Rechnungslegung bei strittigen Leistungen
Vertragliche Formalismen, die über die bloße Überprüfbarkeit hinausgehen, dürfen keinem Selbstzweck folgen oder gar die Rechnungslegung verunmöglichen.
In Bauverträgen sind regelmäßig Anforderungen an die Rechnungslegung vorgesehen, die den Auftraggeber nicht nur bei Unüberprüfbarkeit der Rechnung, sondern auch bei Nichterfüllung vertraglicher Formvorschriften zur Verweigerung der Rechnungsannahme berechtigen sollen. Problematisch sind derartige Bestimmungen insbesondere dann, wenn bestimmte Formalismen nur bei Mitwirkung des Auftraggebers (etwa eine „Bestellung“ durch den Auftraggeber) erfüllt werden können. Ungeregelt bleiben nämlich i. d. R. jene Fälle, in denen die Mitwirkung des Auftraggebers strittig ist bzw. dieser die Mitwirkung überhaupt verweigert.
Fälligkeit des Werklohns
Die Fälligkeit des Werklohns hängt nach ständiger Rechtsprechung des OGH bei Fällen, bei denen die Ermittlung des Werklohnanspruchs nach der Natur des Geschäfts oder den Umständen des Falls eine genaue Abrechnung der erbrachten Leistungen und
Kosten voraussetzt, von der ordnungsgemäßen Rechnungslegung ab. Dies trifft bei Bauverträgen insbesondere dann zu, wenn Einheitspreise oder Regiepreise vereinbart sind, weil hier das Entgelt nicht im Vorhinein fix vereinbart ist.
Rechtsnatur der Rechnung
Nach allgemeiner Rechtslage ist eine Rechnung eine bloße Beweisurkunde über eine Forderung. Das Bestehen der in Rechnung gestellten Forderungen hängt aber nicht von der Existenz der Rechnungsurkunde ab. Vielmehr soll mit der Rechnung gegenüber dem Auftraggeber als Rechnungsempfänger klargestellt werden, was ihm der Auftragnehmer für die erbrachten Leistungen verrechnet. Eine Rechnung ist daher die Deklaration einer vom Auftragnehmer angesprochenen Forderung, jedoch keine rechtsbegründende, rechtsgeschäftliche Erklärung.
Grenzen der Anforderungen an die
Rechnungslegung
Nach der Regelung der ÖNorm B 2110 muss eine Rechnung überprüfbar sein, andernfalls der Auftraggeber berechtigt ist, die Rechnung dem Auftragnehmer zur Berichtigung zurückzusenden. War die Zurücksendung wegen Unüberprüfbarkeit der Rechnung berechtigt, tritt die Fälligkeit der begehrten Zahlung nicht ein. Der Grundsatz der Überprüfbarkeit von Rechnungen für den Eintritt der Fälligkeit gilt aber auch bei Verträgen, bei denen die ÖNorm B 2110 nicht vereinbart ist. Zweck einer ordnungsgemäßen, nachvollziehbaren Rechnungslegung ist aber, dem Auftraggeber die Überprüfung des begehrten Anspruchs zu ermöglichen. Der Auftraggeber hat insofern eine Mitwirkungspflicht an der Rechnungslegung, als er die Abrechnungsfehler und angeblichen Berechnungsfehler darzulegen hat. Vereinbarte Formalismen sollen eine zuverlässige und rasche Klärung des Anspruchs ermöglichen, verfolgen aber keinen Selbstzweck. Auch eine fehlerhafte Rechnung hindert den Auftragnehmer daher nicht, seinen Anspruch geltend zu machen.
Fazit
Zusammenfassend ist festzuhalten: Zwar hängt die Fälligkeit des Werklohnanspruchs insbesondere bei Einheitspreis- und Regiepreisverträgen von der Legung einer ordnungsgemäßen Rechnung ab, der Werklohnanspruch selbst wird aber nicht erst durch die Rechnungslegung begründet. Vertragliche Formalismen, die über die bloße Überprüfbarkeit der Rechnung hinausgehen, dürfen keinen Selbstzweck verfolgen, nur vom Willen des Auftraggebers abhängen und so im Ergebnis dazu führen, dass strittige Leistung nicht in Rechnung gestellt werden können.