Arbeitszeitkalender
Sozialpartner-Empfehlung für 2025
Im Jahr 1996 führten die Kollektivvertragsparteien im Bauhauptgewerbe (Baugewerbe und Bauindustrie) sowohl das Arbeitszeitmodell kurze/lange Woche als auch das Modell lange/lange/kurze Woche ein. Das Modell kurze/lange-Woche ist in der Praxis weitaus häufiger anzutreffen.
Wie funktioniert das Modell?
Die kurz/lang-Modelle zeichnen sich dadurch aus, dass die Zahl der Arbeitstage pro Woche unterschiedlich ist. Es gibt kurze Wochen, die von Montag bis Donnerstag dauern und lange Wochen, die für alle Tage von Montag bis Freitag Arbeitszeit vorsehen. Die Arbeitszeit, die am Freitag der kurzen Woche entfällt, wird auf die übrigen Arbeitstage beider Wochen (also sowohl in der kurzen als auch in der langen Woche) verteilt. Damit lässt sich das Modell dem Grunde nach so gestalten, dass die tägliche Normalarbeitszeit nicht über neun Stunden hinausgehen muss.
Ist der Kurz/lang-Kalender verpflichtend?
Im Kollektivvertrag sind verschiedene Voraussetzungen enthalten, die bei der Arbeitszeiteinteilung zu beachten sind (z.B. nicht mehr als zwei lange Wochen hintereinander, Wochen mit einem Feiertag am Freitag sind zwingend lange Wochen). Es ist daher gar nicht so einfach, die kurzen und langen Wochen vorschriftsgemäß in einer praktikablen Abfolge festzulegen.
Um dem Praktiker zu helfen, wird jedes Jahr im Vorhinein von den Bau-Sozialpartnern eine gemeinsame Empfehlung herausgegeben. Wer sich an die Empfehlung hält, hat die Gewissheit, dass einerseits alle rechtlichen Vorgaben entsprechend berücksichtigt werden, andererseits aber auch praktische Aspekte nicht zu kurz kommen (z.B. Vermeidung von häufigen Rhythmus -Wechseln).
Eine rechtliche Verpflichtung zur Umsetzung dieser Empfehlung besteht aber – wie der Name schon verrät – nicht. Wer für seinen Betrieb Abweichungen vornimmt, muss aber dennoch alle rechtlichen Vorgaben einhalten.
Was bedeuten die roten und die schwarzen Wochen im kurz/lang-Kalender?
Der Kollektivvertrag sieht insgesamt drei kurz/lang-Modelle vor, und zwar zwei für das System kurze/lange-Woche sowie ein lange/lange/kurze-Woche-Modell. Die Existenz von zwei kurz/lang-Modellen lässt sich nur historisch begründen und die Unterscheidung ist seit der Einführung des Taggeld-Systems im Jahr 2004 auch nicht mehr von grundlegender Bedeutung. Da der Kollektivvertrag in diesem Punkt aber nicht geändert wurde, enthält er nach wie vor beide Modelle (§§ 2B und 2C Kollektivvertrag Bauindustrie/Baugewerbe).
Beide kurz/lang-Modelle können ganzjährig angewendet werden. Anderes gilt für das lang/lang/kurz-Modell, das nur in 30 Kalenderwochen, die zwischen April und November liegen müssen, zulässig ist. Dieses Modell sieht grundsätzlich einen Rhythmus von zwei langen und einer kurzen Woche vor. In der Sozialpartnerempfehlung wird dieses Modell graphisch in roter Farbe dargestellt, die beiden kurz/lang-Modelle hingegen in schwarzer Farbe.
Warum gibt es immer wieder Rhythmus-Wechsel?
Es gibt zwar keine rechtliche Verpflichtung, die für Fenstertage (Zwickeltage) Arbeitsleistungen verbieten, sie sind aber in der Praxis nicht beliebt und werden daher in der Sozialpartner-Empfehlung nach Möglichkeit vermieden. Eine Woche mit einem Feiertag am Donnerstag sollte daher tunlichst eine kurze Woche sein.
Nun liegen aber Christi Himmelfahrt und Fronleichnam jedes Jahr genau drei Wochen auseinander, auch wenn die kalendermäßige Lage dieser Feiertage variiert. Wäre bei einem strikt abwechselnden Rhythmus die Woche von Christi Himmelfahrt eine kurze Woche, müsste jene von Fronleichnam zwingend lang sein. Aus diesem Grund gibt es im Frühjahr also immer einen Rhythmuswechsel. Meistens führt die Lage eines anderen Fenstertags oder Feiertags-Freitag dazu, dass noch ein zweiter Rhythmuswechsel während des Jahres erfolgt.
Fenstertag am Montag
Die kurze Woche umfasst die Arbeitstage von Montag bis Donnerstag (Dienstag bis Freitag als generelle Alternative ist also unzulässig). Fällt ein Feiertag auf einen Dienstag, würde dies also bedeuten, dass der Montag (als Fenstertag bzw. Zwickeltag) ein Arbeitstag ist. Allerdings ermöglicht § 4 Abs 3 AZG bei Feiertagen eine Einarbeitung von Fenstertagen. Das führt dazu, dass faktisch in einer solchen kurzen Woche ausnahmsweise auch auf den Freitag Normalarbeitszeit fallen kann (dafür ist der Montag frei). Da die gesetzliche Ermächtigung aber an den Feiertag anknüpft, gilt diese Ausnahme auch nur für die Fenstertage und ist keine generelle Ermächtigung für eine von Dienstag bis Freitag dauernde kurze Woche. Solche Einarbeitungen finden sich fast jedes Jahr im Kalender.
