Round Table
Photovoltaik-Montage: Wer darf was am Dach?
Birgit Tegtbauer: Anlass unseres Gesprächs ist die Finalisierung eines Merkblatts, das Klarheit in die Gewerbeberechtigungen bei der Errichtung von Photovoltaik-Anlagen bringen soll. Am Markt scheint es, als ob jeder PV-Anlagen montieren und installieren darf. Wie sieht es rechtlich wirklich aus – wer darf was?
Irene Novak-Hodnik: Genau um diese Frage zu klären, haben wir dieses Merkblatt gemeinsam mit allen beteiligten Gewerken erarbeitet. Das Merkblatt ist ein Produkt der Bundesparte Gewerbe und Handwerk. Das heißt, es gibt auch die Rechtsmeinung der Bundesparte wieder. Bis auf ein einziges freies Gewerbe, mit dem wir nicht ganz glücklich sind, sind es nur reglementierte Gewerbe, die im PV-Bereich tätig sind. In unserer Bundesinnungsgruppe sind das die Dachdecker, Glaser, Spengler und Holzbau-Meister. Außerdem die Baumeister, die Elektrotechniker, die Metalltechniker, die Mechatroniker und facheinschlägige, beratende Ingenieurbüros. Sie alle führen unterschiedliche Schritte bei der Errichtung von PV-Anlagen aus. Natürlich holt man sich in der Praxis nicht für jeden einzelnen Schritt ein anderes Gewerbe. Rein gewerberechtlich gibt es die Kernrechte und die Nebenrechte, so unterscheidet es auch die Gewerbeordnung. Wir reden hier immer nur von Kernrechten der ausführenden Gewerke. Im Nebenrecht darf natürlich zum Beispiel der Elektrotechniker auch eine PV-Halterung montieren oder eine Unterkonstruktion, aber im Hauptrecht darf er das nicht. Im Gegenzug darf ein Dachdecker oder Spengler theoretisch auch Elektroleitungen verlegen, aber eben nur im Nebenrecht.
Nebenrecht bedeutet einen gewissen prozentuellen Anteil des Auftrags?
Irene Novak-Hodnik: Richtig. Und genau das ist der Zweck dieses Merkblatts. Es geht darum, herauszufinden, was in meinem Kernrecht liegt, um dann beurteilen zu können, wie viel ich noch für das Nebenrecht "übrig habe". In andere reglementierte Gewerbe darf ich laut Gewerbeordnung nur auftragsbezogen zu maximal 15 Prozent "hineinarbeiten", 85 Prozent müssen also aus meinem eigenen Kernrecht kommen. Eine weitere Einschränkung von Nebenrechten ist, dass man bei gefährlichen Tätigkeiten, hier zum Beispiel alles Elektrotechnische, aber auch alles, was in die Dachhaut eingreift, was Statik betrifft etc., als Unternehmer eine entsprechend ausgebildete Fachkraft beschäftigen muss. Das muss jemand sein, der eine Ausbildung oder langjährige Erfahrung auf einem Niveau nachweisen kann, das in etwa einer Lehrabschlussprüfung oder mehr entspricht.
Aber Firmen, die Photovoltaik-Anlagen montieren, schießen aus dem Boden wie Pilze. Für Konsumenten wirkt es, als könnten diese "Solarteure", "Solar-Techniker", "Solar-Mechaniker", "Solar-Monteure" oder wie auch immer sie sich bezeichnen, alles. Die vielen Schäden beweisen das Gegenteil. Können Sie uns mehr zu diesen Gewerben und ihren Berechtigungen erzählen?
Irene Novak-Hodnik: Eigentlich gibt es nur die vorhin erwähnten, reglementierten Gewerbe, die unseres Erachtens nach am Dach tätig sein dürfen. Dann gibt es ein einziges freies Gewerbe, das einen sehr kleinen Ausschnitt der Tätigkeiten im Bereich der Errichtung von PV-Anlagen ausführen darf, es heißt "Montage von Solar- und Photovoltaik-Modulen ohne Anschlussarbeiten". Das ist ein sehr weiter Begriff, mit dem wir nicht glücklich sind und der verwirrend ist. Denn das Einzige, was dieses freie Gewerbe darf, ist in bestehende Haltekonstruktion fertige Module hinein klipsen.
