Gewichtige Argumente
Höhere Tonnagen bei Transportbeton könnten CO2 sparen und Treibstoffkosten senken, das ergab eine Studie des Instituts für Verkehrswesen der TU Wien. Dagegen sprechen die verringerte Lebensdauer des Straßenoberbaus und die damit steigenden Instandhaltungskosten für Straßenbetreiber.
Beinahe im Minutentakt rollen Kipper und Vier-Achs-Fahrmischer durch den Eingang der Asamer Transportbeton GesmbH in Simmering. Hier werden für Baustellen in und rund um Wien der Beton gemischt und just in time ausgeliefert. Das Betonwerk von Liebherr ist eines der modernsten in Österreich. Ähnlich schaut es österreichweit auch bei Kollegen wie Cemex, Wopfinger Transportbeton und anderen aus. Im vergangenen Jahr produzierten die Mitglieder des Güteverbands Transportbeton (GVTB) rund zehn Millionen Kubikmeter Transportbeton – für Privatbauten wie auch großflächige Wohnbauten, Gewerbeimmobilien sowie Infrastrukturmaßnahmen. Damit decken sie 90 Prozent des österreichischen Bedarfs ab.
Schärfere Maßnahmen
Die Versorgung der österreichischen Bauwirtschaft mit Transportbeton erfolgt zum Großteil mittels moderner Vier-Achs-Fahrermischer. Jährlich werden durchschnittlich 23 Millionen Tonnen Transportbeton verführt. Das bedeutet 1,3 Millionen Fahrten und eine Strecke von rund 50 Millionen gefahrener Kilometer. Damit sind die Transportbetonunternehmen immer wieder der Kritik ausgesetzt, tragen sie doch einen guten Teil zum Schwerlasttransport und damit auch zum CO2-Ausstoß bei. Das Energieeffizienzgesetz zwingt Österreich zu schärferen Maßnahmen in puncto Klimaschutz, vor allem auch die Reduktion des CO2-Ausstoßes betreffend.
Die Mitglieder des GVTB stellt dies vor eine schwierige Herausforderung. „Der Umstieg auf die Schiene kommt für uns nicht infrage. Nicht, weil wir nicht wollen, sondern weil es schlichtweg nicht möglich ist. Eine Fahrt entspricht bei uns durchschnittlich 19 Kilometer, die direkt vom Werk auf die Baustelle führen. Das österreichische Schienennetz kann bei diesen Anforderungen nicht mithalten. Zumal immer mehr Bahnhöfe aufgelassen werden“, erklärt Peter Neuhofer, Geschäftsführer Lieferbeton GmbH und seines Zeichens Präsident des Güteverbands Transportbeton (GVTB)
Optimierung der Transportleistung
Doch wie lässt sich trotz herausfordernder Umstände dem Wunsch nach einer Verminderung des Verkehrs und damit einer Reduktion von CO2, Feinstaub und Lärm nachkommen?
Für die Vertreter des GVTB ist der Ansatz klar: Sie plädieren für eine Optimierung der Transportleistung mit bestehenden Ressourcen und vorhandenen Fahrzeugen. So einfach diese Lösung klingt, so schwierig ist doch deren Umsetzung in die Praxis – denn das aktuell geltende Kraftfahrzeuggesetz steht hierbei im Weg.
Neue Gesetzgebung gefordert
Laut aktuellem Kraftfahrzeuggesetz gilt für die Vier-Achs-Fahrermischer ein höchstzulässiges Gesamtgewicht von 32 Tonnen. „Das ist zu wenig“, spricht Christoph Ressler, GVTB-Geschäftsführer, für die Branche, zumal die Fahrzeuge selbst für deutlich höhere Lasten ausgelegt wären. Die Gesetzgebung sei mittlerweile knapp 20 Jahre alt – es sei an der Zeit, den Inhalt zu überarbeiten, so der GVTB-Geschäftsführer.
Außerdem existieren zahlreiche Ausnahmeregelungen, die eine Überschreitung des höchstzulässigen Gesamtgewichts für bestimmte Transporte erlauben. Darunter fallen z. B. kranbare Sattelanhänger im Vorlauf- und Nachlaufverkehr, die 41 Tonnen nicht überschreiten, beim Transport von Rundholz aus dem Wald oder bei der Sammlung von Rohmilch liegt die Grenze sogar bei 44 Tonnen. Für Transportbeton-Fahrten gelten diese Ausnahmenregelungen nicht. Ein Umstand, den die Mitglieder des GVTB nicht nachvollziehen können, zumal große Mengen und Schnelligkeit bei ihnen eine große Rolle spielen. Schließlich muss der Transportbeton innerhalb eines Zeitfensters von 105 Minuten, so schreibt es die Norm vor, geliefert und eingebaut werden.
Studie beauftragt
Gesprächsversuche mit den zuständigen Behörden verliefen bis dato nur wenig erfolgreich. So entschied sich der Güteverband Transportbeton, eine Studie beim Institut für Verkehrswissenschaften der TU Wien in Auftrag zu geben, um die Auswirkungen der Zulassung einer erhöhten Tonnage auf Umwelt und Straßen zu hinterfragen. Ausgehend von der bestehenden Regelung mit 32 Tonnen untersuchte Professor Roland Blab, welche Auswirkung die Erhöhung des Gesamtgewichts auf 36 Tonnen, 39 Tonnen und – im Extremfall – auf 41 Tonnen hinsichtlich der CO2-Emissionen und Straßenerhaltung hätte.
