Neuheiten
Mit Sicherheit mehr erreichen
Die richtige Performance, die nötige Power, niedrige Betriebskosten und wenig Wartungsaufwand: Das sind die offenkundigen Wünsche, geht es um Werkzeug auf der beziehungsweise für die Baustelle. Der Trend zur kabellosen Baustelle hält ungebrochen an, denn die modernen Akku-Technologien bringen zunehmend die Leistung mit, um selbst benzinbetriebenen Geräten Paroli bieten zu können. Hersteller*innen bauen ihre eigenen Plattformen auf, andere gehen Allianzen ein, und immer mehr batteriebetriebene Werkzeuge kommen auf den Markt. Anwender*innen erfreuen sich der gewonnenen Flexibilität, ebenso der Zeitersparnis, wenn das Kabelverlegen wegfällt, und der vielen Anwendungsmöglichkeiten, die sich durch die zunehmende Kompatibilität einer Vielzahl an Geräten mit ein und demselben Akku ergeben. Bei den neuen Elektrowerkzeuggenerationen legt man das Augenmerk aber nebenbei auch noch auf ganz andere Ausstattungsmerkmale, für die das Bewusstsein der Anwender*innen nach und nach wächst.
Erwartungen erfüllen und übertreffen
Während das Thema Sicherheit in der Bauwirtschaft zumeist als Selbstverständlichkeit angesehen wird, so sind es dennoch die Berufsgruppen dieser Branche, die von den meisten Arbeitsunfällen betroffen sind. Das verursacht neben den Schicksalen der Betroffenen und ihren Angehörigen auch eine enorme finanzielle Belastung für die heimischen Betriebe, denn wie das Wifo in einer Studie 2020 feststellte, machen einen Großteil der Gesamtkosten, die Jahr für Jahr in die Milliarden gehen, die indirekten Kosten aus. Produktivitäts- und Wertschöpfungsverluste durch den Ausfall von Arbeitskräften belasten die Volkswirtschaft langfristig zusätzlich zu den Kosten, die den Betrieben unmittelbar entstehen.
Nach wie vor zählt der Verlust der Kontrolle über eine Maschine oder ein Handwerkzeug zu den Hauptverursachern. Ein positiver Trend ist aber festzustellen: Über die letzten Jahrzehnte hat sich die Unfallrate im Bauwesen mehr als halbiert. Alexander Möhrle, Anwendungstechniker bei Makita, sieht dabei auch Vorgaben als wesentlichen Faktor an. Arbeitssicherheitsfeatures werden von Vorgaben getragen, und Verordnungen schaffen zu einem großen Teil das Bewusstsein bei den Anwendenden. Das sehen viele der Hersteller*innen ganz ähnlich, sie sehen aber auch, wie sich das zunehmend verselbstständigt und gewisse Features zum Schutz der Arbeitnehmenden von ihnen standardmäßig erwartet werden.
Keine Rückschläge mehr
"Beim Thema Arbeitssicherheit wird einiges bereits als gegeben erachtet", führt Ralf Lubjuhn, der bei Stanley Black & Decker für Produkt- und Anwendungstraining zuständig ist, aus, "deswegen versuchen wir, unsere Geräte in puncto Arbeitsschutz auch ohne Vorgaben von außen sinnvoll weiterzuentwickeln." Bei Dewalt gibt es mit der Perform-&-Protect-Serie eine Produktlinie, die den umfangreichen Anforderungen vor allem hinsichtlich der Sicherheit auf Baustellen gerecht werden soll. Serienmäßig an Bord haben diese Geräte mit dem Anti-Rotations-E-Clutch ein Sicherheitsfeature, das Drehbewegungen erkennt und plötzlich auftretende Drehmomentreaktionen minimiert, elektronische Kickback-Bremsen schalten Schleifer bei Einklemmen, Blockieren oder Verklemmen automatisch ab.