Die Dachhandwerker*innen dürfen deutlich mehr. Aber wie viele von ihnen sind wirklich aktiv in der PV-Planung und -Montage?
Alexander Eppler: Ich habe eine Schätzung, die ich auch mit einigen Kollegen besprochen habe – es werden rund 20 Prozent der Dachdecker- und Spenglerbetriebe in Österreich sein, die sich aktuell ernsthaft mit dem Thema Photovoltaik befassen. Natürlich sollten es viel mehr sein, aber das Problem ist, dass wir als Mitbewerber diese eben angesprochenen selbsternannten, freien Gewerbe haben und die mit Preisen hineinfahren, wo man dann nach dem dritten Angebot aufgibt. Dazu kommt, dass viele Kolleginnen und Kollegen sehr viel Arbeit in unserem eigentlichen Kerngeschäft haben.
Herr Bräuer, wie sieht es in Ihrem Gewerbe aus? Welche Bedeutung hat Photovoltaik für das Geschäft der Elektrotechniker?
Christian Bräuer: Inzwischen einen sehr hohen Stellenwert. Wir sind breit aufgestellt im Bereich der Elektrotechnik, es ist ein Vorteil für die Betriebe, dass es verschiedene Formen von elektrischer Energie gibt. Man muss das Thema komplett denken: Es gibt die Erzeugung, die quasi am Haus stattfinden soll und es gibt die Speicherung, die im Gebäude stattfinden soll und darüber hinaus. Die Themen, die wir für uns beanspruchen, sind die Energieeffizienz im Gebäude und die richtige Verteilung des Stroms.
Wir alle wollen, dass die Kunden zufrieden sind – und wir sie nicht weiter abschrecken, denn bei den vielen Schäden, die entstehen, sind viele Menschen schon wieder abgekommen von dem Gedanken eine PV-Anlage installieren zu lassen.
Wir sind ja auch hier, um über gewerberechtliche Punkte zu sprechen. Was sind die Tätigkeiten, die ein Elektrotechniker beim Thema Photovoltaik am Dach ausführen darf?
Christian Bräuer: Grundsätzlich ist festzuhalten, dass eine PV-Anlage eine elektrische Anlage ist. Natürlich braucht man verschiedene Gewerke, um sie ordentlich auszuführen. Ich glaube, auf praktischer Ebene sind wir uns schon lange einig, dass wir hier systemübergreifend agieren müssen. Auf Fachebene ist uns völlig klar, dass es Tätigkeiten gibt, die der Elektrotechniker tun soll, aber auch ganz klar, dass es Tätigkeiten gibt, die viele andere Gewerbe wie Spengler, Dachdecker, Glaser, Baumeister etc. übernehmen müssen. Das muss jetzt auch in die Köpfe der Handwerker hinein. Es muss definierte Schnittstellen geben, wo man sagt, bis dorthin, aber ab hier übernimmt das nächste Gewerbe. Nur das macht Sinn. Am Ende des Tages stehen wir alle für einen ordnungsgemäßen Ausbau der PV-Anlagen, der gut funktionieren und qualitativ hochwertig sein soll. Wir alle wollen, dass die Kunden zufrieden sind – und wir sie nicht weiter abschrecken, denn bei den vielen Schäden, die entstehen, sind viele Menschen schon wieder abgekommen von dem Gedanken eine PV-Anlage installieren zu lassen. Dem muss man entgegenwirken, Kunden sollen den Handwerkern vertrauen, die es können.
Wie funktioniert in der Praxis die Kooperation zwischen Dachhandwerkern und Elektrotechnikern?
Christian Bräuer: Natürlich gibt es Betriebe, die nach wie vor mit Scheuklappen herumlaufen und sagen, ich kann alles. Aber es formieren sich durchaus viele Unternehmen, die mittlerweile Partner im Dachhandwerk gefunden haben. Die machen das meistens gemeinschaftlich – einmal hat der Elektrotechniker einen Auftrag und beschäftigt den Dachdecker, und beim nächsten Mal ist es umgekehrt. Wichtig ist, dass man sich aufeinander verlassen kann, damit am Ende des Tages nichts passieren kann – Belastungen, Kurzschlüsse, Brände etc. Das muss nicht sein, wenn wir alle zusammenarbeiten.
