Recht

OGH klärt Streit über Mehrkosten

Der OGH machte im Rahmen eines Streitfalles eine wichtige Klarstellungen zur Korrektur der Schlussrechnung. Der Fall betraf Streitigkeiten zwischen den Parteien über Mehrkosten aufgrund von Baustellenverzögerungen.

Die Parteien stritten über Mehrkosten, die durch Baustellenverzögerungen entstanden waren. Die Klägerin hatte diese Mehrkosten nach Zeiträumen und Stundenanzahl aufgeschlüsselt und inhaltlich konkretisiert (Kontroll-, Koordinierungs- und Organisationsverpflichtungen, Einsicht in die Projektmanagementplattform etc).
Die Klägerin kündigte diese Mehrkosten mehrfach an und nahm sie in die Schlussrechnung auf. In der Korrespondenz, in der die Beklagte die vollständige Zahlung ablehnte, wies die Klägerin darauf hin, dass sie die Mehrkosten vorsorglich angemeldet und das entsprechende Schreiben mit der Schlussrechnung übermittelt hatte.
Trotzdem lehnte die Beklagte die Zahlung ab und korrigierte die Schlussrechnung, indem sie zwei Positionen strich. Die Klägerin kündigte daraufhin rechtliche Schritte an.

Was genügt – und was nicht

Ausreichender Vorbehalt: Aufgrund der eingeschränkten Streitpunkte und der vorherigen Korrespondenz war für die Beklagte klar erkennbar, gegen welche Positionen sich der Vorbehalt richtete.
Begründung des Vorbehalts: Der OGH stellte klar, dass die Verpflichtung zur schriftlichen Begründung des Vorbehalts keine unnötigen Hürden aufstellen darf. Es genügt, wenn die Ansprüche erkennbar individualisiert sind und der Standpunkt des Werkunternehmers erkennbar wird. Eine Begründung muss nicht zwingend im Vorbehalt selbst enthalten sein; auch der Verweis auf bereits bekannte, frühere Unterlagen ist ausreichend. Fehlt eine Begründung, führt dies nicht zur Verfristung des Werklohnanspruchs, solange dem Werkbesteller klar ist, warum der Werkunternehmer auf seiner Restforderung besteht – etwa aufgrund von Gesprächen über die Abstriche.
Eine schriftliche Erklärung, dass der Werkunternehmer „die Abstriche beeinspruche“ und „die Korrekturen falsch seien“, stellt meist keinen begründeten Vorbehalt dar. Eine Bezugnahme auf ein spezifisches, datiertes Schreiben wurde jedoch als ausreichend erachtet. Ein allgemeiner Verweis auf den geführten Schriftverkehr über die nicht anerkannten Abrechnungsdifferenzen genügt jedoch nicht.
Punkt 8.4.2 der Önorm B 2110 regelt zwei Fälle: Zum einen, dass Forderungen, die nicht in der Schlussrechnung enthalten sind, nachträglich geltend gemacht werden. Zum anderen, dass die Schlusszahlung vom Rechnungsbetrag abweicht. Der Zweck dieser Bestimmung ist es, rasch Klarheit über die Abrechnung zu schaffen. Eine ‚Önorm-Verfristung‘ tritt nicht ein, wenn dem Werkbesteller klar ist, warum der Werkunternehmer auf seiner Restforderung besteht.

Fehlende nachträgliche Vorbehalte

Das Unterlassen eines nachträglichen Vorbehalts wird als Abstandnahme von zuvor erklärten Vorbehalten gewertet. Vor der Schlussrechnung oder der Annahme der davon abweichenden Schlusszahlung abgegebene Erklärungen reichen nicht aus, um einen Vorbehalt zu begründen. Andernfalls würde die Önorm-Bestimmung ihrer Zielsetzung nicht gerecht werden, weil dann jeder zuvor im Verlauf des Bauvorhabens geäußerte Vorbehalt geprüft werden müsste.

Was entscheidend ist

Die Entscheidung des OGH verdeutlicht, dass die Anforderungen an die schriftliche Begründung eines Vorbehalts nicht überspannt werden dürfen. Ziel der einschlägigen Önorm-Bestimmung ist es, Klarheit über die Abrechnung zu schaffen. Entscheidend ist, dass der Werkbesteller erkennt, warum der Werkunternehmer auf seiner Restforderung besteht. Eine fehlende schriftliche Begründung führt nicht zur Verfristung, wenn der Werkbesteller dennoch nachvollziehen kann, warum der Werkunternehmer auf seiner Restforderung besteht.

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