Derartige Funktionen zur Kontrolle von Rückstoß beim Bohren, Schneiden und Schleifen finden sich in den Sortimenten der Hersteller*innen immer häufiger. Wenn ein Bohrer sich unversehens verkeilt oder in Stahlbeton hängen bleibt, fällt der Geräterückschlag bei leistungsstarken Maschinen derart heftig aus, dass Verletzungen und Brüche an Arm- und Schultergelenken vorprogrammiert sind, Schlimmeres nicht ausgeschlossen, insbesondere bei Arbeiten über Kopf, auf Leitern oder Gerüsten. Nicht minder fällt der Kickback bei Schleifern aus, hinzu kommt die Gefahr, wenn Schleif- oder Trennscheiben zu Bruch gehen.
"Einige Sicherheitsfeatures werden sicherlich auch aufgrund von Vorgaben verlangt", so Linda Koschate, Digital Brand Manager bei Milwaukee, "es hat sich aber zu einer Art Selbstverständlichkeit gewandelt, dass eine Maschine so etwas heutzutage einfach haben muss." Neben Totmannknopf und Wiederanlaufschutz verfügen neuere Schleifer von Milwaukee über eine Rapid-Stop-Technologie, um Scheiben in unter zwei Sekunden bremsen zu können. Für Bohranwendungen sorgt Autostopp für eine unverzügliche Unterbrechung, wenn eine zu hohe Drehzahl erkannt wird.
Nur nicht durchdrehen
Verbesserter Gesundheitsschutz war auch bei der Entwicklung von Hiltis neuer Akku-Plattform Nuron ein zentrales Thema. Die aktive Drehmomentkontrolle ATC, eine elektronische Schnellabschaltung gegen Rückschlag bei Bohranwendungen, ist für alle relevanten Geräte verfügbar. Für die Arbeiten mit Winkelschleifern wurden zwei neue Technologien entwickelt. 3D ATC sorgt für die Aktivierung der Scheibenbremse und Abschaltung bei unkontrollierten Bewegungen, SensTech erkennt, wenn der Griff losgelassen wird, etwa wenn das Gerät fallen gelassen wird, und löst eine Schnellabschaltung aus.
"Solche Funktionen werden von Kund*innen auch nach wie vor als Feature angesehen", beobachtet Andreas Sobotta, Produktmanager bei Flex Elektrowerkzeuge. Für den Neukauf seien aber ebenso Preisfragen, Vorgaben und mögliche Förderungen mitentscheidend. Im Sortiment führt man einige Schleifer mit Anti-Kickback, Restart Protection und einer elektronischen Bremse für beschleunigten Stopp.
Bei Bosch kommt bei zahlreichen Maschinen die sogenannte KickBack Control zum Einsatz, bei der Sensoren die Beschleunigung des Werkzeugs messen und bei schnellen Rotationskräften den Motor abschalten. Speziell für Bohrhämmer, Bohrmaschinen und Schlagbohrmaschinen gibt es die Rotation Control Clutch. Bei den neuesten Winkelschleifermodellen sorgt das Intelligent-Brake-System für eine verkürzte Bremszeit, Drop Control schaltet das Gerät im Falle eines Sturzes ab, und Restart Protection sorgt dafür, dass ein eingeschalteter Schleifer nach einem Stromausfall nicht wieder zu laufen beginnt.
Ebenso setzt Makita verstärkt auf die Weiterentwicklung branchenrelevanter Sicherheits- und Anwendungsfeatures. So wird in neuen Geräten häufiger AFT (Active Feedback sensing Technology) verbaut, um das Risiko eines ungewollten Rückschlags zu reduzieren. Bei Winkelschleifern sorgt X-Lock für zusätzliche Kontrolle. Bei dieser Befestigung kann eine Scheibe weder zu fest noch zu locker sitzen, versichert der Hersteller, wodurch ein Lösen der Scheiben während des Betriebs ebenso unterbunden wird wie ein "Festfressen".