Frau Novak-Hodnik, wo sehen Sie gewerberechtlich die größten Probleme beim Thema PV und wie könnte man diese lösen?
Irene Novak-Hodnik: Es funktioniert nur gemeinsam, denke ich. Leider gibt es sehr wenige rechtliche Quellen, die einem sagen, welches Gewerk welche Tätigkeit konkret ausführen darf und welche nicht. Viele arbeiten zwar schon mit anderen Gewerken zusammen, aber ich denke, gerade bei den Schnittstellen ist wirklich oft unklar, wo hört das eine Gewerk auf und wo beginnt das andere. Das ist natürlich auch ein wichtiges Thema für die Versicherung im Schadenfall. Unser gemeinsames Merkblatt soll diese Unklarheiten beheben. In der der finalen Abstimmung haben wir auch beschlossen, dass ein wichtiger Punkt ist, gegenseitig ein bisschen Wissen auszutauschen. Dass die Elektrotechniker den Dachhandwerkern zum Beispiel Grundwissen geben, wo sie auf keinen Fall hingreifen dürfen, um keinen Stromschlag zu bekommen.
Herr Koch, Sie installieren mit Ihrem Dachdecker- und Spenglerbetrieb in Wien seit einigen Jahren Photovoltaik-Anlagen auf Dächern. Wie haben Sie sich dieses Wissen angeeignet?
Peter Koch: Ich habe auch nicht gewusst, was es elektrotechnisch alles gibt – Gleichstrom, Wechselstrom, Spannungsoptimierer, Wechselrichter etc. Man muss Zeit haben, um sich mit den neuen Themen zu beschäftigen – und man muss fragen. Das Problem ist, wir müssen das Thema Photovoltaik mit den Mitarbeitern umsetzen, die wir haben, und das sind meist zu wenig. Das ist, glaube ich, auch der Grund, warum die sogenannten Solarteure so aus dem Boden schießen. Die machen einfach. Und machen viel kaputt.
Womit wir schon bei meiner nächsten Frage wären: In Ihrer E-Mail-Signatur werben Sie mit dem Slogan "Photovoltaik ohne kaputte Dächer". Ist es wirklich so schlimm? Gibt es tatsächlich so viele Schäden, die durch unwissende Solarmonteure entstehen?
Peter Koch: Ja! Ein Beispiel: Mich hat eine Dame angerufen, bei der wir vor fünf Jahren das Dach neu gemacht haben. Jetzt hat sie eine tolle PV-Anlage – und das Dach ist undicht. Also fahren wir hin und sehen, dass die PV-Halter schief stehen und es insgesamt zu wenige sind. Fest steht: Wenn ich wegen dem Preis Halterungen weglasse, habe ich etwas ganz falsch gemacht. Das würde einem Dachdecker nie einfallen, weil der genau weiß, welche Konsequenzen das hat. Der Monteur, der das gemacht hat, hat mir dann vollbrüstig erklärt, er ist schon vier Jahre am Markt und macht das immer so.
Es ist schwierig zu transportieren, dass seriöse Anbieter es nicht böse meinen und sich keine goldene Nase verdienen wollen. Wir wollen einfach nur ein Produkt anbieten, mit dem der Endkunde zufrieden ist und das langfristig.
Herr Eppler, ist es aus Dachhandwerkersicht möglich, die vielen Schäden einzudämmen, die durch nicht fachgerechte PV-Montagen entstehen? Was kann das Dachhandwerk dagegen tun? Wie kann es sich mehr ins Spiel bringen?
Alexander Eppler: Das Problem, das wir allgemein im Handwerk haben, ist immer dieses Thema: Kunden lassen sich drei, fünf, sieben Angebote machen. Alle sind etwa in einer Range – um eine Zahl zu nennen: 100.000. Dann bietet einer um 50.000 an. Und alle anderen sind plötzlich Verbrecher. Bis es zu Schäden kommt. Deshalb fürchte ich, dass wir das auch mit guter Aufklärungsarbeit nicht hinbekommen. Das Schlimmste ist, dass dann auch bei den Reparaturmaßnahmen wieder die Superbilligen genommen werden. Du sagst, du musst jetzt alles neu machen, und mit Sicherheit gibt es einen, der sagt, er kriegt es um 10.000 wieder hin. Es ist schwierig zu transportieren, dass seriöse Anbieter es nicht böse meinen und sich keine goldene Nase verdienen wollen. Wir wollen einfach nur ein Produkt anbieten, mit dem der Endkunde zufrieden ist und das langfristig.
