Musterstundensatz-kalkulation für Glaser

18.07.2014

Die KMU Forschung Austria hat im Auftrag der Bundesinnung der Glaser ein praxisorientiertes Programm erstellt, das die Stundensatzkalkulation erleichtern soll.

Gerade Versicherungen gestehen den Glaserbetrieben oft nur Stundensätze zu, die nicht mehr kostendeckend sind“, nennt der Bundesinnungsmeister der Glaser KommR Helmut Mager einen der Hauptgründe für die in Auftrag gegebene Musterstunden­satz-kalkulation.

Die Berechnungen wurden auf Basis von Branchendurchschnittsdaten von 247 Glaser-Bilanzen erstellt und ergeben Richtwerte für typische Glaserbetriebe mit maximal zehn Mitarbeitern. Da einzelbetriebliche Daten (zum Beispiel betriebliche Anwesenheitszeit, Anzahl der verrechenbaren Stunden, Lohnniveau, Gemeinkosten) vom Branchendurchschnitt abweichen können, gibt diese Musterkalkulation die Möglichkeit durch Einsetzen der eigenen Daten schnell zu einem konkreten Ergebnis zu kommen.

Zahlreiche Einflussgrößen
Unabhängig von der Höhe der Kosten des jeweiligen Betriebs ergeben sich völlig unterschiedliche Stundensätze in Abhängigkeit des kalkulierten Materialaufschlags. Je höher der durchschnittliche Materialaufschlag umso geringer ist der Anteil der Gemeinkosten der über die Arbeitsleistung verrechnet werden muss, und umso geringer ist daher der Preis einer Arbeitsstunde. Bei reiner Lohnarbeit müssen alle Kosten über den Stundensatz verrechnet werden – umso höher wird daher der Preis der Stunde.

Eine weitere wesentliche Einflussgröße auf die Kosten einer Arbeitsstunde ist die Zahl der verrechenbaren Stunden. Bei weniger Krankenstandstagen bzw. sonstigen Abwesenheitszeiten (Pflegefreistellung, Arztbesuche, Behördenwege, etc.) oder geringerer Anzahl von Arbeitsstunden, die nicht verrechnet werden können (Stehzeiten, Reklamationen, etc.), verteilen sich die Kosten auf mehr Stunden. Das heißt, je mehr verrechenbare Stunden, umso geringer sind die Kosten je Stunde.

Berechnung der Gemeinkosten
Relativ einfach ist die Berechnung der direkt verrechenbaren Stunden. Schwierigkeiten bereitet oft die Berechnung der Gemeinkosten, weiß Helmut Mager. Auch dafür gibt es im Kalkulationsprogramm eine Beispielberechnung. Die Berechnung der KMU Forschung hat ergeben: Die Gesamtkosten eines typischen Glaserbetriebs mit zehn Mitarbeitern betragen im Branchendurchschnitt 1.014.460 Euro. Davon sind 661.769,15 Euro Einzelkosten, die direkt an die Kunden weiterverrechnet werden können (Materialaufwand, Fremdleistungen, Personalkosten der direkt verrechenbaren Leistungsstunden von Facharbeitern, Helfern, Lehrlingen). Kosten für Verschleiß- und Kleinmaterial, Personalkosten für Geschäftsführung, Büro und nicht verrechenbare Arbeitszeiten der Fachkräfte, Helfer und Lehrlinge, sonstige Aufwendungen (zum Beispiel Miete, Energie, Fahrzeugkosten, Werbung, Versicherungen, Abschreibungen, Büromaterial, Instandhaltungskosten, etc.) sowie Finanzierungskosten können nicht direkt an Kunden verrechnet werden. Diese Gemeinkosten betragen insgesamt 352.690,85 Euro.

Wenn in der Kalkulation auf die Materialeinzelkosten durchschnittlich 25 Prozent aufgeschlagen werden, sind Gemeinkosten in Höhe von 111.869,45 Euro durch den Materialaufschlag gedeckt. Die restlichen Gemeinkosten (240.821,40 Euro) müssen über den Stundensatz verrechnet werden. Bei sechs Facharbeitern, einem Helfer und einem Lehrling können 10.397,09 Leistungsstunden direkt an Kunden verrechnet werden. Im Stundensatz eines durchschnittlichen Glaserbetriebs müssen daher 23,16 Euro anteilige Gemeinkosten berücksichtigt werden.

Berechnung der Stundensätze
Das Ergebnis der Musterkalkulation: Wenn mit einem durchschnittlichen Materialaufschlag von 25 Prozent kalkuliert wird, betragen für einen Facharbeiter mit einem Bruttostundenlohn von 13,42 Euro die Selbstkosten (inklusive Lohnnebenkosten und anteiliger Gemeinkosten) 48,42 Euro.

Bei fünf Prozent Gewinnzuschlag (zur Vorsorge für künftige Investitionen und Abdeckung des unternehmerischen Risikos) ergibt sich ein durchschnittlicher Stundensatz von 50,84 Euro. Werden drei Prozent Skonto einkalkuliert, beträgt der Nettoverkaufspreis einer Facharbei-terstunde 52,41 Euro bzw. der Bruttoverkaufspreis (inklusive 20 Prozent Umsatzsteuer) 62,89 Euro. Für einen Helfer mit einem Bruttostundenlohn von 11,81 Euro müssen bei analoger Kalkulation netto 49,14 Euro bzw. brutto 58,97 Euro verrechnet werden. Bei Vollkostenrechnung, zum Beispiel Lohnarbeit ohne Materialaufschlag, beträgt der Stundensatz netto 64,07 Euro, brutto 76,88 Euro.

Basis für individuelle Kalkulation

„Diese Berechnungen wurden wie gesagt auf Basis von 247 Glaser-Bilanzen erstellt, hier sollen natürlich die eigenen betriebsrelevanten Daten eingesetzt werden“, fasst Mager nochmals zusammen. Er empfiehlt mit den Arbeitszeitaufzeichnungen, die sowieso durchgeführt werden sollten, die verkauften Stunden zu ermitteln. „Das ist die Basis für eine ordentliche Kalkulation. Denn die verkauften Stunden sind ein wesentlicher Faktor für die Errechnung eines Stundensatzes“, so der erfahrene Unternehmer. Damit lässt sich ein Mischstundensatz über den gesamten Betrieb errechnen – bis zur Kalkulation von einzelnen Aufträgen.

„Ich würde mir wünschen, dass der wirtschaftliche Ertrag der Betrieb gesichert ist und wir den Kunden gegenüber einen kalkulierten Stundensatz nach-
weisen können“, so Magers Ziele, zu deren Erreichen die Musterstundensatzkalkulation beitragen soll.

Nähere informationen
Das Kalkulationsprogramm ist für österreichische Glaserbetriebe kostenfrei erhältlich bei der jeweiligen Landesinnung. Es ist geplant das Programm auf der Homepage der Bundesinnung, im für Mitglieder reservierten Bereich, zum Download bereitzustellen.

Hinweis
Die Beispielberechnungen erfolgten anhand der Löhne vor der Erhöhung am 1. Mai 2014.

Redaktion



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