Um zusätzlich die Verteilung der auf dem österreichischen Straßennetz gefahrenen Kilometer zu analysieren, wurde eine Studie des Fachverbands Stein und Keramik herangezogen. Dieser zufolge verteilt sich die Fahrleistung zu 47 Prozent auf Gemeinde- und Landesstraßen, 53 Prozent werden auf Autobahnen und Schnellstraßen verfahren. Bei den Berechnungen der Straßenbelastung berücksichtigten Roland Blab und sein Team neben gefahrenen Kilometern und Tonnage auch die Achslast- und Gesamtgewichtsverteilungen.
Auswirkung auf Straßenoberbau
Die Ergebnisse stimmen die Mitglieder des GVTB froh. Zwar sei eine Veränderung in der Schädigung des Straßenoberbaus und damit eine Reduzierung der Straßenlebensdauer nicht zu leugnen, das Ausmaß sei jedoch in einem vernachlässigbaren Rahmen, so Christoph Ressler. Dieses vernachlässigbare Ausmaß der Reduzierung der technischen Lebensdauer bewegt sich laut Roland Blab zwischen –0,3 und –0,8 Prozent – je nach Gesamtgewicht. Dem gegenüber können durch Gesamtgewichtserhöhungen die jährlichen Fahrten um –1,8 bis 3,4 Prozent reduziert werden (siehe Abbildung 1).
Straßenerhaltungskosten steigen
Mit der Verringerung der technischen Lebensdauer der Straßen steigen zwangsläufig die Kosten für die Erhaltung ebendieser. Roland Blab: „Die erforderlichen Instandsetzungs- und Erneuerungsintervalle steigen. Dadurch entstehen für die zuständigen Straßenbetreiber bzw. die Straßenverwaltung höhere Kosten als bisher.“ Die jährlichen Kosten für die bauliche Erhaltung des Straßenoberbaus liegen für Baulastträger in der Regel zwischen 1,0 und 1,5 Prozent – abhängig vom Straßentyp. Durch eine Erhöhung des Gesamtgewichts der Vier-Achs-Fahrmischer auf 36 Tonnen würden sich die jährlichen Erhaltungskosten um 0,06 Prozent erhöhen.
In Summe wären das in etwa 200.000 Euro, die als zusätzliche Belastung auf den Straßenbetreiber bzw. -verwalter zukommen würden. Bei einer vollständigen Auslastung des Baufahrzeugs auf 41 Tonnen würde sich die Steigerung der Erhaltungskosten um 0,14 Prozent und damit um jährlich 460.000 Euro erhöhen (Abbildung 2). Betroffen von der Kostenerhöhung wären Kommunen sowie die Asfinag.
CO2-Ausstoß sinkt
„Den geringfügig steigenden Kosten muss man jedoch auch die sinkenden Treibstoffkosten sowie den positiven Einfluss auf die Klimabilanz gegenüberstellen“, argumentiert Ressler. Vor allem die Ergebnisse der CO2-Einsparungen seien mehr als nur beachtlich. Der Studie zufolge ermöglicht eine Erhöhung des Gesamtgewichts der Vier-Achs-Fahrmischer auf 36 beziehungsweise auf 41 Tonnen eine Reduktion der Fahrleistungen zwischen –15 bis –29 Prozent sowie der CO2-Immissionen von –5 bis –8 Prozent – eine jährlich gleichbleibende Transportleistung vorausgesetzt.
„Die Menge von 23 Millionen Tonnen ist relativ konstant. Auch in den Boomjahren 2007 und 2008 stieg die Nachfrage kaum an. Die Befürchtung, dass eine erhöhte Tonnage zu einem Anstieg der Nachfrage und damit zu mehr Transporten führt, ist unbegründet“, betont Neuhofer. „Bei einer Gewichtserhöhung auf 36 Tonnen könnten wir zum Beispiel an die 5.000 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen“, ergänzt hierzu Ressler. Das entspricht einer Reduktion von 0,07 Prozent, bezogen auf den gesamten österreichischen Lkw-Verkehr. Das Einsparungspotenzial bei den Treibstoffkosten liegt zwischen –1,74 Millionen und –2,7 Millionen Euro, rechnet Roland Blab bei der Präsentation der Studie vor.
Rechnung geht nicht auf
So anschaulich und beeindruckend die Ergebnisse der Studie klingen, ganz geht die Rechnung des Güteverbands Transportbeton nicht auf, da sinkende Treibstoffkosten zwar den Transportbetonunternehmen und Transporteuren zugute kämen, auf den steigenden Erhaltungskosten fürs Erste jedoch Gemeinden, Bund und Asfinag sitzenbleiben würden. Ein Umstand, der voraussichtlich nicht für gute Stimmung bei den Kommunen sorgen wird.
Finanzierungsmodelle wie eine höhere oder zusätzliche Maut und Co seien zwar denkbar, wären aber nicht wirklich erwünscht. „Wir zahlen jetzt schon gleich viel Maut wie andere für Vier-Achser mit einem Gesamtgewicht von 44 Tonnen. Da wäre es nur fair, wenn wir die Beladung unserer Baufahrzeuge erhöhen dürften“, so Christoph Ressler.
Eine Lösung der Problematik ist derzeit nicht in Sicht – die zuständigen Behörden zeigten sich bisher nicht gesprächsbereit. Mit der Studie der TU hat der Güteverband Transportbeton immerhin eine neue Argumentationsbasis geschaffen.
Güteverband Transportbeton
Die Transportbetonhersteller Österreichs sind als Verein mit freier Mitgliedschaft im Güteverband Transportbeton organisiert. Mittlerweile werden rund 90 Prozent des in Österreich produzierten Transportbetons von den rund 130 Mitgliedsunternehmen des Verbandes in circa 220 Werken produziert.
Der Verband bezweckt vor allem, die gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen, die Qualität bei der Herstellung und Lieferung von Transportbeton gegenüber Behörden und Institutionen sowie bei Kammern und Körperschaften öffentlichen Rechts oder Ähnlichem wahrzunehmen.