Recht & Service

Kleiner Fehler – große Wirkung

20.03.2025

So praktisch sie sind: in elektronischen Vergabverfahren lauern Fehlerquellen. Ein Unternehmer hat beim Hochladen von nachgeforderten Dokumenten versehentlich nicht auf „Senden“ geklickt. Sein Versuch, diesen Fehler juristisch ungeschehen zu machen ist gescheitert.

Die vollständige elektronische Durchführung von Vergabeverfahren (auch „e-Vergabe“ genannt) ist seit Jahren üblich und weithin bekannt. Ein Vergabeverfahren auch nur teilweise nicht-elektronisch durchzuführen (also etwa dadurch, dass Angebote oder andere Unterlagen der Bieter per Post im Original einlangen müssen), ist nicht nur in der Praxis bereits sehr selten, sondern zumindest im Oberschwellenbereich – also bei Geltung der EU-Vergaberichtlinien (das ist bei Bauaufträgen derzeit ab einem geschätzten Auftragswert von EUR 5,538 Mio netto) – auch nicht zulässig. Nur in ganz wenigen Ausnahmefällen darf im Oberschwellenbereich davon abgewichen werden (z.B., soweit mit einem Angebot auch physische Modelle zu übermitteln sind).

Teilnahme für alle

Der Auftraggeber muss für die e-Vergabe einen nicht-diskriminierenden Weg wählen; es muss also allen Unternehmern eine Teilnahme möglich sein, der Weg muss „mit den allgemein verbreiteten Erzeugnissen der Informations- und Kommunikationstechnologie kompatibel sein“ (§ 48 Abs. 5 Bundesvergabegesetz 2018). Die gängigen Vergabeplattformen, die am Markt zum Einsatz kommen, entsprechen diesen Voraussetzungen.
Trotz der Vorteile der e-Vergabe gibt es auch damit verbundene spezifische Risiken, insbesondere für die teilnehmenden Unternehmer.

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Torschlusspanik

Das häufigste Problem ist, dass ein Unternehmer das Hochladen des Angebots auf die vom Auftraggeber zur Verfügung gestellte Vergabeplattform sehr knapp vor Ende der Angebotsfrist vornimmt (oder besser, vorzunehmen versucht). Wenn es dann aus irgendeinem technischen Grund (z.B. Stromausfall, Überlastung eines Servers, Probleme bei der sicheren elektronischen Signatur) nicht funktioniert, ist das für alle Beteiligten unangenehm, und ein Anruf beim Auftraggeber 15 Minuten vor Ende der Angebotsfrist kann auch nur mehr selten helfen. Auch der – fallweise von einem in Panik verfallenden Unternehmer gewählte – vermeintliche Ausweg, das Angebot noch schnell per E-Mail an den Auftraggeber zu senden, hilft oft nicht weiter, wenn nämlich dieser Weg in den Ausschreibungsunterlagen ausdrücklich ausgeschlossen ist.
Daher kann man jedem Unternehmer nur anraten, einen ausreichenden Zeitpuffer bei der Angebotsabgabe vorzusehen. Eine zu frühe Abgabe kann dagegen kaum zum Problem werden, denn das Bundesvergabegesetz 2018 enthält ausdrücklich die Bestimmung, dass ein Bieter vor Ablauf der Angebotsfrist von seinem Angebot zurücktreten oder dieses ändern darf.

Ein Klick zu wenig

Eine aktuelle Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs beschäftigte sich mit einem besonders unangenehmen Vorfall: Ein Unternehmer hatte rechtzeitig einen Teilnahmeantrag in einem zweistufigen Verfahren abgegeben. Wie dies häufig der Fall ist, forderte der Auftraggeber fehlende Eignungsnachweise nach. Der Unternehmer lud diese Nachreichungen auf die Vergabeplattform hoch und speicherte sie dort ab. Er betätigte aber – wohl versehentlich – nicht auch die Schaltfläche „Senden“. Dadurch standen diese nachgereichten Unterlagen dem Auftraggeber nicht zur Verfügung (der Unternehmer selbst hätte sie noch bearbeiten können). Nachdem die Frist für die Nachreichung abgelaufen war, teilte der Auftraggeber dem Unternehmer die Nicht-Zulassung zur 2. Stufe des Vergabeverfahrens mit.

Das Risiko liegt beim Unternehmer

Diese Entscheidung des Auftraggebers bekämpfte der Unternehmer beim zuständigen Verwaltungsgericht, und, nachdem dieses seinen Antrag abgewiesen hatte, durch Revision beim VwGH. Dieser bestätigte aber die Entscheidung des Verwaltungsgerichts: Es komme darauf an, dass dem Auftraggeber die Daten des Unternehmers auch zur Verfügung stünden. Die bloße Speicherung der Daten ohne Zugriffsmöglichkeit des Auftraggebers bedeute nicht, dass sie dem Auftraggeber zugegangen sind. Das Risiko für solche Fehler liegt also grundsätzlich beim Unternehmer.

AUTOR

© Christian Hofer

RA Mag. Thomas Kurz ist Rechtsanwalt bei Heid und Partner ­Rechts­­­anwälte GmbH, ­Kundmanngasse 21, A-1030 Wien

www.heid-partner.at