Spannstahl: Neues Baumaterial "memory steel" für enge Räume
Stahl-Armierungen in Betonbauwerken werden meist hydraulisch vorgespannt. Dazu sind Hüllrohre für die Führung der Spannkabel, Anker zur Kraftübertragung und ölgefüllte Hydraulikpressen notwendig. Die nachträgliche Versteifung älterer Bauten scheitert daher häufig am hohen Platzbedarf dieser Apparaturen.
In einem über 20 Jahre andauernden Entwicklungsprozess haben das Schweizer Materialforschungsinstitut Empa und das Spin-off re-fer eine alternative Methode gefunden, die vor Ort weder Spannkabel noch Hydraulikpressen benötigt. Die Formgedächtnislegierung auf Eisenbasis, die vor rund zwei Jahren in den Markt eingeführt wurde, zieht sich beim Erhitzen zusammen und spannt die Betonstruktur so dauerhaft vor. Erhitzt wird dieser sogenannte "memory-steel" entweder durch elektrischen Strom oder mittels Infrarotstrahler.
Das sind die Vorteile des neuen Spannstahls
Zunächst soll das neue Baumaterial vor allem dazu verwendet werden, bestehende Gebäude nachträglich zu verstärken. Dies ist beispielsweise notwendig, wenn in einen alten Betonbau neue Fenster, Türen oder Aufzugsschächte eingebaut werden sollen. Oder bei alten Industriegebäuden muss bisweilen die Traglast von Zwischendecken erhöht werden. Durch den "memory-steel" können solche Arbeiten auch in engen Räumen durchgeführt werden. Dabei stehen verschiedene Methoden zur Verfügung. Entweder wird ein Streifen des Spezialstahls mit Dübeln beispielsweise unter der Decke befestigt und dann erhitzt oder das neue Material wird zur Verstärkung einbetoniert.
Zukünftige Anwendungsmöglichkeiten sehen die Entwickler in der Verstärkung von Stahlbauteilen und der Überbrückung von Ermüdungsrissen beispielsweise bei Brückenbauwerken sowie der Herstellung von Betonfertigteilen mit gekrümmten Geometrien, bei denen das einbetonierte Profil ohne Reibung die Spannung auf den Beton überträgt.
[Quelle: METALL 09/2020]