Ein Jahr F-Gase Verordnung: ein Faktencheck
Seit knapp einem Jahr ist die novellierte F-Gase Verordnung (EU) 2024/573 in Kraft. Hat sich die heimische Kälte-, Klima- und Wärmepumpenbranche auf die neuen Regelungen eingestellt? Worauf ist beim Umstieg auf natürliche Kältemittel der Sicherheitsklassen A2L bzw. A3 wirklich zu achten?

Mit der schrittweisen Umsetzung der F-Gase-Verordnung sollen die direkten Emissionen von fluorierten Treibhausgasen (F-Gasen), wie sie derzeit noch in vielen Kälte- und Klimaanlagen sowie Wärmepumpen eingesetzt werden, bis 2030 um 70 Prozent reduziert bzw. ab 2050 gänzlich verboten werden. Allerdings hat diese klimafreundliche Zukunft mit der Forcierung natürlicher Kältemittel in punkto Planungs- und Investitionssicherheit massive Auswirkungen – auf Planer, Hersteller und Händler von kältetechnischen Anlagen und Wärmepumpen sowie auch auf Betreiber und Investoren. Aktuell arbeiten viele Industriepartner daran, ihre neuen Produkte so zu designen, dass sämtliche sicherheitsrelevanten Vorschriften eingehalten werden. Auch herstellerspezifische Schulungsprogramme für Installateure sind nun gefragt, um die gefahrlose Aufstellung von Geräten mit brennbaren Kältemitteln der Sicherheitsklassen A2L bzw. A3 zu ermöglichen. Wir groß sind die vorgeschriebenen Mindestabstände bei Kellerfenstern im Innenbereich? Welche definierten Schutzbereiche gelten bei einer Aufstellung im Außenbereich? Allgemeine Informationen dazu finden sich übrigens auch in der vierteiligen Euronorm DIN EN 378 „Kälteanlagen und Wärmepumpen – Sicherheitstechnische und umweltrelevante Anforderungen“.
EU-Regulative bieten Interpretationsspielraum
„Es kann nicht sein, dass Betreiber ihre Anlagen frühzeitig austauschen müssen, nur weil kein Kältemittel mehr erhältlich ist. Wenn es für bestimmte Anwendungen keine technischen Lösungen gibt, führt das zu wirtschaftlichen Problemen“, warnt Richard Freimüller, Präsident Wärmepumpe Austria. So dürfen gemäß der F-Gase-Verordnung beispielsweise neue Monoblock-Luftwärmepumpen mit dem Low-GWP-Kältemittel R32 ab 2027 nicht mehr in Verkehr gebracht werden. Bianca Jeller leitet die Bereiche Personal, Finanzen und Marketing bei Air-Cond International, dem langjährigen Generalvertreter von Toshiba-Raumklimasystemen und Wärmepumpen in Österreich sowie Zentral- und Osteuropa.
Ich hoffe, dass zumindest die jeweiligen Branchenverbände für mehr Klarheit sorgen werden. Bianca Jeller
Nicht nur Jeller vermisst bei dieser weitreichenden EU-Verordnung klare, verständliche und praxistaugliche Regelungen: „Schwammige Formulierungen wie „in Verkehr bringen“ kann man unterschiedlich interpretieren. Verzollung, Einfuhr, Verkauf – was das genau heißt, kann uns derzeit niemand sagen. Ich hoffe, dass zumindest die jeweiligen Branchenverbände für mehr Klarheit sorgen werden.“
Wirtschaftlicher Druck begünstigt Umstieg
Bestehende Anlagen, die F-Gase enthalten, können weiterhin betrieben werden, solange sie den Vorschriften der EU-Verordnung entsprechen und einen ordnungsgemäßen Betrieb gewährleisten. Dies bedingt unter anderem regelmäßige Inspektionen und Dichtheitskontrollen, Dokumentation von Service- und Wartungsarbeiten sowie eine fachgerechte Entsorgung des Kältemittels. Weiters ist keine Änderung des verwendeten F-Gases erlaubt, wenn dies zu einer Erhöhung des GWP-Werts des Kältemittels führen würde. Allerdings könnte es bei älteren Anlagen, die vom Phase-Down betroffen sind, künftig um einiges schwieriger werden, benötigte Ersatzstoffe zu beschaffen. Wenn die Preise aufgrund der künstlichen Verknappung der verfügbaren F-Gase-Mengen steigen, wird wohl auch der wirtschaftliche Druck mittelfristig immer mehr Hersteller von Klima- und Kälteanlagen dazu bewegen, auf natürliche Kältemittel wie R290 (Propan), R744 (Kohlenstoffdioxid) oder R717 (Ammoniak) umzusteigen.
