CEM II/C: Zement im Umbruch
Als Quantensprung, als Meilenstein, als Zement der Zukunft wurde der neue klimafitte Zement mit der Bezeichnung CEM II/C bereits gepriesen. Seit vergangenem Jahr hält er nun langsam Einzug auf heimischen Baustellen, und die Erwartungen sind hoch. Kann er halten, was er verspricht?
In den Forschungslaboren heimischer Zementhersteller beschäftigt man sich schon lange mit den verschiedensten Möglichkeiten, den CO2-Ausstoß in der Zementproduktion zu senken. Bis 2050 wolle man CO2-neutral sein, lautet die ambitionierte Ansage in der 2022 verabschiedeten Roadmap der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie. Einen zentralen Stellenwert sollen auf diesem Weg auch die neuen klimafitten Zemente der Sorten CEM II/C und mittelfristig auch CEM VI einnehmen. Klimafit bedeutet in diesem Fall mit deutlich reduziertem Klinkeranteil und damit geringeren CO2-Emissionen. Bis zum Jahr 2040 soll der durchschnittliche Klinkeranteil in der österreichischen Zementproduktion durch die Zugabe neuer Zumahlstoffe auf 52 Prozent (Stand 2020: 70 Prozent) reduziert werden, so die VÖZ-Roadmap. Für Hersteller bedeutet diese Umstellung signifikante Investitionen in neue Produktionsanlagen, aber auch Anwender auf der Baustelle müssen sich auf die neuen Zementsorten einstellen.
Vorreiter in Sachen CEM II/C
In Österreich hat das Salzburger Zementwerk Leube im vergangenen Herbst mit dem GreenTech-Kombi-Zement CEM II/C-M (S-LL) 32,5 R als Erster einen CEM-II/C-Zement auf den Markt gebracht. Der Weg bis zur Marktreife war jedoch ein steiniger, denn die ersten Entwicklungs- und Forschungsarbeiten starteten bereits im Jahr 2008. „Aufgrund der damals fehlenden Zementnorm für ‚emissionsarme Zemente‘ lag das Projekt aber ‚zwangsweise‘ über zehn Jahre lang auf Eis“, berichtet Norbert Schaumburger, Geschäftsbereichsleiter Verkauf bei Leube. Erst als absehbar war, dass die Gremien reagieren und die internationale Zementnorm ändern werden, wurde die Produktentwicklung wieder aufgenommen. Mittlerweile sind CEM-II/C-Zemente zwar in der neuen europäischen Betonnorm EN 197-5 berücksichtigt, diese ist jedoch noch nicht harmonisiert, weshalb vor der Markteinführung eine zusätzliche bautechnische Zulassung durch das OIB notwendig war.
Mit dem neuen klimafitten Zement sollen die CO2-Emissionen im Vergleich zu anderen Leube-Zementen um bis 25 Prozent reduziert werden können, verspricht der Hersteller. Der neue Zement kann hauptsächlich für Hochbau im Transportbetonsegment eingesetzt werden und ist zugelassen für alle Betone von X0 bis B1, B2, B3.
„Als realistisches Fünfjahresziel hat sich Leube die Substitution von 80 Prozent Massenzement durch den Leube-GreenTech-Kombi-Zement gesetzt. Was einer Emissionseinsparung von insgesamt 41.500 Tonnen CO2 pro Jahr entspricht – und damit die Gesamt-Kohlendioxid-Emissionen des Bundeslands Salzburg um jährlich bis zu 1,2 Prozent reduziert“, erklärt Norbert Schaumburger, Geschäftsbereichsleiter Zementwerk Leube.
Die Nachfrage sei jedenfalls vielversprechend – 2023 liege die voraussichtliche Produktionsmenge bei 30.000 bis 40.000 Tonnen. Zudem wurde Leube mit der Produktinnovation für den Salzburger Wirtschaftspreis Wikarus, der Ende Mai verliehen wird, nominiert.
Geheimzutat aus Kreislaufwirtschaft
Auch Platzhirsch Lafarge, der ab Mai unter dem Namen Holcim Österreich firmiert, zieht nach und bringt noch im April den ECOPanet RC CEM II/C-M auf den Markt. Die Erwartungen sind hoch, einige Tausend Tonnen will man heuer noch verkaufen. „Die Einsparung gegenüber der derzeitigen Standardlösung, die selbst schon sehr CO2-optimiert ist, liegt bei mehr als zehn Prozent“, berichtet Gernot Tritthart, Vertriebsdirektor Lafarge Österreich. Um dies zu erreichen, müsse natürlich auch die Produktperformance stimmen, denn nur eine Reduktion von CO2 emittierenden Komponenten sei zu wenig. Festigkeitsentwicklungen und Dauerhaftigkeiten müssen ebenfalls auf vergleichbarem Niveau liegen.
„Der neue CEM-II/C-M Zement unterliegt, anders als sonst in Österreich üblich, einer bautechnischen Zulassung. Dafür sind intensivere Prüfungen und Nachweisverfahren notwendig, und die Eignung für ausgewählte Expositionsklassen muss explizit erfüllt werden. In einem ersten Schritt konzentrierten wir uns daher auf klassische Hochbauanwendungen und Festigkeitsklassen“, so Tritthart.
Das Besondere an dem CEM-II/C-Zement von Lafarge ist eine erstmalig zugelassene Komponente, die aus der Kreislaufwirtschaft kommt. “Sortenreiner Betonabbruch wird im Zementwerk Retznei sehr speziell mittels des gerade in der Patentierung befindlichen RapidCarb-Prozesses aufbereitet und bindet dabei CO2 aus unserem Ofen direkt ein, das dadurch gar nicht mehr emittiert wird“, erklärt Tritthart.