Das Ausscheiden von Angeboten

23.10.2017

In den vergangenen Jahren kommt es vermehrt zum Ausscheiden von Angeboten und zu Rechtsstreitigkeiten darüber.

Das Bundesvergabegesetz (BVergG) sieht einen abschließenden Katalog von Gründen vor, aus denen ein Angebot vom Auftraggeber auszuscheiden ist. Der Auftraggeber hat dabei keinen Ermessensspielraum: Wenn ein solcher Grund vorliegt, muss er ausscheiden, wenn nicht, darf er nicht ausscheiden.

Ausscheidensgründe

Ein Angebot ist gemäß BVergG aus folgenden Gründen auszuscheiden:

•    Der Bieter ist nicht zuverlässig (z. B. Rückstände bei Steuer oder Sozialversicherung, mehrere Verurteilungen wegen AuslBG oder Lohn- und Sozialdumping; siehe § 68 BVergG).

•    Der Bieter ist nicht befugt, die ausgeschriebenen Leistungen anzubieten bzw. auszuführen (fehlende Berechtigung nach GewO oder anderen Gesetzen, z. B. ZTG oder AWG).

•    Der Bieter erfüllt die Kriterien der Ausschreibung an die technische (z. B. Referenzen, Schlüsselpersonal) oder wirtschaftliche und finanzielle (z. B. Mindestumsatz) Leistungsfähigkeit nicht.

•    Die Preise konnten vom Bieter in einer vertieften Angebotsprüfung nicht als betriebswirtschaftlich plausibel dargestellt werden.

•    Der Bieter hat im Angebot keinen Preis angegeben, sondern nur erklärt, das billigste Angebot um einen bestimmten Prozentsatz oder Wert zu unterbieten.

•    Ein in der Ausschreibung verlangtes Vadium wurde nicht mit dem Angebot vorgelegt.

•    Das Angebot ist verspätet eingelangt. Bei elektronischen Ausschreibungen ist das Hochladen des Angebots nach Ende der Angebotsfrist meistens gar nicht mehr möglich.

•    Das Angebot widerspricht den Ausschreibungsbestimmungen. Zum Ausscheiden führen unbehebbare Mängel oder die Nichtbehebung (bzw. nicht rechtzeitige Behebung) von behebbaren Mängeln. Bei Alternativangeboten führt auch die mangelnde Gleichwertigkeit oder Nichterfüllung der Mindestanforderungen zum Ausscheiden.

•    Der Bieter hat wettbewerbs- oder sittenwidrige Abreden mit anderen Unternehmern getroffen, die für den Auftraggeber nachteilig sind (z. B. Kartellabsprachen). Dieser Ausscheidensgrund wurde im Entwurf zum BVergG 2017 in den Katalog der Unzuverlässigkeitsgründe eingereiht.

•    Das Angebot leidet an einem laut Ausschreibungsbestimmungen zum Ausscheiden führenden Rechenfehler. Wenn die Ausschreibung diesbezüglich nichts regelt, sind Angebote wegen bloßer Rechenfehler nicht auszuscheiden; sie dürfen aber nach Berichtigung des Rechenfehlers auch nicht vorgereiht werden.

•    Das Angebot wurde von einem Bieter gelegt, der in einem nichtoffenen oder einem Verhandlungsverfahren (also in einem Verfahren, in dem die Angebotsphase durch die Einladung des Auftraggebers zur Angebotslegung eingeleitet wird) nicht vom Auftraggeber zur Angebotslegung aufgefordert wurde.

•    Ein ausländischer Bieter (oder ein eignungsrelevanter Subunternehmer) ist nicht zur Ausführung der entsprechenden Tätigkeiten in Österreich befugt. Dieser Ausscheidensgrund kommt nur noch bei sogenannten „sensiblen“ Gewerben (z. B. Baumeisterleistungen) gemäß § 373a Abs 5 Z 2 GewO in Betracht.

•    Der Bieter hat nach Angebotslegung nicht oder nicht rechtzeitig die vom Auftraggeber verlangten Aufklärungen zum Angebot erteilt.

Rechtsschutz

Der Auftraggeber ist verpflichtet, den Bieter vom Ausscheiden seines Angebots per E-Mail oder Telefax (oder bei elektronischen Vergabeverfahren über die elektronische Ausschreibungsplattform) zu informieren, und zwar unter Angabe des Ausscheidensgrundes. Diese Verpflichtung besteht aber nur für das Angebot, das für den Zuschlag in Betracht kommt. Ausscheidensgründe gegen andere Angebote kann der Auftraggeber auch erst in einem etwaigen Nachprüfungsverfahren einwenden.

Der Bieter kann diese Entscheidung binnen sieben (Unterschwellenbereich) beziehungsweise zehn (Oberschwellenbereich) Tagen beim zuständigen Verwaltungsgericht anfechten. Im Entwurf zum BVergG 2017 ist eine einheitliche Zehn-Tages-Anfechtungsfrist vorgesehen.

Der Praxistipp

Um ein Ausscheiden des Angebots zu vermeiden, ist Folgendes wesentlich:

•    Die Ausschreibungsbestimmungen sollten strikt eingehalten werden.

•    Nachforderungen und Aufklärungsersuchen des Auftraggebers sollten vollständig und rechtzeitig beantwortet werden.

Die Anfechtung der Zuschlagsentscheidung zugunsten eines anderen Bieters (in den obigen Fristen) kann überlegt werden, wenn Ausscheidensgründe gegen diesen Bieter bekannt sind und das eigene Angebot nach dessen Ausscheiden an erster Stelle läge. 

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