Kältemittel und Systemdesign entscheiden über Gesamteffizienz
Für die jeweilige Kältemittelauswahl ist laut Meinung führender Branchenexperten jedoch die gesamte Klima- und Wärmepumpenleistung im Lebenszyklus der Produkte entscheidend. Teilweise verlangen natürliche Kältemittel je nach Anlagentyp auch konstruktive Änderungen an den Bauteilen, wie z. B. Vergrößerung der Wärmetauscherflächen, um gleiche oder bessere Effizienzwerte zu erreichen. Dies erhöht unter Umständen die Produktkosten, wirkt sich aber positiv im Primärenergieeinsatz und in den Betriebskosten aus. „Um die dringend notwendige Dekarbonisierung im Gebäudesektor voranzutreiben, brauchen wir Flexibilität bei der Wahl des Kältemittels“, erklärt Alexander Springler, General Manager bei Daikin Österreich. „Es gibt dabei keine Einheitslösung, da unterschiedliche Anwendungen unterschiedliche Herausforderungen mit sich bringen.“
Modulares Wärmepumpenkonzept mit Propan
Eine zukunftssichere Luft-Wasser-Wärmepumpengeneration präsentierte im letzten Jahr Panasonic Heating & Cooling Solutions mit seiner neuen Aquarea M Serie T-Cap. Dieses modulare System nutzt das natürliche Kältemittel R290 (Propan) für eine nachhaltigere Produktion von Heizwärme, Kühlung und Brauchwarmwasser auch bei sehr niedrigen Temperaturen. Den Vorteil der hydraulischen Verbindung zwischen Innen- und Außengerät beschreibt Roland Kerschbaum, Vertriebsleiter Panasonic Heiz- & Kühlsysteme für Österreich und Schweiz, so: „Dies ermöglicht eine einfachere und flexiblere Installation, da im Inneren des Hauses keine zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Verwendung von Kältemittelgasen oder Brenngasleitungen erforderlich sind.“ Da das Kältemittel R290 unter die Sicherheitsklasse A3 fällt, enthält die neue M-Serie einen nicht entflammbaren Steuerkasten, einen Luft-/Kältemittelabscheider und einen Stromkasten mit Erdungskabel und versiegelten Anschlüssen.
- Ein nochmals verschärfter Phase-Down der zu Verfügung stehenden F-Gase mit einem kompletten Auslauf bis 2050
- Ein Verbot des Inverkehrbringens für Monoblock-Wärmepumpen und -Klimageräten (bis 12 kW) mit F-Gasen mit einem GWP > 150 ab 2027 und ein komplettes F-Gase Verbot bei diesen Produkten ab 2032
- Ein Verbot des Inverkehrbringens stationärer Kälteanlagen (Ausnahme: Chiller) mit F-Gasen mit einem GWP > 150 ab 2030
- Service und Wartungsverbot für Kälteanlagen mit F-Gasen mit einem GWP über 750 ab 2032. Dies umfasst die meisten der gängigen A1-Kältemittel. Recyceltes und wiederaufbereitetes Kältemittel ist davon ausgenommen
Inverkehrbringungsverbot von:
- Kühlschränken und Tiefkühlgeräten für gewerbliche Anwendungen (hermetisch) mit F-Gasen GWP > 150
- Ortsfeste Kälteanlagen (Ausnahme: Chiller) mit F-Gase GWP > 2500 (außer Einrichtungen, die für Anwendungen zur Kühlung von Produkten auf unter – 50 °C bestimmt sind)
- Andere in sich geschlossene Kälteanlagen mit F-Gasen GWP > 150
- Splitgeräte mit weniger als 3kg Füllmenge mit F-Gasen GWP > 750
Serviceverbot von:
- Kälteanlagen mit F-Gasen GWP > 2500 (mit Frischware)