Digitalisierung

Die Koralmbahn ist ein BIM Vorzeigeprojekt

Spezialtiefbau
06.11.2024

Ein Gespräch mit Daniel Pinka, Pressesprecher der ÖBB Holding, über die Tücken der Geologie und die Rolle digitaler Ansätze wie Building Information Modeling (BIM) beim Bau des Koralmtunnels.
Daniel Pinka
Daniel Pinka, Pressesprecher der ÖBB Holding

Landschaft, Geologie und Wasser stellen in Österreich den Spezialtiefbau vor vielfältige Herausforderungen. Ein Konzern, der aufgrund seines Aufgabengebietes entsprechend viel Erfahrung im Umgang mit den Gegebenheiten hat, ist die ÖBB. Im Gespräch mit Daniel Pinka, Pressesprecher ÖBB Holding, zeigt sich, welchen Einfluss Störungsbereiche im Gebirge auf Bauprojekte haben und welche Rolle digitale Ansätze wie Building Information Modeling (BIM) spielen.

Bauzeitung: Welche geologische und technische Herausforderungen gilt es bei Ihren Projekten im Spezialtiefbau zu bewältigen?
Daniel Pinka: Eine der größten Herausforderungen sind so genannte Störungsbereiche im Gebirge. Das sind Bruchstrukturen, an denen tektonische Bewegungen stattgefunden haben. Solche Störungen sind im Tunnelbau häufig schwierig zu durchörternde Gebirgsbereiche und erfordern eine intensive Erkundung und besondere Maßnahmen beim Vortrieb. Denn je genauer man die Gebirgsverhältnisse kennt, desto umweltschonender und wirtschaftlicher kann gebaut werden. Beim Koralmtunnel beispielsweise ist das besonders am Westabfall zum Lavanttal der Fall gewesen. Hier wird das Koralpenmassiv von heftigen Störungsbereichen durchschnitten. 

Welche Rolle spielen innovative Ansätze wie BIM und umweltfreundliche Baumethoden bei ihren Projekten?
Eine sehr große Rolle. Die Koralmbahn ist beispielsweise ein Vorreiterprojekt bei der Digitalisierung. Weite Teile wurden per „Building Information Modeling“ (BIM) geplant und umgesetzt. Der Begriff steht für die digitale und vernetzte Planung, den Bau und die Bewirtschaftung von Anlagen. So besitzen beispielsweise der neue Bahnhof St. Paul im Lavanttal und der Koralmtunnel jeweils einen detailgetreuen digitalen Zwilling, über den sämtliche Materialen, Mengen oder Leitungen abgerufen werden können. Auf diese Weise entstehen nicht nur während dem Bau viele Vorteile. Auch im Betrieb, bei Wartungen, Umbauten bis hin zum Abbruch ermöglichen die Daten effizientere Prozesse über den gesamten Lebenszyklus. Damit trägt der digitale Zwilling auch zu einer höheren Nachhaltigkeit bei.
Und auch bei umweltfreundlichen Baumethoden sind die ÖBB Vorreiter: Beispielsweise wurden an der Koralmbahn rund vier Millionen Kubikmeter Ausbruchsmaterial als Schüttmaterial für Lärmschutzwälle oder Bahndämme beziehungsweise als Filterkies oder Zuschlagstoff für Beton wiederverwendet. Ökologische Ausgleichsflächen in Ktn. (u.a. Brenndorfer Bucht) und Stmk. (Umlegung Lassnitz) entwickeln sich heute zu ökologischen Naturjuwelen. Für die ressourceneffiziente Art eine Wildtierbrücke in Aich zu errichten und für die Verwertung von Rückständen aus der Materialaufbereitung beim Koralmtunnel erhielten die ÖBB jeweils anerkannte Auszeichnungen. Dies sind nur wenige Beispiele im Bestreben nach umweltfreundlichen und effizienten Lösungen.

Spielt dabei auch künstliche Intelligenz bereits eine Rolle?
Im Spezialtiefbau greifen wir noch auf bewährte Planungswerkzeuge zurück, da hier noch zu wenig fundierte KI-Tools zur Verfügung stehen. 

Was war das interessanteste, spannendste, schönste oder herausforderndste Projekt bei Ihnen im Unternehmen?
Jedes Projekt ist individuell zu betrachten und bietet seine spezifischen technischen Herausforderungen. Große Tunnelprojekte wie der Koralmtunnel oder der Semmering-Basistunnel erfahren jedoch alleine aufgrund ihrer Größe und technischen Komplexität besonders viel Aufmerksamkeit – auch in der internationalen Fachcommunity.

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