Kalkulieren mit KI
Das Startup Cosuno hat innerhalb von wenigen Jahren die größte Plattform für Ausschreibungen am Bau in Deutschland und Österreich aufgebaut. Nun bietet man den Usern ein cleveres KI-Tool für die Kalkulation der Kosten.

„Keiner weiß genau, was bauen kostet.“ Christoph Berner, Co-Gründer der Ausschreibungsplattform Cosuno, hat eine klare Meinung – und die erläutert er auch: „Wenn ich zum Beispiel einen Trockenbau präzise kalkulieren möchte, muss ich zunächst Angebote einholen. Aber auch dann habe ich oftmals immer noch keinen wirklich zuverlässigen Überblick über das Preisniveau am Markt. Ich kann zum Beispiel drei Angebote bekommen und weiß trotzdem nicht, ob sie im Vergleich zum Markt teuer oder billig sind.“
Die Folge dieser Unsicherheit ist laut Berner offensichtlich. Er verweist auf eine Studie des Unternehmensberaters McKinsey. Demnach überschreiten 98 Prozent der Großprojekte am Bau ihr geplantes Budget – oft um bis zu 80 Prozent. Cosuno verspricht seinen Kunden eine Lösung, die ihnen deutlich mehr Klarheit und Sicherheit bei der Kalkulation bieten soll: Seit 1. Dezember 2024 bietet das deutsche Unternehmen mit Sitz in Berlin ein KI-gestütztes Tool, das eine ziemlich präzise Preisprognose für jede gewünschte Position aus einem Leistungsverzeichnis berechnet. „Unsere KI spart nicht nur wertvolle Zeit, sondern reduziert auch das Risiko von Fehlkalkulationen und verbessert die Entscheidungsqualität für alle Beteiligten“, meint Berner
Berner hat Cosuno 2019 gemeinsam mit seinen Partnern Fritz Cramer und Maximilian Seifert gegründet. Die drei Herren haben innerhalb von wenigen Jahren die größte Plattform für die Ausschreibung und Vergabe von Bauleistungen in Deutschland und Österreich aufgebaut. „Bis vor kurzen war es üblich, dass Ausschreibungen am Bau sehr manuell durchgeführt wurden“, erläutert Berner. „Leistungsverzeichnisse wurden händisch erstellt und per E-Mail oder Post verschickt. Anschließend wurde telefoniert.“ Cosuno hat diesen Prozess mit seiner Plattform digitalisiert. In einem ersten Schritt hat man eine Plattform etabliert, auf der Generalunternehmer Angebote von ausgewählten Nachunternehmern einholen können. In einem nächsten Schritt hat das junge Unternehmen den sogenannten „Cosuno Marktplatz“ geschaffen. Auf dem stellen die Generalunternehmer die gewünschten Positionen ein. Wer Interesse hat, legt ein Angebot. Berner: „Der große Vorteil des Marktplatzes ist, dass nur jene Nachunternehmer ein Angebot legen, die auch wirklich interessiert sind und Kapazitäten haben. Ich muss nicht zehn Anfragen verschicken, um eine Handvoll Angebote zu erhalten.“
Die Kunden dürften von diesem Service angetan sein. Cosuno legt jedenfalls rasant zu – von Flaute am Bau kann keine Rede sein: Das Unternehmen hat im Jahr 2024 ein Ausschreibungsvolumen von 27 Milliarden Euro abgewickelt. 2025 erwartet man 50 Milliarden Euro. 2024 wurden über die Plattform 8000 Angebote pro Monat gestellt, im Jänner 2025 waren es 12.000, im Februar 14.000. „Wir wachsen sehr stark“, so Berner ohne Übertreibung. Als Ergebnis dieses dynamischen Wachstums sitzt Cosuno mittlerweile auf einem veritablen Datenschatz mit detaillierten Zahlen aus mehr als 20 Millionen Leistungsverzeichnissen.
