Parlamentssanierung

Hohes Haus, hohe (Handwerks)Kunst

14.02.2023

Rund hundert Firmen investierten tausende Handwerksstunden, um das historische Parlamentsgebäude zukunftsfit zu machen. Alte und neue Fertigkeiten spielen dabei zentrale Rollen, ebenso wie zeitgemäße Kunstprojekte.

Nach über 130 Jahren beinahe ununterbrochenen Betriebs war das Parlamentsgebäude in Wien am Ende seiner technischen Lebensdauer angelangt. Die Schäden am von Architekt Theophil Hansen in den Jahren 1874 bis 1883 errichteten “Hohen Haus” waren immer offensichtlicher geworden. Um das Bauwerk zu bewahren, wurde 2014 die Generalsanierung beschlossen, 2018 war das erste Baustellenjahr. In den vier Jahren Bauzeit waren rund hundert Firmen am Werk, tausende Handwerksstunden wurden investiert, um das im griechischen Stil errichtete Gebäude zukunftsfit zu machen und dennoch seinen ursprünglichen Charakter zu erhalten. Mitte Oktober 2022 startet man mit der Rückübersiedlung, am 12. Jänner 2023 erfolgte schließlich die offizielle feierliche Wiedereröffnung. Am 14. und 15. Jänner war die Bevölkerung im Rahmen zweier Tage der offenen Tür unter dem Motto “Parlament verbindet“ am Zug – und das Interesse war riesig: Rund 25.000 Besucher*innen zählte man am ersten offenen Wochenende.

Enorme Bandbreite

Eine über 500 Quadratmeter messenden Glaskuppel überspannt den nun offen gestalteten Nationalratssaal. Und auch der riesige Wappenadler erstrahlt  nach der Sanierung durch  eine oberösterreichische Metallwerkstatt wieder in altem Glanz. © Günter Richard Wett
Eine über 500 Quadratmeter messenden Glaskuppel überspannt den nun offen gestalteten Nationalratssaal. Und auch der riesige Wappenadler erstrahlt  nach der Sanierung durch  eine oberösterreichische Metallwerkstatt wieder in altem Glanz. © Günter Richard Wett

Über hundert Baufirmen wirkten an der Sanierung des Parlaments mit, zum Großteil waren heimische kleine und mittelständische Unternehmen am Werk. In Spitzenzeiten waren bis zu 550 Arbeitenden gleichzeitig auf der Baustelle im Einsatz. Die Bandbreite der handwerklichen Leistungen ist dabei extrem vielfältig. Zu den besonders “großen Brocken” zählen die Errichtung der über 500 Quadratmeter messenden Glaskuppel über dem nun offen gestalteten Nationalratssaal und die Sanierung des riesigen Wappenadlers, der durch die Arbeit einer oberösterreichischen Metallwerkstatt wieder in altem Glanz erstrahlt. Zusätzlich gibt es eine Vielzahl berichtenswerten Meisterleistungen des Handwerks, in die Tischler*innen und Vertreter*innen anderer holzbearbeitende Berufe involviert waren.

Großer Andrang herrschte Mitte Jänner bei den Tagen der offenen Tür anlässlich der Wiedereröffnung des renovierten Parlamentsgebäudes. © Parlamentsdirektion/Topf
Großer Andrang herrschte Mitte Jänner bei den Tagen der offenen Tür anlässlich der Wiedereröffnung des renovierten Parlamentsgebäudes. © Parlamentsdirektion/Topf

Bedeutsames Formenspiel

Das umlaufende Holzfries von Künstler Peter Sandbichler, gefertigt in einer Tischlerei in Oberösterreich, spiegelt durch die Tiefe der Ornamente die wandelnde Bedeutung der Demokratie im Laufe der Zeit wider. © Günter Richard Wett
Das umlaufende Holzfries von Künstler Peter Sandbichler, gefertigt in einer Tischlerei in Oberösterreich, spiegelt durch die Tiefe der Ornamente die wandelnde Bedeutung der Demokratie im Laufe der Zeit wider. © Günter Richard Wett

Im Rahmen der Sanierung wurde nicht nur Altes restauriert und adaptiert, auch viel Neues wurde geschaffen. Dazu zählt die räumliche und inhaltliche Erweiterung des Kunst- und Kulturprogramms. Die Wahl fiel unter anderen auf den Bildhauer und Künstler Peter Sandbichler: Er schuf unter dem Titel “Resonanzkörper” für die Besucher*innengalerie “Plenarium” sowohl ein beeindruckendes, umlaufendes Holzfries, das durch seine Tiefe die Bedeutung der Demokratie im Laufe der Zeit widerspiegelt. Das rund 40 Meter lange Werk nimmt Bezug auf das restaurierte Außenfries an der Fassade und basiert auf einem orthogonalen – also einem senkrecht zueinander stehenden – Grundraster, das die historische Ornamentik von Theophil Hansen aufnimmt. “Das dynamische Band steht für die Vielfalt der Gesellschaft und die Lebendigkeit des demokratischen Prozesses, in dem alle Beteiligten ihre Spuren hinterlassen”, heißt es im begleitenden Kunstkatalog. Die Parameter für die Verformungen leiten sich aus der Timeline des Parlaments seit 1848 ab. Nachvollziehbar sind Meilensteine wie z. B. die Einführung des Frauenwahlrechts, aber auch Zäsuren wie die Selbstausschaltung des Parlaments 1933 oder die erste Volksabstimmung 1978.

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