Wie könnte der Verband Photovoltaic Austria hier unterstützen? Wieso wird das Dachhandwerk, das ja als einziges Gewerbe wirklich einschätzen kann, ob ein Dach PV-fit ist, als Ansprechpartner kaum in Infomaterial für Konsumenten angeführt?
Fabian Janisch: PV Austria ist ein Verband, der stolz darauf ist, viele verschiedene Sparten und Bereiche in sich zu vereinen. Historisch sind wir jedoch von der Elektrik geprägt, weil PV-Anlagen elektrische Anlagen sind. Momentan ist es daher auch noch so, dass wir recht wenige Dachdecker als Mitglieder haben. Deswegen tun wir uns noch schwer, dezidiert auf Partner aus dem Dachhandwerk zu verweisen. Wir würden uns sehr freuen, wenn mehr Dachhandwerker bei PV Austria dabei wären. Denn wir wollen hochwertige Anlagen, die lange halten und wir wollen, dass die Leute zufrieden sind, weil das wichtig für die gesamte Branche ist.
Das heißt, es müssen grundsätzlich noch mehr Dachhandwerker*innen werden, die Photovoltaik-Anlagen anbieten und die müssten Lobbying-Arbeit betreiben?
Fabian Janisch: Es braucht ein "Mehr" auf vielen Ebenen. Auch mehr Dachhandwerker, die PV-Anlagen anbieten, Teilleistungen wie Montage oder Dachüberprüfungen übernehmen können. Und es braucht vernünftige Schulungen für Elektriker und Dachdecker, damit qualitativ gearbeitet wird.
Ist die gute und konstruktive Zusammenarbeit der verschiedenen Gewerke beim Merkblatt ein Spiegelbild der Praxis? Läuft die Zusammenarbeit auf den Baustellen auch gut?
Alexander Eppler: Das sehe ich schon so, ja. Im Großen und Ganzen würde ich sagen, das funktioniert. Denn jeder, der seriös Photovoltaik anbieten will, weiß, wo seine Grenzen sind und wo er sich seinen Partner suchen muss.
Peter Koch: Ich finde, dass wir immer noch einen großen Spalt haben, und zwar dort, wo über den Preis ausgeschrieben und gebaut wird, wo also wirklich Kampf herrscht. Auf solchen Baustellen ist es besser, man flüchtet. Leider sind das immer noch viele. Und dann gibt es die, die zwar möglicherweise etwas mühsamer sind, weil man mehr diskutieren muss, aber wo es dann um das Miteinander und um Lösungen geht und nicht um Gegeneinander und Preis. Ich habe eigentlich kaum mehr Baustellen, wo ich alleine bin, ich brauche oft Partner. Beim Thema Photovoltaik habe ich mir inzwischen ein Netzwerk aufgebaut. Wir machen PV zusammen, Photovoltaik ist ein Gesamtkunstwerk.
Ein Gesamtkunstwerk in vielen möglichen Varianten: Aufdach, Indach, integrierte Systeme – Herr Janisch, wo sehen Sie als PV-Techniker die Zukunft von Photovoltaik am Dach?
Fabian Janisch: Wenn man das Gesamtpaket sieht, überwiegen in Österreich die Aufdach-Anlagen deutlich. Indach ist noch relativ klein. In der Schweiz und auch in Frankreich tut sich da ein bisschen mehr. In Zukunft wird jeder eine oder mehrere PV-Anlagen am Dach haben in den unterschiedlichsten Ausrichtungen, wahrscheinlich auch in der Fassade. Es wird auf jeden Fall sehr divers sein. Und dafür braucht es qualifizierte Handwerkerinnen und Handwerker.
PV-Merkblatt
Das Merkblatt der Bundessparte Gewerbe und Handwerk zum Thema "Welche Gewerbeberechtigung für die Errichtung von PV-Anlagen erforderlich ist" ist fertig gestellt und auf der Homepage abrufbar.