Und den nutzt das Unternehmen nun mit seiner neuen KI-Lösung. Diese Lösung hat man gemeinsam mit Experten aus Österreich von der TU Graz entwickelt. Die KI arbeitet folgendermaßen: In einem Leistungsverzeichnis werden üblicherweise vier Kriterien erfasst – der Kurztext (Beispiel: Verputze eine Wand von dreimal sechs Metern), der Langtext mit der detaillierten Beschreibung (Beispiel: Was für eine Wand? Aus welchem Material? Mit welcher Beschaffenheit?) sowie die Menge und die Einheit. „Die KI nimmt diese Informationen und versucht, wie ein Mensch zu verstehen, um welche Leistung es sich handelt: Was muss getan werden, um die Anforderungen zu erfüllen?“, beschreibt Berner.
In einem nächsten Schritt durchforstet die KI die vorliegenden Angebote in der Datenbank und ermittelt eine Preisspanne für die gewünschte Region – beispielsweise für den Bau einer Trockenbauwand in Wien und Umgebung. Als Ergebnis weist das Tool eine Preisspanne für die beschriebene Leistung aus. Der Vorteil: Diese Spanne ist deutlich geringer als jene, die sich für gewöhnlich aus einem Angebotsprozess ergibt. Dort weichen die Angebote im Schnitt um 40 Prozent nach oben und unten vom Durchschnittswert ab. Bei der Prognose der KI liegt die Abweichung im Schnitt nur bei 20 Prozent. Die Genauigkeit der Prognose variiert dabei, je nach abgefragter Leistung: Bei Leistungen, die sehr oft angeboten werden, beträgt die Abweichung oftmals nur 10 bis 15 Prozent, bei Leistungen, die weniger gefragt sind, liegt sie darüber. Berner: „Mit dieser relativ präzisen Preisprognose ist es für den Bauherren möglich, eine genaue Kostenkalkulation für sein Projekt zu erstellen.“
Und der Bauherr kann nicht nur besser kalkulieren, er gewinnt auch Zeit. „Bislang habe ich als Bauträger drei bis fünf Angebote einholen müssen, um dann in die Verhandlung gehen zu können“, meint der Cosuno-Co-Gründer. „Nun kann ich sofort auf Basis des Marktpreises, den mir die KI ausweist, mit den Anbietern verhandeln.“
Als weiteres nützliches Feature bietet die KI zudem Support bei der Erstellung des Leistungsverzeichnisses. Bislang werden diese in der Regel per Excel oder einem anderen ähnlichen Software-Tool händisch erstellt. Oder ein Leistungsverzeichnis wird von einem Projekt auf das andere übertragen und notwendige Anpassungen vorgenommen. Die Cosuno-Macher versprechen hier ebenfalls eine große Arbeitserleichterung durch ihre KI: „Die Erstellung des Leistungsverzeichnisses kann mit unserem Tool weitgehend automatisiert werden“, erläutert Berner. „Sobald der User einen Kurztext eingibt, erkennt die KI die Beschreibung, vervollständigt sie und schlägt alle weiteren Positionen vor, die bei ähnlichen Projekten Teil des Leistungsverzeichnisses gewesen sind.“
Noch nicht ganz so weit ist man beim Thema „Qualitätssicherung“. Die Idee: Die KI überprüft das Leistungsverzeichnis automatisch. Wenn zum Beispiel ein Fenster ausgeschrieben wird, checkt das System, ob der User alle wichtigen dazugehörigen Positionen berücksichtigt hat. Etwa: Hat er an die Fensterbank gedacht, oder sind die Einmessungen erfasst? Fehlt etwas, fragt die KI, ob es ergänzt werden soll. Allzu lange müssen die Kunden auf dieses Service ebenfalls nicht mehr warten. Berner: „Wir wollen die Funktion ab dem dritten Quartal 2025 implementieren.“