Baurecht

Bau oder nicht Bau – das ist die Frage

09.04.2025

Ob ein Auftrag als Bau-, Liefer- oder Dienstleistungsauftrag zu werten ist, entscheidet nicht nur über das Vergabeverfahren, sondern kann auch für Gerichtskosten eine Rolle spielen. Ein aktueller Fall zeigt, dass es sich lohnt, bei gemischten Aufträgen ganz genau hinzusehen.

Das Vergaberecht unterscheidet drei Auftragsarten: Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge. In vielen Fällen liegt aber kein „sortenreiner“ Auftrag vor, sondern eine Mischung. So kann ein Bauauftrag etwa auch Wartungsleistungen beinhalten, oder beim Kauf von Software sind Schulungen inkludiert. Die rechtliche Einordnung dieser Mischformen ist alles andere als bloße Theorie – sie hat konkrete Auswirkungen auf Schwellenwerte und Verfahrensregeln.

Unterschiedliche Schwellenwerte

Je nach Auftragsart gelten unterschiedliche Schwellenwerte für den sogenannten Oberschwellenbereich – also jenen Bereich, in dem die EU-Vergaberichtlinien zur Anwendung kommen. Für Bauaufträge öffentlicher Auftraggeber liegt dieser aktuell bei netto 5.538.000 Euro, für Liefer- und Dienstleistungsaufträge hingegen bereits bei 221.000 Euro, bei zentralen Auftraggebern sogar bei nur 143.000 Euro. Sind Bauleistungen enthalten, ist laut Bundesvergabegesetz der sogenannte „main object test“ entscheidend: Die rechtliche Einordnung richtet sich nach dem Hauptgegenstand des Auftrags.

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Beispiele aus der Praxis

Ein Gebäudeabbruch samt Abtransport und Deponierung des Materials ist ein typischer Mischauftrag. Bei einem geschätzten Auftragswert von vier Millionen Euro befindet man sich im Unterschwellenbereich, da der Schwerpunkt auf der Bauleistung liegen wird (dem Freimachen des Grundstücks). Anders kann es bei einer Altlastensanierung aussehen, auch wenn der Auftragswert nur bei 500.000 Euro liegt. Hier steht meist die Entsorgung von gefährlichen Stoffen im Vordergrund, also eine Dienstleistung; daher liegt der Auftrag im Oberschwellenbereich. Je nachdem, welche Leistung den Kern des Auftrags bildet, greifen unterschiedliche vergaberechtliche Bestimmungen.

Ein kostspieliger Unterschied

Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich kürzlich mit einem solchen gemischten Auftrag zu befassen: Es ging um die Planung, Errichtung und den Betrieb einer Multifunktionshalle – also eine Kombination aus Bau- und Dienstleistungen. Im konkreten Fall war nicht die Frage der Schwellenwerte relevant, sondern die Höhe der Pauschalgebühren, die ein Antragsteller bei Gericht zu zahlen hatte. Diese Gebühren sind bei Dienstleistungsaufträgen deutlich niedriger als bei Bauaufträgen. Die Differenz betrug fast fünfzigtausend Euro.
Das Verwaltungsgericht stufte den Auftrag als Bauleistung ein – mit der knappen Begründung, die Bauarbeiten würden überwiegen und den Auftrag prägen. Die Dienstleistungen seien dagegen nachrangig.

VWGH verlangt Differenzierung

Dem Verwaltungsgerichtshof war diese Begründung zu oberflächlich. Er hob die Entscheidung teilweise auf. Das Gericht hätte laut VwGH prüfen müssen, was die „den Leistungsgegenstand prägenden wesentlichen Verpflichtungen“ sind. Nur so könne festgestellt werden, welchen Bedarf der Auftraggeber mit dem Auftrag tatsächlich abdecken will. Der jeweilige Wert einzelner Leistungen sei zwar ein Kriterium, aber eben nur eines von mehreren, die in die Abwägung einfließen müssen.