mitarbeiter Kurzarbeit angemeldet. Auch wenn ich momentan den Eindruck habe, dass noch keiner so genau weiß, wie es am Ende abgerechnet werden soll. Da es jedoch ungewiss ist, wie die kommenden Wochen und Monaten ausschauen, nehmen wir die Kurzarbeit für die drei Monate mal in Anspruch.

Zahlreiche Bauunternehmen hatten in den letzten Wochen den Baubetrieb zwischenzeitlich komplett gestoppt. Sedlak hat weiter gebaut. Wie waren darauf die Reaktionen?

Elmar Hagmann:
In den letzten Wochen konnte man es wohl nur falsch machen. Wir haben die gesamte Bandbreite an Reaktionen abbekommen. Unsere Mitarbeiter wurden zum Teil beschimpft, wenn sie auf den Baustellen tätig waren. Auf der anderen Seite gab es auch Anwaltsbriefe von Auftraggebern, die auf die Fortführung der Baustellen und die Einhaltung der Fristen pochten.

Mit der Anpassung der Covid-19-Verordnung und dem Sozialpartner-Übereinkommen ist nun der gesetzliche Rahmen geklärt. Wie geht es Ihnen mit der Umsetzung der Schutzmaßnahmen in der Praxis?

Elmar Hagmann:  Unsere Mitarbeiter wurden natürlich auch über die Medien entsprechend sensibilisiert – einige kamen bereits mit eigenen Schutzmasken zur Arbeit. Wir haben aber auch relativ schnell wiederverwendbare Schutzmasken aus Stoff nähen lassen und unsere Arbeitnehmer mit je drei Stück ausgestattet. Risikogruppen sind natürlich auch zuhause – das macht bei Sedlakr ca. zehn Prozent der Mitarbeiter aus.

In der Praxis auf der Baustelle ist das natürlich schon nicht ganz so leicht, dass die Arbeiter darauf achten, die Abstände einzuhalten und die Masken bei Bedarf immer wieder aufzusetzen. Ein Meter ist länger als man so denkt, das wird oft unterschätzt. Aber im Großen und Ganzen funktioniert gut.

Wir haben z.B. extra Reinigungspersonal aufgenommen, das regelmäßig Pausenräume und Sanitäranlagen desinfiziert. Bei größeren Baustellen ist das praktisch eine Vollzeitstelle.

Das Transportproblem stellt sich bei uns zum Glück nicht, da wir hauptsächlich in Wien innerstädtisch arbeiten. Unsere Arbeitnehmer fahren meistens entweder öffentlich oder mit dem eigenen Auto zur Baustelle . Ansonsten würde das sicher einen deutlichen Kostenfaktor ausmachen. Außerdem haben wir ein eigenes Quartier mit hauptsächlich Einzelzimmern, das wir nicht ortsansässigen Personal zur Verfügung stellen. Für Bauunternehmen, die Mannschaftsquartiere mit Mehrbettzimmern haben, kann das zum echten Problem werden – zumal es aktuell kaum verfügbare Quartiere gibt.

Wie hoch schätzen Sie die Mehrkosten ein, die durch die Maßnahmen entstehen?
Elmar Hagmann: Die Schutzmasken und das zusätzliche Reinigungspersonal lassen sich natürlich kalkulieren. Schwieriger wird es, den durch die Schutzmaßnahmen entstehenden Produktivitätsverlust zu beziffern. Wir gehen von einem Produktivitätsverlust von zehn Prozent aus.

Können bzw. planen Sie diese Mehrkosten an die Auftraggeber weiterzugeben?

Elmar Hagmann:
Natürlich sind wir in diesem Punkt bemüht, eine partnerschaftliche Lösung mit unseren Auftraggebern zu finden – am besten 50:50. Das wird auch mit vielen funktionieren. Wenn es nicht geht, muss die harte Tour gefahren werden.

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