Anwenderbericht

Vom Reinraum bis ins Parlament

Digitalisierung
16.02.2024

Als Ein-Mann-Betrieb startete die Tischlerei Scheschy 1955 im Ortszentrum der oberösterreichischen Gemeinde Neufelden. Insbesondere das Gesundheitswesen – Einrichtungen für Artztpraxen und Krankenhäuser – entwickelte sich im Lauf der Jahre zu einem wichtigen Standbein des Unternehmens. Eines, das sich von ursprünglich meist regionalen Kunden geografisch auf die gesamte DACH-Region ausgeweitet hat. Heute ist man aber auch stark für die Hotellerie tätig, für Schulen, Wohnheime, im Ladenbau und sogar Rein- und Reinstraumkabinen für die Pharmaindustrie kann man bei den Neufeldern bekommen. Der bisher wohl prestigeträchtigste Auftrag umfasste zahlreiche Einrichtungselemente im frisch sanierten Parlament in Wien.
Parlament in Wien
Das sanierte Parlament in Wien

Komplexer Maschinenpark

Heute beschäftigt Gerhard Scheschy, der das Familienunternehmen seit 1995 in zweiter Generation leitet, rund 180 Mitarbeiter und hat 8.000 Quadratmeter Grundfläche zur Verfügung. Der Erfolg ist eng mit kontinuierlicher technologischer Modernisierung verknüpft.

„Wir müssen immer wieder unseren Maschinenpark erneuern und auch die EDV überdenken“, sagt Scheschy. „Es braucht ein gewisses Maß an Automatisierung, um hohe Qualität und Effizienz zu garantieren.“

Bei der technischen Ausstattung im Betrieb setzt er auf Durchgängigkeit. Ein Flickwerk aus vielen verschiedenen Anbietern ist nicht seine Sache. Für den Maschinenpark bedeutet das, dass hier Produkte von Homag dominieren. Softwareseitig setzt man auf den Anbieter CAD+T mit Stammsitz in Ansfelden bei Linz, dessen Software von der 3D-CADPlanung bis zur Bearbeitung auf den CNCMaschinen im Einsatz ist.

„Wir haben uns sechs oder sieben Anbieter angesehen“, erinnert sich Scheschy. „Die Kompetenz im persönlichen Gespräch und die innovativen Funktionen des Systems haben dann den Ausschlag gegeben.“

Zudem war es von wesentlicher Bedeutung, dass die Software in der Lage ist, den komplexen Maschinenpark im Hintergrund automatisch mit Daten zu beliefern und der Produktionsablauf aufgrund der Teilebeschaffenheit vorgegeben wird. Gilt es beispielsweise, ein Krankenhaus mit mehreren hundert Räumen einzurichten, bekommt natürlich nicht jeder Raum die exakt gleiche Ausstattung.

Diese Unterschiede spiegeln sich in den Stücklisten wider, die an die Produktionsmaschinen übergeben werden. Idealerweise wird die Einrichtung für zusammengehörende Räume auch zusammen gefertigt. Zusammengehörende Produkte werden dann kompakt am Warenausgang für die Abholung gestapelt. „Das funktioniert jetzt sehr gut bei uns“, lobt der Unternehmer.

Hotel Königswieserhof
Das Hotel Königswieserhof in Königswiesen (Oberösterreich)

Neue Materialwelten

Jedes Projekt beginnt mit dem Raum. „Wir denken immer vom Raum weg“, sagt Scheschy. „Dann suchen wir die für diesen Raum und die Einrichtung passenden Materialien aus.“ Auch wenn Stahl, Glas, Kunststoffe und Mineralstein das Werkstoffsortiment immer stärker bestimmen, ist Holz keineswegs ein Exot geworden.

„Wir kommen natürlich vom Holz, mussten uns aber auch in andere Materialwelten hineinentwickeln“, meint Scheschy. „In Bereichen wie zum Beispiel der Hotellerie haben wir nach wie vor viel Massivholz im Einsatz.“ Sobald die einzurichtenden Räume vermessen und die technischen Pläne erstellt sind, geht das Projekt an die Arbeitsvorbereitung. „Hier muss man sich damit auseinandersetzen, wie das Möbel im Detail konstruiert wird, aus welchen Teilen es besteht und aus welchen Materialien“, erklärt Scheschy. „Dabei geht das Gestalterische in die Technik über.“

In der Software von CAD+T haben die Entwickler von Scheschy einen Katalog aus „Dummies“ für häufig wiederkehrende Mö- bel und einzelne Komponenten aufgebaut – Korpusseitenteile, Rückwände, Fronten und Ähnliches. Diese müssen lediglich aus dem Katalog in die jeweilige Zeichnung gezogen werden und stehen dann sofort darin zur Verfügung, können in der Größe angepasst und mit Farben und Oberflächen belegt werden.

Über ein eigenes Tool im Konstruktionsmodul von CAD+T, dem „KON“, werden danach Beschläge und Verbindungen automatisch, basierend auf Basis hinterlegter Regeln, platziert. „KON“ erkennt die Berührungsflächen und liefert automatisch die Daten für die nötigen Bearbeitungen mit. Für die Kantenbelegung hat Scheschy ein eigenes Programm entwickelt, das über die Stückliste läuft und die Teile automatisiert korrekt bekantet.

Sobald die Zeichnung fertig ist, können nicht nur Stücklisten per Knopfdruck erstellt werden, sondern auch Maschinenprogramme und GLB-Dateien. Letzteres ist ein 3D-Format, das es erlaubt, die fertig konstruierten Produkte beliebig zu drehen, zu zoomen und ähnlich wie bei einer Explosionszeichnung Details anzuzeigen. Genutzt wird das als Hilfestellung für die Monteure sowohl in der Vormontage in der Werkstatt als auch bei der Endmontage beim Kunden. Dafür wurde bei Scheschy ein eigenes Darstellungsprogramm, bzw. – für die mobile Anwendung – eine App programmiert.

Raiffeisen Corner
Der Raiffeisen Corner in St. Pölten

Losgröße Eins als Leitidee

Von 2022 bis 2024 hat das Unternehmen seinen Maschinenpark erneuert und erweitert. Mit einem automatischen Plattenlager, dynamischer Lagerhalterung, vollautomatisierter Zuschnittanlage, Kantenanleimmaschinen, CNC-Anlage, Bearbeitungszentren und Robotersteuerung hat sich Scheschy optimal für die Zukunft gerüstet.

Trotz des hohen Automatisierungsgrades sieht er seinen Betrieb nicht als Industrieunternehmen mit Massenfertigung. Natürlich gibt es immer wieder einmal Produkte, die sich wiederholen“, sagt er. „Aber grundsätzlich gehen wir immer von Losgröße Eins aus.“

Standardisierte und damit zeitoptimierte Prozesse sind ihm Mittel zum Zweck der Individualisierung, nicht der industriellen Massenware. Ein Projekt, das ebenfalls in diese Richtung weist, könnte die Umstellung der Kennzeichnungstechnologie von Barcodes auf RFID, gemeinsam mit CAD+T sein. RFID ermöglicht kontaktlose und automatisierte Teileverfolgung über einzelne Produktionsbereiche oder den gesamten Betrieb von der Anlieferung der Rohmaterialien bis zur Montage.

Noch ist es nur eine Idee im Kopf des technikaffinen Unternehmers. Aber eines ist ihm klar: „Es gibt immer wieder Neuerungen, die EDV bleibt nie stehen.

Gerhard Scheschy
Geschäftsführer Gerhard Scheschy
Branchen
Tischlerei