Messeneuheiten
Eine Bauma wie damals?
Lange Zeit herrschte ein gewisses Maß an Unsicherheit rund um die diesjährige Bauma. Zuversichtlich ging man dennoch ans Werk, die vorherrschenden Krisen und Herausforderungen im Hinterkopf. Viel mehr aber hatte man innovative Lösungen und neue Konzepte im Gepäck, die darauf gewartet haben, sich der Welt zu präsentieren. Angesichts der komplexen Themen, mit denen sich derzeit alle Branchen auseinanderzusetzen haben, war aber vor allem eines deutlich spürbar: Eine enorme Last fiel kurzzeitig von den Menschen ab. Sie kamen zusammen, tauschten sich aus, warteten wissbegierig, schätzten die gebotene Qualität mehr denn je und trafen auf eine Leistungsschau seitens der Aussteller*innen, die ihresgleichen sucht.
Auf der Bauma: Eine sanfte Brise des Umdenkens
"Der Andrang an den Ständen ist von Tag eins an enorm." "Die Messe läuft überraschend gut." "Man spürt, dass die Menschen sich nach diesem Branchentreff gesehnt haben." Es herrschte absolute Einigkeit in den Statements der Ausstellenden. Jede*r zeigte sich zufrieden und erleichtert, Erwartungen haben sich nicht erfüllt, sie wurden übertroffen. Neben ausgelassener Stimmung lag aber auch etwas anderes in der Luft, das die Menschen zuversichtlich für die Zukunft stimmte. Die Qualität der Gespräche hat enorm zugenommen, wie von vielen Seiten bestätigt wurde, und auch der Anspruch an Qualität hat sich gesteigert.
Das Umdenken und Vorausschauen lässt sich auch an den Leitthemen der Bauma eindeutig erkennen. Nachhaltigkeit ist dabei kein Schlagwort, die vorgestellten Lösungen finden enormen Anklang bei den Besucher*innen. Das Thema alternative Antriebe präsentierte sich derartig vielfältig und vielversprechend, dass auf den nachfolgenden Seiten ein eigener Einblick in die Highlights erfolgt. Die Entwicklungen im Bereich Automatisierung und Digitalisierung schafften den Spagat, sich zeitgleich als ausgereift und praxisnah, ebenso aber als spannendes Zukunftsthema voller Potenzial darzustellen.
Die Giganten unter den Bauma-Exponaten
Eine Maschine größer als die andere reihten sich Seite an Seite auf dem Freigelände, schnell verlor sich das Gespür für Dimensionen zwischen all diesen Gerätschaften. Ihre Hälse reckend versuchten die Besucher*innen einen Blick auf dieses große Ganze zu werfen und sich nicht zwischen all den Riesen zu verlieren. Allein bei Liebherr reihten sich rund 100 Exponate auf knappen 15.000 Quadratmeter Standfläche. Mit dabei der Raupenkran LR 1700-1.0, der mit seinem Gewicht von 750 Tonnen das schwerste Exponat der heurigen Messe bildete. Punkten konnte der Hersteller aber auch mit seinen unzähligen Neuerungen und Neuvorstellungen: von den beiden komplett erneuerten Baureihen der mittelgroßen Rad- sowie den Compactladern über die Weltpremiere des neuen Miningbaggers R 9300 bis zu zahlreichen Krannovitäten, die auch mit den Vorzügen des hochfesten Faserseils Fibre auftrumpfen. Es ermöglicht durch sein geringeres Gewicht größere Tragkraftwerte, lässt sich einfacher warten, da das Schmieren wegfällt, und verspricht darüber hinaus eine deutliche längere Lebensdauer.
Andrang herrschte bei Liebherr aber nicht nur ob der neuen Maschinen, auch die im Inneren versteckten Features, intelligente Assistenzsysteme sowie der Innovationsbereich lockten Interessierte aus aller Welt. So sind etwa die neu vorgestellten 70- bis 100-Tonnen-Raupenbagger mit einem Bucket-Fill-Assist-System erhältlich, das die Sicherheit und Effizienz erhöht und einen weiteren Schritt in die Automatisierung darstellt. In der Components-Sparte war eine neue Produktreihe digitaler Kamera-Monitor-Systeme zu sehen: LiXplore eröffnet den Bediener*innen mobiler Maschinen eine 360-Grad-Rundumsicht.
Innovationen aus der Welt der Bagger
Ein anderes, innovatives Konzept zum Thema Sichtfreiheit hat Doosan mit seiner "transparenten Schaufel" präsentiert. Die Gefahr toter Winkel tilgt ein Monitor in der Kabine des Radladers, über den Bediener*innen diesen nun auch einsehen können. Mit dem neuen DX225LC-7X präsentierte Doosan seinen ersten sogenannten Smart Bagger, also den ersten Kettenbagger des Unternehmens mit einer Reihe serienmäßig verbauter intelligenter Systeme. Halbautomatische 2D-Maschinensteuerung, Laser-Empfänger, E-Fence-Funktion und Wiegeeinrichtung sind ebenso integriert wie vollelektrische Hydrauliktechnologie.
