Möglichkeiten

Energiesparen: Wann, wenn nicht jetzt?

Beim Energiesparen können schon viele kleine Maßnahmen einiges bewirken. Dennoch wird man langfristig nicht um große Themen herumkommen.
Bauzeitung - Energiesparen - Umfrage

Energieeffizienz ist in der Baubranche ein konstantes Thema, meist geht es dabei aber um den Neubau von Gebäuden und darum, wie viel Technik einem Haus noch guttut. An den eigenen Betrieb denkt man selten, größere, nicht unbedingt notwendige Sanierungsmaßnahmen werden oftmals aufgrund des Aufwands verschoben. Doch in den letzten Jahren haben sich – auch bedingt durch die Lockdowns in der Pandemie sowie die Homeoffice-Zeiten – viele Baufirmen der thermischen Sanierung ihres Firmensitzes angenommen, alternative Energieformen implementiert und auch angefangen, ihren Fuhrpark zu elektrifizieren. Beschleunigt wurde diese Entwicklung im vergangenen Jahr durch die explodierenden Energiekosten, die nochmals durch den russischen Krieg befeuert wurden. Seitdem werden den Beratungsstellen förmlich die Türen eingelaufen – man versucht, Energie zu sparen, wo es nur geht. Doch wo kann und sollte man eigentlich ansetzen?

Energiesparen: Kleine Maßnahmen summieren sich

Geht es um kurzfristige Maßnahmen zur Senkung des Stromverbrauchs, hilft es laut Energieberatern, sich vor Augen zu halten, wie die Kosten zustande kommen. "Prinzipiell sollte man sich vor Augen führen, dass Energie Leistung mal Zeit ist", erklärt Markus Kaufmann, Bereichsleiter Unternehmen im Energieinstitut Vorarlberg, die Grundlagen. "Es geht also darum, zumindest einen der beiden Werte – Zeit oder Leistung – zu minimieren." Ein gutes Beispiel, wo man einfach ansetzen kann, seien Geräte, die am Unternehmensstandort zu großen Teilen im Standby-Modus laufen. Egal ob Computermonitore, Drucker, Kaffeemaschinen oder Radiouhren – sind diese im Standby-Modus, verbrauchen sie Strom.

Markus Kaufmann, Bereichsleiter Unternehmen im Energieinstitut Vorarlberg
"Bei den Handwerksbetrieben wird oft zu wenig darauf geachtet, die beruflichen Fahrten so gering wie möglich zu halten. Hat man eine Bohrmaschine vergessen, fährt man halt wieder zurück und holt sie. Hat man Schrauben vergessen, fährt man schnell zum Baumarkt." - Markus Kaufmann, Energieinstitut VBG.

"Ein ganz normaler Monitor schlechter Qualität hat einen Standby-Verbrauch von zehn Watt, hoch­gerechnet auf ein Jahr verbraucht er also 87,6 kWh und kostet mich bei einem Strompreis von 0,25 Cent/kWh knappe 22 Euro", rechnet Kaufmann vor. "Das klingt jetzt nicht viel, skaliert aber gnadenlos mit der Anzahl der Geräte." Eine einfache Lösung dafür findet sich in Steckdosen mit Ein-Aus-Schalter, über den die Geräte, wenn sie nicht benutzt werden, wirklich ausgeschaltet werden.

Gleiches gilt für Systeme der Haustechnik, die mit Druckluft arbeiten. Wenn der notwendige Druck im System nicht mehr vorhanden ist, gleicht das System diesen automatisch aus, egal ob es in Anwendung ist oder nicht. Dementsprechend kann hier mit Zeit­schalt­uhren und Wochenendschaltern das ­System zu Zeiten, wo es nicht benötigt wird, komplett ausgeschaltet werden. Ebenso ist es empfehlenswert, die Anlage regelmäßig auf Leckagen zu überprüfen.

Das richtige Gerät hilft beim Energiesparen

Gleichzeitig kann natürlich auch an der Stellschraube der benötigten Leistung von Geräten gedreht werden. Dabei sind sich aber die Energie­experten relativ einig, dass noch funktionierende Geräte nicht vor dem Ende ihres Lebenszyklus ersetzt werden sollten. Geht es um Neuanschaffungen, sollte man aber unbedingt auf die Energie­effizienz der Produkte achten. "Eine gute Übersicht bietet www.topprodukte.at, eine Website von ­Klimaaktiv, auf der Geräte nach dem Stromverbrauch sortiert vergleichbar sind und man die Unterschiede vor Augen geführt bekommt", erzählt Kaufmann. "Das energieeffizientere Gerät mag vielleicht 40 Euro mehr in der Anschaffung kosten, man hat es dafür aber auch etliche Jahre im Betrieb, wodurch es die Mehrkosten locker wieder reinspielt."

Fuhrpark bietet Einsparungspotential

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Beim Thema Energiesparen drehen die heimischen Bau-Firmen schon an vielen kleinen Rädchen.

Ein weiterer Punkt, an dem Firmen viel an Kosten einsparen können, ist der hauseigene Fuhrpark. ­Gerade im nichturbanen Raum erfolgt die Anreise zum Firmensitz oftmals mit dem Auto. Schafft man es aber, gerechnet auf eine Fünf-Tage-Woche nur ­einen Tag das Auto nicht zu nutzen, wäre ­allein dadurch eine Reduktion des Treibstoffverbrauchs um 20 Prozent erreicht. Gleichzeitig sollte man sich auch die Frage stellen, welche Termine so wichtig sind, dass man sie vor Ort abwickeln muss. Die Pandemie hat gezeigt, dass Videokonferenzen nicht nur funktionieren, sondern oftmals viel Zeit und ­Kosten sparen.

