Zukunftstrend Fernkälte: Nachfrage wächst

Redaktion Gebäudeinstallation
07.07.2015

Mit den hohen Sommertemperaturen steigt der Wunsch nach Kühlung – und damit die Nachfrage an Fernkälte. Die saubere Kälte verzeichnete im vergangenen Jahr einen Anstieg von 20 Prozent gegenüber 2013. Der Trend setzt sich fort: In 20 Jahren könnte der Bedarf so hoch sein wie bei Wärme.

Fernwärme wird im Sommer ebenso wie im Winter zur Warmwasseraufbereitung erzeugt und gleichzeitig zur Herstellung der umweltfreundlichen Fernkälte eingesetzt. Sogenannte „Absorptionskältemaschinen“ verwenden Abwärme, wie sie zum Beispiel in Fernwärmezentren beim Verbrennen von Abfällen anfällt, als Antriebsenergie für Kühlgeräte. So erzeugte Kälte benötigt, im Vergleich zur herkömmlichen Kälteerzeugung, weniger als die Hälfte an Primärenergie.

„Der Kältebedarf und die Nachfrage an Fernkälte ist in den vergangenen Jahren rasant angestiegen“, sagt Mag. Michael Mock, Geschäftsführer des Fachverbands der Gas- und Wärmeversorgungsunternehmungen (FGW). Seit 2012 ist der Bedarf an der umweltfreundlichen Kälte jeweils um 20 Prozent gewachsen: So produzierte Österreich im vergangenen Jahr rund 107 Gigawattstunden Fernkälte. „Die Nachfrage wird weiter anziehen. Prognosen zeigen: In 20 Jahren werden wir genauso viel Kühlenergie benötigen wie Heizenergie“, sagt Mock: „Die Zukunft gehört der Fernkälte als umweltschonende Alternative zu herkömmlichen Methoden der Klimatisierung.“

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Saubere Fernkälte statt stromfressender Klimaanlagen 
Fernkälte ist emissionsarm und kühlt effizient – ohne Energie zu verschwenden. Im Vergleich zu konventionellen Kühlsystemen verbraucht Fernkälte nur rund ein Zehntel der zugeführten Brennstoffe und spart daher das Zweieinhalbfache an Kohlendioxid (CO2). Die saubere Kälte wird aus der Abwärme gewonnen, die zum Beispiel beim Verbrennen von Abfällen und in Kraftwerken entsteht. Die Erzeugung von Fernkälte erfordert jedenfalls weniger als die Hälfte an Primärenergie, die zur konventionellen Kälteerzeugung benötigt wird und stellt somit eine wichtige Energieeffizienzmaßnahme dar. Mock: „Industrie- und Großkunden nützen Fernkälte über das gesamte Jahr: In den Wintermonaten hauptsächlich zur Kühlung von technischen oder medizinischen Geräten, Servern, Großküchen oder Laboratorien; im Sommer zur Klimatisierung von Bürogebäuden, Spitälern oder Einkaufszentren.“

 

100 Megawatt aus 13 Wiener Fernkältezentralen
Fernkälte ist in der Erzeugung besonders platzsparend und damit ideal für Ballungszentren. „Insbesondere in Großstädten steigt der Kältebedarf“, sagt Mock: „In Wien gibt es mittlerweile 13 Fernkältezentralen, die jährlich rund 100 Megawatt Leistung produzieren.“ Mit der sauberen Kälte werden bereits die Universität für Bodenkultur, der Stadtteil TownTown, der Radiosender Ö3, die Österreichische Nationalbank sowie das Allgemeine Krankenhaus (AKH) versorgt. Die Leistung des Fernkälteanschlusses des AKH beträgt beispielsweise zwölf Megawatt, was eine jährliche Einsparung von rund 5.000 Tonnen CO2 bedeutet.

Das jüngste und größte Projekt ist die Fernkältezentrale am Hauptbahnhof in Wien. Sie versorgt die Gebäude der Österreichischen Bundesbahnen, die BahnhofCity, den Erste Campus und das Sonnwendcenter mit Kälte. Mit einer Leistung von 20 Megawatt werden rund 400.000 Quadratmeter an Büro- und Geschäftsflächen klimatisiert. Ein weiterer Ausbau von 20 auf 25 Megawatt Leistung ist geplant. Zwei weitere Kältezentralen entstehen in Wien: im Krankenhaus Nord sowie eine Erweiterung im Sozialmedizinischen Zentrum Ost (SMZ-Ost). 

Großprojekte in Linz 
Die erste Fernkälteanlage in Österreich, die mit einem für die Ozonschicht unschädlichen Kältemittel betrieben wird, ging 1993 in Linz im Donaupark in Betrieb. Die Anlage versorgt das Brucknerhaus, das Krankenhaus der Elisabethinen und ein Veranstaltungsgebäude mit Fernkälte. Seither wird das Linzer Fernkälte-Netz immer weiter ausgebaut und umfasst heute rund 1,4 Kilometer. Der Anschlusswert beträgt rund 4.300 Kilowatt. In Linz werden auch einige öffentliche Einrichtungen mit Kältezentralen am Abnehmerstandort versorgt. So wird zum Beispiel das Passage City Center und seit dem Sommer 2011 auch der Science Park am Campus der Johannes Kepler Universität mit einer solchen Kälteanlage versorgt. Eine weitere Nahkältezentrale mit einer Leistung von 2400 Kilowatt ist 2012 in Linz-Mitte zur Abdeckung des Kältebedarfes des Musiktheaters und eines Geschäfts- und Wohngebäudes errichtet worden. Angeschlossen sind diese Objekte über eine rund 800 Meter lange Kälteleitung. Der Gesamtanschlusswert aller Linz Gas/Wärme GmbH Kältezentralen beträgt 10,55 Megawatt.

Fernkälte für niederösterreichische Landeskliniken
In Niederösterreich werden drei Landeskliniken mit Fernkälte versorgt: St. Pölten, Mistelbach-Gänserndorf und Mödling. Die Kliniken nützen die umweltfreundliche Kälte für die Kühlung technischer Geräte und Einrichtungen sowie für die Klimatisierung der Gebäude und der Operationssäle. Der gesamte Kältebedarf des Universitätsklinikum St. Pölten wird von der Fernwärme St. Pölten GmbH im Heizwerk Nord erzeugt und über Fernkälteleitungen zu den Energiezentralen transportiert. Durch die von der Energieversorgung Niederösterreich (EVN) 2009 errichteten längsten Fernwärmeleitung Österreichs – von Dürnrohr nach St. Pölten – können daher über sogenannte „Absorptionskältemaschinen“ rund zwei Drittel der Kälte aus Abwärme einer Hocheffizienten KWK-Anlage erzeugt werden. Jedes Jahr werden so 630 Tonnen CO2 eingespart. Im Endausbau, der in den nächsten Jahren erfolgt, beträgt die geplante Kapazität 14 Megawatt.

Auch das Landesklinikum Mistelbach-Gänserndorf und das Landesklinikum Mödling sind von einer lokalen Kälteproduktion auf Fernkälte umgestiegen. Die technischen Arbeiten der Fernkälteanlagen begannen im Oktober 2013 und wurden im Juni 2014 weitgehend abgeschlossen. Zusätzlich zu Strom wird nun auch Wärme für die Erzeugung von Kälte verwendet. Die Kälteleistung im Landesklinikum Mistelbach-Gänserndorf beträgt vier Megawatt, in Mödling wird eine Kälteleistung von fünf Megawatt erreicht.