Baggerneuheiten gab es auch am Huppenkothen-Stand zu bestaunen, aus dem Hause Takeuchi wurden gleich drei Prototypen vorgestellt. Die Baggermodelle TB335R, TB350R und TB395W werden voraussichtlich von Ende dieses Jahres bis in die zweite Hälfte 2023 nach und nach gelauncht. Erstere sind Kompaktbagger im Bereich unter fünf Tonnen, der TB395W baut auf dem beliebten Mobilbagger-Modell TB295W auf. Der Fokus liegt aber nicht nur auf Weiterentwicklungen an den Maschinen, sondern ganz stark auch auf den hauseigenen Entwicklungen im Bereich der Assistenzsysteme. Geschäftsführer Rigo sieht aktuell vor allem im Arbeits- und Fachkräftemangel eine Problematik, der auf verschiedensten Ebenen etwas entgegengehalten werden muss. Assistenzsysteme alleine werden das zwar nicht lösen, aber sie tragen wesentlich zur vereinfachten Bedienung und zur Erhöhung von Effizienz und Produktivität bei und sind demgemäß auch auf der Bauma ein gefragtes Highlight.
Einer weiteren aktuellen Entwicklung folgend ziehen vor allem auch kleinere Maschinen betreffend Ausstattung und Hightech nach und stehen den großen in kaum noch etwas nach, erklärt Manfred Pani, Werbe- und Marketingchef bei Zeppelin Österreich. So können nun auch Cat-Minibagger der neuen Generation in der Sechs- bis Zehn-Tonnen-Klasse mit Maschinensteuerung nachgerüstet werden. Durch die modularen Komponenten des Nachrüstsatzes können die Bagger mit Cat Grade mit Advanced 2D oder Cat Grade mit 3D einfach und rasch bei Zeppelin oder Sitech ausgerüstet werden. Daneben konnten in der Messehalle B6 aber auch wie gewohnt wahre Schwergewichte unter den rund 50 Ausstellungsstücken bestaunt werden ebenso wie neue schwere Kettenbagger oder auch der neue Radlader Cat 966 GC, der mit einfach zu bedienender Ausstattung für alltägliche Einsatzanforderungen punkten soll.
Unterstützung in luftigen Höhen
Digitale Tools zur Erhöhung der Arbeitssicherheit sowie zur Vereinfachung der Bedienung standen auch bei den Hersteller*innen von Kranen und Hebelösungen heuer hoch im Kurs. Bei Stirnimann konnte sich das Publikum nicht nur vom ersten Modell der neuen Generation von Potain-Turmdrehkranen mit Verstellausleger, dem MR 229, begeistern lassen, auch die neue Telematikplattform Grove / Potain Connect wurde präsentiert. Im Customer Center hatte man die Möglichkeit, im Simulator einen Grove-Geländekran mit CCS-Kransteuerungssystem selbst zu testen.
Bei Wolffkran gab es die neuen spitzenlosen Kranmodelle der 21-FX-Reihe ebenso zu sehen wie die Modelle des vergangenen Jahres. Premiere feierte auch ein Hochleistungsfaserseil, das sogenannte chaRope, das laut Hersteller eins zu eins gegen ein konventionelles Stahlseil ausgetauscht werden kann, ohne Umbaumaßnahmen am Kran. Ein weiteres Highlight kam aber auch an diesem Stand aus der digitalen Technologie: Mit dem Wolff-High-Speed-Positioning-System wurde ein Assistenzsystem entwickelt, mit dem die Last am Haken fast schwingungsfrei bewegt und millimetergenau positioniert werden kann.
Lösungsorientiert präsentierte sich auch Palfinger, das sich zunehmend als technologiegetriebenes Unternehmen versteht. Im Bereich Offshore werden bereits Zukunftsvisionen in Richtung vollständiger Automatisierung aufgezeigt, im Bereich der Baustellen sind es aktuell semiautomatische Lösungen, die die Bedienung vereinfachen, präziseres Steuern und ein ermüdungsfreieres Arbeiten bei repetitiven Aufgaben ermöglichen sollen. So wurde neben der Steuerungselektronik Paltronic und der Kranspitzensteuerung Smart Control auch das ganz neue Smart Loading Assist präsentiert, das mittels 3D-Kamerasystem und Sensoren die Ansteuerung und Erfassung von Containern erleichtert und präzisiert.
Die Parallelexistenz der Alternativen
Auf der Bauma wurden nicht nur Lösungen aufgezeigt, alternative Antriebsarten und Kraftstoffe kommen auch immer mehr zum Einsatz und entwickeln sich nebeneinander weiter.
weiter lesen...Smart, smarter, digitale Baustelle - ein Fokus der Bauma
Gänzlich digital wird es bei der Einsatzplanung von Zeppelin Rental. Mit einer auf BIM basierenden Technologie soll der Einsatz von Maschinen und Geräten schon vorab direkt im virtuellen Zwilling geplant werden, um eine höchstmögliche Effizienz zu erreichen sowie Fehler bereits vor ihrer Entstehung auszumerzen. Ähnlich stehen die Zeichen auch bei Kuhn Baumaschinen. Als erster österreichischer Partner von Komatsus Smart Construction will man nun auch die heimischen Baustellen mit digitalen Lösungen und Dienstleistungen unterstützen. Smart Construction mutet hierzulande noch etwas futuristisch an, ist aber längst kein Thema nur für Großbaustellen. Geschäftsführer Kuhn erklärt diesbezüglich, dass ein wesentlicher Vorteil etwa darin bestehe, dass Vermessungstechniker*innen nicht mehr ständig auf die Baustelle kommen müssten.