„Kaskoversicherung“ für Baubeteiligte
Bauwesenversicherungen (bisweilen auch „Bauleistungsversicherungen“) werden von verschiedenen Versicherungsgesellschaften – auch in Österreich – schon seit geraumer Zeit angeboten. Den Versicherungsprodukten liegen in der Regel die „Allgemeinen Bedingungen für die Bauwesenversicherung zur Abdeckung des Bauherren-, Bauunternehmer- und Bauhandwerkerrisikos“ (BW 1/75 oder BW 2/75) oder etwa die „Allgemeinen Bedingungen für die Bauwesenversicherung“ (ABBV) zugrunde. Diese Musterbedingungen regeln wesentliche Fragen des Versicherungsschutzes. Vor allem ergibt sich daraus, welche Leistungen („Sachen“) versichert sind und in welchen Fällen die Versicherung Deckung gewährt.
Anlass für Streitfälle gibt es in der Praxis immer wieder, wenn die mangelhafte Leistung eines Bauunternehmers Ursache eines Schadens ist und der Bauherr bzw. ein Baubeteiligter den Schaden aus der Bauwesenversicherung ersetzt haben möchte. In diesem Fall ist genau zu prüfen, ob ein Versicherungsfall vorliegt, und wenn ja, in welchem Umfang Versicherungsdeckung gegeben ist.
Versicherungsschutz nur für Sachschäden
Bei der Bauwesenversicherung handelt es sich um eine besondere Sparte der Sachversicherungen. Dementsprechend besteht Versicherungsschutz nur bei Beschädigung von Sachen, wobei etwa gemäß Artikel 2 Z 1 der BW 1/75 die gesamten Bauleistungen und Arbeiten der Bauunternehmer einschließlich aller notwendigen Konstruktionsteile, Materialien und Stoffe (grundsätzlich) zu den versicherten „Sachen“ zählen. Einer besonderen Vereinbarung im Versicherungsvertrag bedarf es nach den BW 1/75 dann, wenn z. B. auch Hilfsbauten (wie Baugrubenumschließungen), Maßnahmen für die Wasserhaltung, Bauhilfsstoffe oder bestehende Altbauten versichert sein sollen (Artikel 2 Z 2).
Vom Eintritt eines Versicherungsfalles ist allerdings nur auszugehen, wenn die Beschädigung unvorhergesehen ist und der Versicherungsnehmer oder der Versicherte nach den Regelungen der ÖNorm B 2110 (Pkt. 12.1) die Gefahr zu tragen hat. Das soll heißen: Wird die Bauleistung vor der Übernahme beschädigt, hat der (versicherte) Bauunternehmer die Gefahr zu tragen und ist aus der Bauwesenversicherung anspruchsberechtigt, nach der Übergabe ist dies der Bauherr.
Baumangel als unvorhergesehene Beschädigung?
Fraglich ist, ob allenfalls auch ein Baumangel als unvorhergesehene Beschädigung anzusehen ist. Für den Geschädigten hätte dies einen entscheidenden Vorteil: Er könnte von der Bauwesenversicherung Ersatz verlangen, und in weiterer Folge wäre es dann Sache der Versicherung, am Verursacher Regress zu nehmen. Tatsächlich hat der Oberste Gerichtshof (OGH) zur Abgrenzung des versicherten Schadens vom nichtversicherten Mangel bereits in einer älteren Entscheidung erkannt, dass nur ein vom Mangel klar abgrenzbarer Schaden gedeckt ist, wenn also eine Sache beschädigt wird, welche bereits mängelfrei hergestellt war (OGH 06. 11. 1986, 7 Ob 40/86). Unter dieser Voraussetzung – die Leistung wurde bereits mängelfrei fertiggestellt – können also Schäden aufgrund eines Baumangels sehr wohl von der Bauwesenversicherung gedeckt sein. Zu denken wäre etwa an die Beschädigung eines fertiggestellten Dachstuhles (Zimmerer-Gewerk) oder Rohbaus (Baumeister-Gewerk) als Folge eines ausgedehnten Wasserschadens, der vom Installateur verursacht wurde (unvorhergesehenes Ereignis). In diesem Fall kann der Geschädigte – ähnlich wie bei einer Kfz-Kaskoversicherung – den Schaden mit der Bauwesenversicherung abrechnen und muss nur im nichtgedeckten Umfang gegen den Verursacher selbst vorgehen.
Fazit
Die Bauwesenversicherung deckt Schäden an Bauleistungen, sofern diese unvorhergesehen eintreten. Grundsätzlich fallen auch Beschädigungen als Folge eines Baumangels unter die Deckung, allerdings nur dann, wenn eine bereits mängelfrei fertiggestellte Leistung beschädigt wird. Vergleichbar mit einer Kaskoversicherung kann der Geschädigte in einem solchen Fall den Schaden mit der Bauwesenversicherung abrechnen, statt gegen den Schädiger selbst vorzugehen.