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Innovationen für die Baupraxis

07.04.2025

Gunther Graupner, Geschäftsführer der Zukunftsagentur Bau (ZAB), treibt seit Jahren die Innovationskraft der österreichischen Bauwirtschaft voran. Im Architektur und Bau FORUM Podcast erklärt er, wie sein Team Lösungen für aktuelle Herausforderungen entwickelt.

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„Die Zukunftsagentur Bau ist der Forschungs- und Innovationsarm des österreichischen Baugewerbes“, fasst Graupner die Rolle seiner Organisation zusammen. Ins Leben gerufen wurde die Agentur im Jahr 2009 mit dem Ziel, auch kleineren Betrieben – vor allem solchen mit weniger als 50 Mitarbeitenden – Zugang zu Innovation zu ermöglichen. Denn: „Die Großen machen ihre Forschung selbst, die Kleinen benötigen Unterstützung bei branchenweiten Themen“, so Graupner.

Forschung mit Praxisnutzen

Zentrale Stärke der ZAB ist der enge Draht zu den Betrieben. Über die Landesinnungen gelangen Fragestellungen direkt aus der Praxis zur Agentur. Dort wird entschieden, welche Themen auf breites Interesse stoßen und weiterverfolgt werden. Besonders erfolgreich: das Projekt zur Bauteilaktivierung. Dabei wird ein ohnehin vorhandenes Bauteil – etwa eine Betondecke – zur Kühlung oder Wärmespeicherung genutzt.
„Wir dachten anfangs, wir verkaufen das über Behaglichkeit – waren aber völlig am Holzweg“, erinnert sich Graupner. Heute ist klar: Der Markt verlangt nach Kühlung und Energiespeicherung, nicht nach emotionalen Wohlfühlargumenten. Der Output für die Betriebe? Rechenverfahren, Normierungsarbeit, praxistaugliche Umsetzungshilfen.
Auch bei anderen Projekten wie zur Nassraumabdichtung oder zu Recyclingbaustoffen geht es darum, praxisgerechtes Wissen zurückzuspielen. „Wir arbeiten mit Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen zusammen, holen uns je nach Thema die nötige Expertise an Bord“, erklärt Graupner.

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Schlüssel zur Nachhaltigkeit

Besonderes Augenmerk liegt aktuell auf den Themen Digitalisierung und Ressourceneffizienz. Für Graupner kein Selbstzweck: „Nur digitalisieren um der Digitalisierung willen bringt nichts. Es muss Effizienz heben – sonst funktioniert es nicht.“ Ein Pilotprojekt zum digitalen Materialpass zeigt, wie sich Nachhaltigkeit auch ohne vollständige BIM-Implementierung realisieren lässt: Daten über eingekaufte und verbaute Materialien werden mit Materialdatenbanken verknüpft und liefern so einen automatisierten Nachweis über die Baustelle hinweg.
Gleichzeitig zeigt sich: Das digitale Gebäudemodell (BIM) ist Chance und Herausforderung zugleich. Während große Baukonzerne wie Strabag oder Porr ihre Prozesse weitgehend digitalisiert haben, stehen KMU oft noch am Anfang. Erfolgreich sind laut ihm jene Unternehmen, die mehrere Wertschöpfungsstufen selbst abbilden – von der Projektentwicklung bis zum Betrieb. Kooperationen mit haustechnischen Gewerken ermöglichen standardisierte Prozesse und echte Vorteile.

Bauwirtschaft im Wandel

Auch die CO₂-Neutralität bleibt eines der dominierenden Themen. Graupner plädiert für Pragmatismus: „Der Hebel liegt bei Materialien – hier müssen wir ansetzen.“ Berichte über Nachhaltigkeit sind zwar wichtig, sollten aber praktikabel bleiben. Die ZAB erarbeitet deshalb Vorschläge, wie man Grenzwerte und Berechnungslogiken handhabbar gestalten kann – oft in Vorbereitung politischer Prozesse.
„Wir liefern unseren Funktionären das Argumentarium, damit sie in der politischen Diskussion nicht immer nur Nein sagen müssen, sondern konstruktiv mitgestalten können“, sagt Graupner. Eines dieser Projekte: ein digitaler Materialpass, der ohne vollständige BIM-Modelle auskommt, aber dennoch fundierte Nachweise liefert – etwa für die Kreislauffähigkeit von Baustoffen.

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Zur Person

Gunther Graupner ist Geschäftsführer der Zukunftsagentur Bau (ZAB) und leitet das Kompetenzzentrum Bauforschung. Der gebürtige Niederösterreicher verantwortet seit über zehn Jahren Forschungs- und Innovationsprojekte in der österreichischen Bauwirtschaft. Unter seiner Führung wurde die ZAB zur zentralen Schnittstelle zwischen Baubetrieben, Forschungseinrichtungen und Politik. Sein Fokus liegt auf praxisnahen Lösungen in den Bereichen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft. Graupner ist gelernter Bauingenieur und verfügt über langjährige Erfahrung im Innungswesen und der Weiterbildungslandschaft rund um die Bauakademien.