Alles fest im Griff
Modernes Equipment verfügt aber nicht nur über Funktionen zur verbesserten Kontrolle, auch gegen Staub und Vibrationen sind vielfältige Lösungen vorhanden. Das Thema Gesundheit tritt immer stärker in den Vordergrund und lässt sich nicht mehr auf die Verhütung von Unfällen reduzieren. Die körperliche Belastung etwa durch Vibrationen zieht ebenso Erkrankungen nach sich wie das Inhalieren von Staub.
Nina Fenners, Marketing Managerin bei Hikoki Power Tools, hält dazu fest, dass das Bewusstsein dafür ansteigt, je professioneller der Arbeitsbereich ist. Je mehr Arbeitsstunden Mitarbeitende ihre mitunter schweren Geräte im Einsatz haben, desto bewusster ist man sich der Entlastung durch technische Features an den Maschinen. Neben RFC (Reactive Force Control), Hikokis Feature zur Rückschlag-Kontrolle, setzt man bei einigen ihrer Bohr- und Meißelhämmer auf den Low-Vibration-Handle, der aus Gummidämpfern und Scharnier besteht, um Vibrationen zu reduzieren und so der Ermüdung sowie langfristig entstehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen vorzubeugen. Dafür kommt auch die User-Vibration-Protection-Technologie bei einigen Produkten zum Einsatz, bei der Federn und ein Gewicht für dynamische Schwingungsdämpfung sorgen.
Auch Makita setzt im Inneren der Maschine an. Ein Massenausgleichgewicht an Schlagwerk bzw. an der Hubstange dient der Absorbierung von Rückschlägen. Eine aktive, wechselseitige Verlagerung des Luftdrucks balanciert das Ausgleichsgewicht immer gegengleich zur Rückstoßbewegung, wodurch Vibrationen reduziert werden. Einige Modelle verfügen zusätzlich über einen schwingungsentkoppelten Seitengriff. Im Leerlauf sorgt die SoftNoLoad-Technologie dafür, dass die Motordrehzahl automatisch heruntergeregelt wird. Das reduziert Vibrationen bei Arbeitsunterbrechungen, ermöglicht ein präziseres Ansetzen und verringert den Energieverbrauch. Damit sind die beiden Hersteller auch nicht allein, alle verfolgen Ansätze, um Vibrationen weiter zu reduzieren. Mit Dämpfungen, Gegengewichtssystemen, schwimmenden Griffen und ergonomischen Feinheiten setzt jede*r auf seine ganz eigenen Technologien, die das Arbeiten produktiver, sicherer und gesünder machen sollen.
Tief durchatmen
Das Thema Staubbelastung ist ein weiteres, das die Hersteller*innen beschäftigt und bei dem sie mit innovativen Lösungen bei ihren neueren Modellen aufwarten. Die einzelnen Systeme zur Staubabsaugung sind vielfältig, gemein ist ihnen, dass sie nahezu staubfreie Einsätze ermöglichen sollen, indem sie gesundheitsgefährdende Partikel direkt an der Quelle erfassen.
Bei Bosch finden sich neben dem Click-&-Clean-System, das ihre Elektrowerkzeuge mit Absaugzubehör kombinieren lässt, auch SpeedClean-Bohrer im Sortiment, bei denen über Öffnungen im Bohrkopf der Staub abgesaugt wird. Makita setzt vermehrt auf eine digitale Lösung und erweitert laufend sein Portfolio an AWS-fähigen Akku-Maschinen. AWS (Auto-start Wireless System) verbindet Geräte per Bluetooth mit einem Staubsauger. Damit geht dieser automatisch an oder aus, wenn das Werkzeug ein- oder ausgeschaltet wird. Denn darin herrscht Einigkeit: Staub ist gesundheitsschädlich, beeinträchtigt das Arbeiten und belastet Mensch wie Material unnötig zusätzlich.