Jahrzehntelange Haltbarkeit – Was, wenn nicht?

Ein Hinweis auf den „Stand der Technik“ in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann eine Verlängerung der Gewährleistungsfrist bedeuten.

In Bauverträgen finden sich oftmals Bestimmungen, wonach der Auftragnehmer (AN) „eine dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende Ausführung“ gewährleistet. Der OGH hatte sich in einer jüngsten Entscheidung mit einer solchen Technikklausel zu befassen und kam zu einigen bemerkenswerten Ergebnissen.

OGH-Entscheidung vom 20. 12. 2016, 4 Ob 202/16h

Im Jahr 2007 beauftragte die Klägerin einen Dachdecker (AN) mit der Neueindeckung eines Daches. Laut den AGB des AN gewährleistete dieser „eine dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende Fehlerfreiheit des Werkes in Werkstoff und Verarbeitung (…) während der Dauer der gesetzlichen Fristen“. Mehr als fünf Jahre nach der Übergabe zeigten sich Mängel an der Dacheindeckung. Die Dachziegel hatten zahlreiche Risse, durch die Wasser eintreten konnte. Da die Substanz des Dachstuhls gefährdet war, musste eine umfassende Sanierung des Daches durchgeführt werden. Die Mängel waren beim Einbau nicht erkennbar. Während der Bauarbeiten hatte ein Mitarbeiter des AN der Klägerin zugesagt, dass das Dach „jahrzehntelang halten“ würde. 

Gewährleistungsfrist

Die Klägerin forderte vom AN die Neueindeckung des Daches und stützte sich in erster Linie auf Gewährleistung. Strittig war, ob sich die Klägerin überhaupt noch auf Gewährleistung berufen konnte, immerhin traten die Mängel erst fünf Jahre nach der Übergabe zutage – und damit nach Ablauf der gesetzlichen Frist von drei Jahren.

In der Entscheidung betonte der OGH, dass die Gewährleistungsfrist bei Sachmängeln mit der Übergabe der Leistung beginnt. Das gilt auch für versteckte Mängel, also Mängel, die bei Übergabe nicht erkannt werden und erst später hervorkommen. Wird der versteckte Mangel erst zu einem Zeitpunkt erkannt, zu dem die Gewährleistungsfrist bereits abgelaufen ist, kann der AG zum Beispiel eine Sanierung nur noch als Schadenersatz fordern. Voraussetzung dafür ist allerdings ein Verschulden aufseiten des AN. Nicht so, wenn der AN bestimmte Eigenschaften zusichert. Bei zugesicherten Sacheigenschaften beginnt die Gewährleistungsfrist mit der Erkennbarkeit des Mangels, weil das Vorhandensein oder das Fehlen der ausdrücklich zugesicherten Eigenschaft regelmäßig erst nach längerer Zeit festgestellt werden kann. So wird man das Fehlen der Haltbarkeit einer Dachfolie erst nach längerer Zeit feststellen können. Eine durch Zusagen des AN verlängerte Gewährleistungsfrist kann aber vertraglich beschränkt werden. Dazu muss im Vertrag eine klare Regelung enthalten sein, welche Frist für die Gewährleistung gilt (z. B. die gesetzlichen Fristen).

In seiner Entscheidung traf der OGH die bemerkenswerte Aussage, dass im Hinweis auf den „Stand der Technik“ in den AGB eine solche Zusicherung einer Eigenschaft verstanden werden könnte. Hält man sich vor Augen, dass „Technikklauseln“ in den Leistungsverzeichnissen so gut wie aller Bauverträge enthalten sind, empfiehlt es sich, die Gewährleistungsfrist ausdrücklich zu regeln. Andernfalls läuft der AN Gefahr, ungewollt in eine Verlängerung der Gewährleistung zu laufen.

Vorsicht bei Zusagen gegenüber Verbrauchern

Der OGH erkannte weiters, dass die Aussage des Mitarbeiters, wonach das Dach „jahrzehntelang halten“ würde, eine vertragliche Verlängerung der – in den AGB vereinbarten – Gewährleistungsfrist bedeutet. Der Hinweis in den AGB, wonach Erklärungen von Mitarbeitern des AN schriftlich bestätigt werden müssen, ging ins Leere. Bei einem privaten Bauvorhaben (Verbraucher) kann die Wirksamkeit formloser Erklärungen gemäß § 10 Abs 3 KSchG zum Nachteil des Verbrauchers nicht ausgeschlossen werden. 

Fazit

Nach einer jüngsten Entscheidung des OGH können Technikklauseln, wie sie in Bauverträgen regelmäßig enthalten sind, als

Zusicherung einer Sacheigenschaft verstanden werden und damit zu einer Verlängerung der Gewährleistungsfristen führen. Um die Gewährleistungspflichten dennoch auf die Dauer zum Beispiel der gesetzlichen Fristen zu beschränken, sollte eine ausdrückliche Regelung der Gewährleistungsfrist getroffen werden. Bei privaten Bauvor­haben (Verbraucher) ist insbesondere zu beachten, dass die Wirksamkeit von mündlichen Zusagen durch einen Schriftformvorbehalt zum Nachteil des Verbrauchers nicht ausgeschlossen werden kann. 

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