"Bei den Handwerksbetrieben wird auch oft zu wenig darauf geachtet, die beruflichen Fahrten so gering wie möglich zu halten", meint Kaufmann. "Hat man eine Bohrmaschine vergessen, fährt man halt wieder zurück und holt sie. Hat man Schrauben vergessen, fährt man noch schnell zum Baumarkt, um diese zu kaufen." Dies seien alles Wege, die vermieden werden könnten, Wege, die unnötig Kraftstoff sowie Geld verbrauchten. "Eine gute Bauvorbereitung hilft, Energie zu sparen", so der ­Energieexperte.

Durch Tempo 100/80/30 erreichen wir einerseits einen enormen Beitrag für die Klimasituation, zweitens einen sehr guten Beitrag in Bezug auf Verkehrssicherheit und drittens einen sehr guten Beitrag, auch was Energiesparen betrifft.

Gerd Sammer, Boku

Geschwindigkeit als Sparansatz

Wirklich gespart werden könnte auch dadurch, die Mitarbeiter dazu zu verpflichten, sich beim Betrieb der Firmenfahrzeuge an das Tempolimit 100/80/30 km/h zu halten. Allein durch die Beschränkung des Tempolimits auf der Autobahn auf 100 km/h könnte der Treibstoffverbrauch sowie der CO2-Ausstoß um über 20 Prozent pro ­Strecke gesenkt werden. Bei niedrigen Geschwindig­keiten, also auf der Freilandstraße oder im Ortsgebiet, kratzt man ebenfalls an der 20-Prozent-Marke. Dem steht ein Zeitverlust, der beispielsweise auf der ­Strecke von Wien nach St. Pölten sechs Minuten ­beträgt, entgegen.

Diese Zahlen werden von einer aktuellen ­Studie der Forschungsgesellschaft Straße, Schiene und Verkehr, an der auch Vertreter*innen von Ländern und vom Verkehrsministerium sowie Expert*innen unter anderem von der TU Wien und der Boku beteiligt waren. "Durch Tempo 100/80/30 erreichen wir einerseits einen enormen Beitrag für die Klimasituation, zweitens einen sehr guten Beitrag in Bezug auf Verkehrssicherheit und drittens einen sehr guten Beitrag, auch was Energiesparen betrifft", erklärt ­Studienleiter Gerd Sammer, Professor am Institut für Verkehrswesen der Boku.

Großes Einsparungen beim Heizen und Kühlen möglich

Eine weitere wesentliche Stellschraube ergibt sich beim Thema Heizen und Kühlen. Alleine die Reduktion der Raumtemperatur um ein Grad Celsius in den Heizmonaten erspart rund sechs Prozent Energie. "Das Thema Kühlung im Sommer birgt zusätzlich viel Potenzial, da wir im Endeffekt nur von einem Wohlfühlgewinn sprechen", so Kaufmann. "Dementsprechend müssten die Büros nicht auf konstante 22 Grad gekühlt werden, eine Reduktion der Außentemperatur um drei bis vier Grad würde ausreichen." So könnten flexible Innenraumtemperaturen einen großen Mehrwert für das Unternehmen bringen, paart man diese mit baulichen Maßnahmen wie Beschattung oder Dachbegrünung, sogar noch mehr.

Thermische Sanierung als Schlüssel zum Erfolg

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Ausreichend Fördermöglichkeiten sind gegeben, alleine fehlt nur oft der Überblick.

Doch egal, welche kurzfristigen Maßnahmen man ergreift, langfristig werden die wenigsten Unternehmen um eine thermische Sanierung ihres Standortes herumkommen – falls dies nicht schon geschehen ist. "Ich weiß, dass eine Sanierung im laufenden Betrieb eine sehr mühsame und auch kostspielige Angelegenheit ist, aber auf lange Sicht wird kein Betrieb darum herumkommen", meint Kaufmann. "Dementsprechend sollte man dies genau planen und überlegen, was sinnvoll ist." Und sie sollte seiner Meinung nach auch der erste Schritt sein, da alle weiteren Maßnahmen sowie Gerätschaften von der optimierten Gebäudehülle beeinflusst werden.

Der Energieexperte unterteilt den Prozess in drei Phasen – die Optimierung der Gebäudehülle, die Energie­effizienz aller Energieverbraucher und die Implementierung erneuerbarer Energie –, die, nacheinander abgewickelt, ein Gesamtbild ergeben. Und gerade die Frage nach alternativen Energieformen beschäftigt gerade viele. "Bei Beratungen zu dem Thema fragen wir sehr gerne, ob Nachbarn vielleicht dasselbe Anliegen haben und man eine gemeinsame Lösung erarbeiten kann – und die hat man meistens", berichtet Kaufmann. "Gerade wenn man in einem Gebiet mit unterschiedlichster Objektnutzung beheimatet ist, würde sich daraus eine sehr fruchtbare Symbiose ergeben." Denn gerade beim Thema Energie­sparen ist man aktuell eher nicht alleine.

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