Freitags-Feiertagsregelung: Nachteil für den Arbeitgeber?
Die Regelung, dass ein Feiertag, der auf einen Freitag fällt, zwingend eine lange Woche ist, wird gelegentlich als versteckter Vorteil der Arbeitnehmer gewertet. Vergleicht man die Regelung aber mit der Fünf-Tage-Woche, stellt man fest, dass dem Arbeitgeber eigentlich kein Nachteil daraus erwächst. Dies hängt mit der längeren Arbeitszeit an den einzelnen Arbeitstagen zusammen. Dazu folgendes Beispiel:
Fünf-Tage-Woche: In einen Zeitraum von zwei Wochen fallen neun Arbeitstage, wobei am Feiertags-Freitag die Arbeit entfällt. Daher wird in diesem Betrieb an insgesamt acht Tagen je acht Stunden, an einem Freitag sieben Stunden gearbeitet. Das ergibt 71 Stunden Arbeitsleistung und einen Entgeltanspruch für 78 Stunden.
Kurze-lange-Woche: In einen Zeitraum von zwei Wochen fallen acht Arbeitstage, wobei an beiden Freitagen die Arbeit entfällt. Daher wird in diesem Betrieb an insgesamt acht Tagen je neun Stunden gearbeitet. Das ergibt 72 Stunden Arbeitsleistung und einen Entgeltanspruch für 78 Stunden.
Die Vergleichsrechnung kann zwar mit anders liegenden Arbeitszeiten auch anders ausfallen, zeigt aber, dass die Regelung nicht a priori arbeitgeberfeindlich ist.
Mehr- und Minderkosten
Durch das Verteilen der Arbeitszeit des kurzen Freitags auf die anderen Tage sinkt die Zahl der Arbeitstage. Das ist für den Arbeitgeber im Hinblick auf die Vergütung von Fahrtkosten (egal, ob der Arbeitgeber diese den Arbeitnehmern vergütet oder für die Kosten des Naturaltransports aufkommt) und im Hinblick auf das Taggeld im Vergleich zur Fünf-Tage-Woche jedenfalls ein Vorteil.
Allerdings ist die Arbeitszeit an den einzelnen Tagen im Modell kurze/lange-Woche tendenziell länger, was bei Forcierungsarbeiten rascher zu Mehrkosten führen kann – etwa beim Taggeld, wo dann möglicherweise die 9-Stunden-Grenze überschritten wird. Auch besteht weniger Flexibilität bis zum Erreichen der höchstzulässigen Arbeitszeit, wobei dieses Problem durch die AZG-Novelle 2018 deutlich verringert wurde.
Herausforderungen in der Lohnverrechnung
Der Freitag der kurzen Woche ist ein eingearbeiteter Tag, an dem Zeitausgleich konsumiert wird. Das hat zur Folge, dass der Freitag der kurzen Woche idR anders zu behandeln ist als der arbeitsfreie Tag bei einem durchgehenden Arbeitszeitmodell mit vier Tagen.
Damit ist der Kündigungstermin in den kurz/lang-Modellen der Freitag, und zwar auch in der kurzen Woche. Richtigerweise ist ein Arbeiter daher mit Freitag und nicht mit Donnerstag bei der ÖGK abzumelden.
Insbesondere bei Ansprüchen, die im Gesetz nach Wochen bemessen sind (z.B. Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankenstand), in der Praxis aber iaR nach Tagen abgerechnet werden, spielt die Behandlung des Freitags der kurzen Woche eine wichtige Rolle und wirft einige Fragen auf. Eindeutig ist, dass Urlaub oder Krankenstand, der die ganze kurze Woche umfasst (also Montag bis Donnerstag), als ganze Woche und daher mit fünf Tagen zu werten ist.
In den anderen Fällen ist die Behandlung strittig und höchstgerichtlich nicht geklärt. Dabei ist aber stets zu beachten, dass der Freitag der kurzen Woche dem Zeitausgleich dient. Dies kann er aber nicht, wenn er z.B. als Urlaubstag gewertet wird. Das hätte dann zur Folge, dass aus der Überschreitung der wöchentlichen Normalarbeitsgrenze in der langen Woche Überstunden resultieren, weil sie in der korrespondierenden kurzen Woche nicht abgebaut werden können. Um dieses Problem zu vermeiden, empfiehlt es sich, den Freitag der kurzen Woche bei bloß tageweisem Urlaubskonsum nicht als Urlaubstag zu werten.
Was gilt für Angestellte?
Bei den Bauangestellten sieht der Kollektivvertrag nur ein kurz/lang-Modell vor; das Modell lange/lange/kurze Woche kann also mit Angestellten nicht vereinbart werden. Hier gibt es keine Empfehlung der Kollektivvertragsparteien. Aus praktischen Gründen empfiehlt es sich, die für die Arbeiter geltende Empfehlung zu verwenden.
Eine mögliche Alternative wäre hier auch die Festlegung des Urlaubskontigents mit 23 Urlaubstagen (bzw. 27 Urlaubstagen bei sechs Wochen), was sich aus einer Umrechnung auf 4,5 Tage pro Woche ergibt. In diesem Fall dürften aber konsequenterweise alle Freitage der kurzen Woche nicht als Urlaubstag gerechnet werden (weil sie im Kontingent schon berücksichtigt sind).
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