Napfschneckenklebstoff

Kleber mit besonderer Flexibilität

Forschung
04.05.2021

Von: Redaktion Handwerk + Bau
Die Analyse des Pedalschleims der Napfschnecke hat wichtige Erkenntnisse für die Forschung und Entwicklung biobasierter Klebstoffe mit speziellen Eigenschaften gebracht.
Napfschnecken, angedockt an einem Stück Felsen
Felsenfest: Das Felsenstück lässt sich an einer festgedockten Napfschnecke hochheben.

Klebstoffe sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Der Einsatz ist so alt wie die Menschheit selbst. So sollen schon die Neandertaler Birkenpech dafür verwendet haben, um für ihre Waffen und Werkzeuge Stein und Holz miteinander zu verbinden. Tausende Jahre später ist der Kleber nicht aus der Natur, sondern hat die Natur als Vorbild. Doch oft kommen die vom Menschen synthetisch hergestellten Kleber an ihre biologischen Originale nicht ganz heran.

Flexible Klebeeigenschaften

Seit über einem Jahrhundert erforschen Wissenschaftler die gemeine Napfschnecke, der es gelingt bombenfest an Meeresküsten anzudocken, sich aber zur Nahrungsaufnahme trotz Haftung fortbewegen kann. Auch je nach Gezeiten oder Gefahrensituation schaffen es die Napfschnecken zwischen permanenter und temporärer Adhäsion zu wechseln.

Wie der Industrieverband Klebstoffe e.V. berichtet, ist es nun einem Forschungsteam gelungen nachzuweisen, dass ein besonderer Pedalschleim des Schneckenfußes diese flexiblen Klebeeigenschaften ermöglicht. Dafür hat das Team um Victor Kang (University of Cambridge) und Birgit Lengerer (Universität Innsbruck) erstmals eine detaillierte Charakterisierung des Bio-Klebstoffs der Schnecke vorgenommen.

Spezielle Zusammensetzung

Das Ergebnis: Der Pedalschleim der Napfschnecke besteht, so wie andere Hydrogele, zu rund 95 Prozent aus Wasser. Den Rest machen Proteine, Kohlenhydrate und anorganisches Material aus. Genau von diesen Bestandteilen hängt die Funktion des Hydrogels ab, oder besser gesagt von deren Wechselwirkung. Die Wissenschaftler haben daher den Bio-Klebstoff genau analysiert und aus ihm 171 Proteinsequenzen und spezielle Kohlenhydrate katalogisiert.

Die entscheidenden molekularen Unterschiede, die zum Wechsel zwischen temporärer und permanenter Haftung führen, konnten die Wissenschaftler trotzdem noch nicht identifizieren. Sie vermuten aber, dass die Flexibilität des Klebstoffs an besondere Enzyme geknüpft ist, die Proteine abbauen können. Außerdem sollen es spezielle Kohlenhydrate sein, die es der Napfschnecke ermöglichen, sich bei Bedarf abzukoppeln und sich deshalb auf dem sonst festen Schleim fortzubewegen. Die Möglichkeit, einen synthetischen Klebstoff mit denselben Eigenschaften des Bio-Klebers herzustellen, rückt damit in greifbare Nähe. (ar)