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Photovoltaik-Montage: Wer darf was am Dach?

22.07.2024

Der Photovoltaik-Markt ist heiß umkämpft. Nicht nur auf Herstellerseite, sondern auch in der Ausführung. Auf den Dächern tummeln sich viele, oft selbsternannte, Expert*innen. Und richten viele Schäden an. Wir haben Branchenvertreter*innen zu einem Gespräch über Rechte, Pflichten, Probleme und Lösungen gebeten.

Birgit Tegtbauer: Anlass unseres Gesprächs ist die Finalisierung eines Merkblatts, das Klarheit in die Gewerbeberechtigungen bei der Errichtung von Photovoltaik-Anlagen bringen soll. Am Markt scheint es, als ob jeder PV-Anlagen montieren und installieren darf. Wie sieht es rechtlich wirklich aus – wer darf was?

Irene Novak-Hodnik: Genau um diese Frage zu klären, haben wir dieses Merkblatt gemeinsam mit allen beteiligten Gewerken erarbeitet. Das Merkblatt ist ein Produkt der Bundesparte Gewerbe und Handwerk. Das heißt, es gibt auch die Rechtsmeinung der Bundesparte wieder. Bis auf ein einziges freies Gewerbe, mit dem wir nicht ganz glücklich sind, sind es nur reglementierte Gewerbe, die im PV-Bereich tätig sind. In unserer Bundesinnungsgruppe sind das die Dachdecker, Glaser, Spengler und Holzbau-Meister. Außerdem die Baumeister, die Elektrotechniker, die Metalltechniker, die Mechatroniker und facheinschlägige, beratende Ingenieurbüros. Sie alle führen unterschiedliche Schritte bei der Errichtung von PV-Anlagen aus. Natürlich holt man sich in der Praxis nicht für jeden einzelnen Schritt ein anderes Gewerbe. Rein gewerberechtlich gibt es die Kernrechte und die Nebenrechte, so unterscheidet es auch die Gewerbeordnung. Wir reden hier immer nur von Kernrechten der ausführenden Gewerke. Im Nebenrecht darf natürlich zum Beispiel der Elektrotechniker auch eine PV-Halterung montieren oder eine Unterkonstruktion, aber im Hauptrecht darf er das nicht. Im Gegenzug darf ein Dachdecker oder Spengler theoretisch auch Elektroleitungen verlegen, aber eben nur im Nebenrecht. 

Juristin Irene Novak-Hodnik ist Geschäftsführer-Stellvertreterin der Bundesinnungsgruppe Baunebengewerbe. © Richard Tanzer
Juristin Irene Novak-Hodnik ist Geschäftsführer-Stellvertreterin der Bundesinnungsgruppe Baunebengewerbe. © Richard Tanzer

Nebenrecht bedeutet einen gewissen prozentuellen Anteil des Auftrags?

Irene Novak-Hodnik: Richtig. Und genau das ist der Zweck dieses Merkblatts. Es geht darum, herauszufinden, was in meinem Kernrecht liegt, um dann beurteilen zu können, wie viel ich noch für das Nebenrecht „übrig habe“. In andere reglementierte Gewerbe darf ich laut Gewerbeordnung nur auftragsbezogen zu maximal 15 Prozent „hineinarbeiten“, 85 Prozent müssen also aus meinem eigenen Kernrecht kommen. Eine weitere Einschränkung von Nebenrechten ist, dass man bei gefährlichen Tätigkeiten, hier zum Beispiel alles Elektrotechnische, aber auch alles, was in die Dachhaut eingreift, was Statik betrifft etc., als Unternehmer eine entsprechend ausgebildete Fachkraft beschäftigen muss. Das muss jemand sein, der eine Ausbildung oder langjährige Erfahrung auf einem Niveau nachweisen kann, das in etwa einer Lehrabschlussprüfung oder mehr entspricht.

Aber Firmen, die Photovoltaik-Anlagen montieren, schießen aus dem Boden wie Pilze. Für Konsumenten wirkt es, als könnten diese „Solarteure“, „Solar-Techniker“, „Solar-Mechaniker“, „Solar-Monteure“ oder wie auch immer sie sich bezeichnen, alles. Die vielen Schäden beweisen das Gegenteil. Können Sie uns mehr zu diesen Gewerben und ihren Berechtigungen erzählen?

