Neues Labor
TU Graz: Baustoffe aus Abfall
Mit der Ankündigung, mit nachhaltig erzeugten Betonmixturen aus mineralischen Rest- und Abfallstoffen künftig zementbasierten Beton, insbesondere in korrosionsanfälligen Anwendungsumgebungen wie Abwassersystemen, Bioabfallanlagen oder Tunneldrainagen, ersetzen zu wollen, öffnete das Christian-Doppler-(CD-)Labor für reststoffbasierte Geopolymer-Baustoffe in der CO2-neutralen Kreislaufwirtschaft an der Technischen Universität Graz Anfang März seine Pforten. Mit der Unterstützung von acht Unternehmenspartnern will man in den nächsten Jahren diese Vision Realität werden lassen.
Ambitioniertes Ziel des CD-Labors
Anorganische industrielle Sekundärrohstoffe wie Schlacken und Aschen sowie Reststoffe wie Mineralwollen und tonreiche Abbruchmaterialien werden zukünftig im CD-Labor weiterverarbeitet und je nach Bedarf und Verwendungszweck mit kohlenstoffreichen Abfallstoffen wie (Alt-)Ölen, Biomassereststoffen oder organischen Fasern kombiniert. Das so entstandene Geopolymer soll eine Alternative zu zementbasiertem Beton darstellen: Es biete vergleichbare Materialeigenschaften, habe eine bessere Widerstandsfähigkeit gegen viele Arten der Korrosion und führe zu weniger Ressourcenverbrauch durch Recycling bisher deponierter Rest- und Abfallstoffe.
"Chemisch gesehen ist das Geopolymer etwas völlig anderes als Portlandzement, die physikalischen Eigenschaften sind aber sehr ähnlich oder zum Teil sogar besser", sagt Laborleiter Cyrill Grengg, der vor allem in der wesentlich höheren Resistenz gegen Korrosion großes Potenzial in Geopolymeren sieht. Portlandzement ist im modernen Baugewerbe das mit Abstand meistverwendete Bindemittel. Allerdings ist er anfällig für Korrosion durch Wind, Wetter und andere Umwelteinflüsse wie etwa (bio)chemisch aggressives Abwasser aus Abwassersystemen und Kläranlagen. Das kann zu Sicherheitsproblemen und hohen Ausgaben für die Instandhaltung von Bauwerken führen. Die weltweiten durch Korrosion verursachten Kosten werden aktuell auf rund 2,5 Billionen US-Dollar geschätzt.
Zugleich fallen jährlich 54 Millionen Tonnen mineralische Abfälle an, fast 60 Prozent davon werden deponiert. So gehen wertvolle Ressourcen und große Flächen durch Deponien verloren. "Wir wollen diese Stoffe weg von den Deponien holen und in eine CO2-neutrale Kreislaufwirtschaft einbinden", erklärt Grengg das Ziel des Labors.
Die Unternehmenspartner des CD-Labors
Voestalpine Stahl Donawitz GmbH, Stahl- und Walzwerk Marienhütte GmbH, Brantner Green Solutions GmbH, Initiative Ziegel, Forschungsverein Stein- und keramischen Industrie, CharLine GmbH, Kirchdorfer Fertigteilholding GmbH, MM-Kanal- Rohr- Sanierung GmbH und die Gemeinschaft steirischer Abwasserentsorger (inklusive Linz AG und AWV Wiener Neustadt)
Cyrill Grengg, Leiter des neuen CD-Labors der TU Graz, im Kurzinterview über die möglichen Zeiträume, Kosten in der Anwendung sowie die notwendige Normung.
In welchem Zeitraum könnten Geopolymere Zement bzw. Beton ersetzen?
Cyrill Grengg: Wir sehen es nicht als unseren Auftrag, Beton komplett zu ersetzen, sondern eine hochqualitative, umweltfreundlichere Alternative für Spezialeinsätze, in denen Geopolymere Vorteile haben, zu entwickeln. Prinzipiell wird weltweit daran geforscht. Unser Ziel ist es, in den nächsten sieben Jahren für verschiedenste Produkte die Zulassung zu bekommen und wenn möglich Baustoffe zu 100 Prozent aus Reststoffen zu erzeugen.
Vieles ist im Bau immer eine Frage des Preises: Wo liegt man aktuell im Vergleich?
Cyrill Grengg: Das kann man aktuell noch nicht seriös beantworten, weil das von zu vielen Faktoren abhängt. Vorteilhaft kann und wird sich für uns die CO₂-Bepreisung auswirken. Wir sind aber positiv gestimmt, dass wir ein Produkt auf den Markt bringen können, das auf einem ähnlichen Preisniveau liegt wie Beton.
Gibt es schon Normen für den Einsatz von Geopolymeren?
Cyrill Grengg: Es gibt für Geopolymer-Baustoffe in Österreich noch keine Normen. Auf EU-Ebene ist dies ebenfalls ein großes Thema, und es gibt viele Bestrebungen, diese zu etablieren. Unser Ziel ist es definitiv – alleine schon im Interesse unserer Partner – Zulassungen für einzelnen Anwendungen zu bekommen und auch im Bereich Normierungen unseren Beitrag zu leisten.