Das Wegschaffen von Abbruch- und Aushubmaterial
Die Frage, wer Abfall „wegschaffen“ darf und wie dies bei Ausschreibungen nach dem Bundesvergabegesetz (BVergG) nachzuweisen ist, wird oft als nebensächlich betrachtet.
Diese Fragestellung ist erstens kompliziert, weil zur Beantwortung Abfallwirtschaftsrecht, Gewerberecht, Zivilrecht und Vergaberecht zu betrachten sind. Zweitens ist sie wichtig, weil fast alle Bauausschreibungen entsprechende Positionen enthalten.
Welche Befugnis ist erforderlich?
Wenn der Auftragnehmer Verfügungsgewalt über den Abfall erhält, wird er „Abfallsammler“ gemäß § 2 Abs 6 Z 3 Abfallwirtschaftsgesetz (AWG). Die Verfügungsgewalt über wegzuschaffendes Abbruch- und Aushubmaterial ist regelmäßig anzunehmen, weil nach den meisten Leistungsverzeichnissen für Bauleistungen der Auftragnehmer zu entscheiden hat, wo er den Abfall (ordnungsgemäß) hinbringt. Daher ist der Bauunternehmer fast immer, wenn Abbruch- oder Aushubmaterial anfällt, Abfallsammler.
Abfallsammler benötigen eine Erlaubnis des Landeshauptmanns gemäß § 24a AWG, und zwar schon für die Angebotslegung. Die Ausnahmen des § 24a Abs 2 AWG, in denen keine Erlaubnis notwendig ist, treffen auf die Abfallsammlung im Zuge von gewerblichen Bauleistungen im Wesentlichen nicht zu. Das Nebenrecht jedes Gewerbeinhabers zum Sammeln und Behandeln von Abfällen gemäß § 32 Abs 1 Z 7 Gewerbeordnung (GewO) reicht auch nicht aus.
Bei ausländischen EU- oder EWR-Unternehmen gilt gemäß § 24a Abs 2 Z 3 AWG eine „gleichwertige Erlaubnis“ im Sitzstaat als ausreichend. Was das ist, ist in manchen Fällen nicht einfach zu beantworten, weil sich die abfallwirtschaftlichen Befugnissysteme in manchen Staaten sehr stark vom österreichischen System unterscheiden (zum Teil reichen sogar „private“ Zertifizierungen aus).
Wie ist die Befugnis nachzuweisen?
Wenn der Bieter nicht über die Erlaubnis als Abfallsammler gemäß § 24a AWG verfügt, benötigt er jemanden, der diese fehlende Erlaubnis substituiert. Sobald gemäß Leistungsverzeichnis das Wegschaffen von Abfällen enthalten ist, ist dies Teil der Leistung, die der künftige Auftragnehmer dem Auftraggeber schuldet. Damit ist ein anderer Unternehmer, der die Erlaubnis nach § 24a AWG substituiert und den Abfall für den künftigen Auftragnehmer wegschaffen soll, kein bloßer Lieferant, sondern Subunternehmer im Sinne des BVergG.
Nach dem BVergG bedeutet dies:
● Im Angebot müssen sämtliche Subunternehmer genannt werden,
wenn der Auftraggeber dies nicht in der Ausschreibung
entsprechend einschränkt.
● Der Bieter muss nachweisen, dass er über jeden Subunternehmer
verfügt. Dazu ist eine entsprechende, vom Subunternehmer
rechtsgültige Unterzeichnung einer Verfügbarkeitserklärung
(Subunternehmererklärung) erforderlich.
● Subunternehmer, die eine dem Bieter selbst fehlende Befugnis
substituieren, sind für die Eignung „notwendige“ Subunter-
nehmer.
● Notwendige Subunternehmer müssen jedenfalls im Angebot
genannt werden, bei sonstigem Ausscheiden des Angebots
(unbehebbarer Mangel).
Das Ergebnis
Daher gilt grundsätzlich Folgendes: Sobald im Leistungsverzeichnis das Wegschaffen von Abbruch- oder Aushubmaterial (oder sonstigen Abfalls) enthalten ist und der Auftraggeber in der Ausschreibung nicht vorgesehen hat, dass Subunternehmer für diese Leistungen nicht im Angebot genannt werden müssen, ist jedes Angebot zwingend auszuscheiden, wenn nicht entweder der Bieter (bzw. jenes Mitglied der Bietergemeinschaft, das diese Leistungen ausführen soll) oder ein im Angebot genannter Subunternehmer über die Erlaubnis des Abfallsammlers gemäß § 24a AWG verfügt.
Diese grundsätzliche Rechtslage hat die Judikatur der Vergabekontrollbehörden auch bereits mehrmals bestätigt.
Dazu kommt noch, dass man angesichts der Formulierung vieler Leistungsverzeichnisse der Ansicht sein könnte, dass auch der Betreiber der (endgültigen) Behandlungsanlage des Abfalls, die vom Bieter zur Entsorgung vorgesehen ist (Deponie, Verwertungsanlage), Teile der geschuldeten Leistung erbringt und daher ebenfalls als (notwendiger) Subunternehmer im Angebot zu nennen wäre.