Irene Novak-Hodnik: Eigentlich gibt es nur die vorhin erwähnten, reglementierten Gewerbe, die unseres Erachtens nach am Dach tätig sein dürfen. Dann gibt es ein einziges freies Gewerbe, das einen sehr kleinen Ausschnitt der Tätigkeiten im Bereich der Errichtung von PV-Anlagen ausführen darf, es heißt „Montage von Solar- und Photovoltaik-Modulen ohne Anschlussarbeiten“. Das ist ein sehr weiter Begriff, mit dem wir nicht glücklich sind und der verwirrend ist. Denn das Einzige, was dieses freie Gewerbe darf, ist in bestehende Haltekonstruktion fertige Module hinein klipsen.

Die Dachhandwerker*innen dürfen deutlich mehr. Aber wie viele von ihnen sind wirklich aktiv in der PV-Planung und -Montage?

Alexander Eppler: Ich habe eine Schätzung, die ich auch mit einigen Kollegen besprochen habe – es werden rund 20 Prozent der Dachdecker- und Spenglerbetriebe in Österreich sein, die sich aktuell ernsthaft mit dem Thema Photovoltaik befassen. Natürlich sollten es viel mehr sein, aber das Problem ist, dass wir als Mitbewerber diese eben angesprochenen selbsternannten, freien Gewerbe haben und die mit Preisen hineinfahren, wo man dann nach dem dritten Angebot aufgibt. Dazu kommt, dass viele Kolleginnen und Kollegen sehr viel Arbeit in unserem eigentlichen Kerngeschäft haben. 

Herr Bräuer, wie sieht es in Ihrem Gewerbe aus? Welche Bedeutung hat Photovoltaik für das Geschäft der Elektrotechniker?

Christian Bräuer: Inzwischen einen sehr hohen Stellenwert. Wir sind breit aufgestellt im Bereich der Elektrotechnik, es ist ein Vorteil für die Betriebe, dass es verschiedene Formen von elektrischer Energie gibt. Man muss das Thema komplett denken: Es gibt die Erzeugung, die quasi am Haus stattfinden soll und es gibt die Speicherung, die im Gebäude stattfinden soll und darüber hinaus. Die Themen, die wir für uns beanspruchen, sind die Energieeffizienz im Gebäude und die richtige Verteilung des Stroms. 

Wir alle wollen, dass die Kunden zufrieden sind – und wir sie nicht weiter abschrecken, denn bei den vielen Schäden, die entstehen, sind viele Menschen schon wieder abgekommen von dem Gedanken eine PV-Anlage installieren zu lassen.

Christian Bräuer, Bundesinnungsmeister der Elektrotechniker

Christian Bräuer ist Bundesinnungsmeister der Elektrotechniker. © Richard Tanzer
Christian Bräuer ist Bundesinnungsmeister der Elektrotechniker. © Richard Tanzer

Wir sind ja auch hier, um über gewerberechtliche Punkte zu sprechen. Was sind die Tätigkeiten, die ein Elektrotechniker beim Thema Photovoltaik am Dach ausführen darf? 

Christian Bräuer: Grundsätzlich ist festzuhalten, dass eine PV-Anlage eine elektrische Anlage ist. Natürlich braucht man verschiedene Gewerke, um sie ordentlich auszuführen. Ich glaube, auf praktischer Ebene sind wir uns schon lange einig, dass wir hier systemübergreifend agieren müssen. Auf Fachebene ist uns völlig klar, dass es Tätigkeiten gibt, die der Elektrotechniker tun soll, aber auch ganz klar, dass es Tätigkeiten gibt, die viele andere Gewerbe wie Spengler, Dachdecker, Glaser, Baumeister etc. übernehmen müssen. Das muss jetzt auch in die Köpfe der Handwerker hinein. Es muss definierte Schnittstellen geben, wo man sagt, bis dorthin, aber ab hier übernimmt das nächste Gewerbe. Nur das macht Sinn. Am Ende des Tages stehen wir alle für einen ordnungsgemäßen Ausbau der PV-Anlagen, der gut funktionieren und qualitativ hochwertig sein soll. Wir alle wollen, dass die Kunden zufrieden sind – und wir sie nicht weiter abschrecken, denn bei den vielen Schäden, die entstehen, sind viele Menschen schon wieder abgekommen von dem Gedanken eine PV-Anlage installieren zu lassen. Dem muss man entgegenwirken, Kunden sollen den Handwerkern vertrauen, die es können. 

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