Vaillant Chef Interview

"Als Marktführer muss man sich doppelt beweisen"

Interview
28.02.2024

Anfang November 2022 hat Markus Scheffer die Geschäftsführung der Vaillant Group Austria übernommen. Die GI bat ihn zum Interview um ein Resümee zu seinem ersten Jahr in seiner neuen Position zu ziehen, das es auch auf Grund der Nachwirkungen der Covid Epidemie in vieler Hinsicht in sich hatte.
Vaillant - smart in die Zukunft

Dr. Markus Scheffer, Vaillant Group Austria
Dr. Markus Scheffer, Geschäftsfürer Vaillant Group Austria

Gebäude Installation: Herr Scheffer, Sie sind jetzt etwas über 12 Monate an der Spitze der Vaillant Group Aus­tria. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?
Markus Scheffer: Ich habe ein gut aufgestelltes Unternehmen übernommen. Schon aus Deutschland kenne ich die sehr gute Zusammenarbeit mit den Marktpartnern. In Österreich ist sie fast noch enger, denn es gibt ein sehr konstruktives und partnerschaftliches Umfeld mit den Installateuren, den Planern und dem Großhandel - auch wenn es manchmal etwas „ruckeln“ kann.

Und wirtschaftlich betrachtet, wie ist das Jahr 2023 verlaufen?
Das abgelaufene Jahr stand zu Beginn im Zeichen der mangelnden Verfügbarkeit. Die Herausforderung bestand in der Beschaffung der Geräte und speziell der weiteren Systemkomponenten, um ein gesamtes Heizsystem ausliefern zu können. Das war das eine Extrem. Im Jahresverlauf kam dann die deutlich nachlassende Nachfrage auf Grund der Zurückhaltung bei Investitionen in Kombination mit der hohen Inflation hinzu. Zusätzlich haben die Kreditvergaberichtlinien dem Endkunden zugesetzt. Das Pendel ist somit in die andere Richtung ausgeschlagen. Ich bin aber sehr stolz, dass wir als „Team Vaillant“ das volatile und anspruchsvolle Jahr gut gemeistert haben. In reinen Zahlen haben wir gegenüber dem Vorjahr zugelegt. Wenn man Marktführer ist, muss man sich doppelt beweisen.

Wie schätzen Sie die aktuelle Situation ein?
Der Neubau ist von der Kaufzurückhaltung stark betroffen, wir erwarten aus dieser Ecke keinen Rückenwind – jedenfalls noch nicht. Ich bin vorsichtig optimistisch, eine großartige Wiederbelebung ist im ersten Quartal 2024 aber nicht zu erwarten. In Österreich gibt es einen breiten gesellschaftlichen Konsens auf erneuerbare Energien umzusteigen, alte Anlagen wollen getauscht werden – wir fokussieren uns ganz klar auf die Sanierung und von den neuen Förderungen werden viele profitieren. Wir sind für die Nachfrage bestens gerüstet und werden unsere Installateurpartner bestmöglich unterstützen. Stichwort dazu: One-Stop-Shop. Unsere Partner finden bei Vaillant Lösungen zu nahezu allen Anforderungen aus einer Hand – auch und gerade in Hinblick auf erneuerbare Energien, denn bei PV haben wir inzwischen ein Vaillant eigenes Elektriker-Team aufgebaut, das von PV- und Elektro-Planung bis hin zur Elektroinstallation alles übernimmt und somit den Installateur perfekt unterstützt. Diesen ganzheitlichen Ansatz verfolgen nicht viele. Neben Unterstützung bei der Produktauswahl sind die verschiedenen Pre-Sales-Services anzuführen. Beispiele hierfür wären die Anlagenplanung sowie weitere Dienstleistungen wie Planerberatung, Schulungen für Installateure aber auch unser großer Werkskundendienst. Generell sind die engen Beziehungen zu unseren Partnern für mich das Um und Auf in der Geschäftsbeziehung.

Gibt es rein technisch gesehen, einen Trend, der sich in diesem Jahr im Besonderen niederschlagen wird?
Unser Fokus liegt produktbezogen ganz klar auf der Wärmepumpe. Wenn Sie mich auf übergeordnete Trends ansprechen, dann sind das Digitalisierung und Konnektivität, also „smarte“ Heizungen durch die Verbindung mit dem Internet. Für uns sind dies sicher Schwerpunkte, denn sie verändern die Branche maßgeblich. Die Fernüberwachung ist dabei ein besonders spannendes Thema. Wir betreuen bereits mehrere tausend Geräte per Internet aus der Ferne. Die Konnektivität ist das eine, natürlich benötigen wir aber auch Mitarbeitende, die darauf schauen und Vorort unterstützen.

Da sprechen Sie ja eine der Dauerproblematiken der Branche an: Fachkräfte sind Mangelware. Welcher Initiativen bedarf es um den Beruf des Installateurs und Haustechnikers für die junge Generation interessant(er) zu machen?
Es muss uns gelingen die Sanitär- und Heizungsbranche für junge Menschen wieder attraktiver zu machen. Das Handwerk hat goldenen Boden, heute wieder viel mehr als in den 1980ern oder den 90er Jahren. Politik, WKO, Verbände, die Industrie – es liegt an uns allen. Wir gehen beispielsweise aktiv in Schulen. In der HTL Mödling betreuen wir Diplomanden und unterstützen diverse Schulen durch Ausbildungsmaterialien. Bedenken Sie, wir alleine beschäftigen derzeit rund 240 Kundendiensttechniker und es ist für uns extrem wichtig die auf Grund natürlicher Fluktuation frei werdenden Stellen gut nachzubesetzen. In einigen Regionen ist das sehr schwer, speziell im Westen Österreichs.

In Anbetracht der heute bereits fortgeschrittenen Uhrzeit noch rasch ein Blick auf das globale, sich stark wandelnde Umfeld, mit dem sich Vaillant konfrontiert sieht. Kann ein Europäer in diesem Wettbewerb bestehen, oder bedarf es eines Partners aus Übersee?
Vaillant ist seit 1874 in Familienbesitz, mit starken Wurzeln und unser Innovationsgeist fußt in unserer Tradition. Und das wird auch die nächsten 150 Jahre weiterhin so bleiben. Wir glauben ganz fest daran, dass das die richtige Strategie ist. Wir setzen auf Innovationen und Investments, wie zum Beispiel in unsere Megafabrik in Senica, in der wir rund 500.000 Wärmepumpen pro Jahr produzieren können. Der Wettbewerb durch asiatische Marktbegleiter nimmt zu, wir sind aber gut aufgestellt.

Vaillant steht demnach nicht zum Verkauf, eine sehr gute Nachricht, wenn man an good old Europe als Innovations- und Industriestandort glaubt! Hat das Unternehmen aber vielleicht schon Fühler in Richtung kooperationsbereiter Marktbegleiter ausgestreckt um die Marktposition zu stärken?
Bei Vaillant gibt es eine eigene Abteilung, die damit beschäftigt ist, den Markt genau zu beobachten. Zukäufe sind nicht auszuschließen, heute aber nicht auf der Agenda. //

Dr. Markus Scheffer

ist seit 1. November 2022 Geschäftsführer der Vaillant Group Österreich. Der gebürtige Deutsche ist promovierter Jurist und seit über zehn Jahren im Vaillant Konzern in leitender Position tätig.

Branchen
Haustechnik