Qualifikationsniveau
Baumeister dem NQR- Niveau VII zugeordnet
Die Vergleichbarkeit von unterschiedlichen, nationalen Bildungsabschlüssen („Qualifikationen“) ist eine wesentliche Voraussetzung, um die Dienstleistungsfreiheit und Personenfreizügigkeit in Europa zu gewährleisten. Für diese Zwecke wurde 2008 auf Unionsebene der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) geschaffen. Konkret wurden acht Niveaustufen und gemeinsame Prinzipien für die Beschreibung und Klassifikation von Qualifikationen definiert, um nationale Qualifikationen international vergleichbar zu machen. Die EU-Mitgliedsstaaten erarbeiteten auf dieser Basis jeweils Nationale Qualifikationsrahmen (NQR). Jeder NQR wird zum EQR in Bezug gesetzt, wodurch festgelegt wird, welches nationale Niveau welchem EQR-Niveau entspricht.
Vorteile des NQR
Der NQR soll die Transparenz und Vergleichbarkeit österreichischer Qualifikationen auf nationaler und europäischer Ebene erhöhen. Da die nationalen europäischen Bildungssysteme sehr unterschiedlich sind, ist eine entsprechende „Übersetzungshilfe“ zur Bewertung und Einschätzung von Qualifikationen substantiell. So ist beispielsweise der Baumeister mit Planungsbefugnis ein österreichisches Spezifikum, das ohne ein solches „Übersetzungssystem“ in anderen Mitgliedsstaaten nur schwer anerkannt bzw gleichgehalten werden kann. Die Vergleichbarkeit soll durch den EQR und die einzelnen NQR ermöglicht und gewährleistet werden. Letztlich wird dadurch die internationale Mobilität von Arbeitnehmern – entsprechend der Personenfreizügigkeit – erleichtert, da es für Unternehmen einfacher möglich ist, Zeugnisse und Qualifikationen von Bewerbern aus anderen Staaten zu bewerten. Schließlich können Unternehmen dank des NQR/EQR auch die Qualifikationen ihrer Mitarbeiter im Rahmen internationaler Ausschreibungen adäquat beschreiben und so ihre Wettbewerbsfähigkeit nachweisen.
NQR-Gesetz
Die gesetzliche Grundlage für den österreichischen NQR bildet das Bundesgesetz über den Nationalen Qualifikationsrahmen (NQR-Gesetz), das am 15. März 2016 in Kraft getreten ist. Es regelt – den Zielen der Transparenz und Vergleichbarkeit entsprechend – die Zuordnung österreichischer Qualifikationen zu einem von insgesamt acht Qualifikationsniveaus (siehe Grafik 1) und die Veröffentlichung dieser Zuordnung zu Informationszwecken in einem öffentlich zugänglichen Register (NQR-Register). Die Zuordnung von Qualifikationen zum NQR erfolgt aufgrund eines Zuordnungsersuchens, für das ein mehrstufiges Verfahren unter Einbezug von Sachverständigen vorgesehen ist. Nach Abschluss des Verfahrens und erfolgter Zuordnung wird jede Qualifikation samt ihrer Leistungsbeschreibung im nationalen NQR-Register veröffentlicht.
Gleichwertig aber nicht gleichartig
Die Zuordnung zu einem bestimmten Qualifikationsniveau beruht auf sogenannten Deskriptoren (=Lernergebnissen), also jenen Kenntnissen, Fertigkeiten und Kompetenzen, die eine Person am Ende ihres Bildungsprozesses erworben hat. Die Deskriptoren können sich dabei auf eine wissenschaftliche Disziplin, ein Studienfach, einen konkreten Beruf oder ein Berufsfeld beziehen. Dadurch können sehr unterschiedliche Qualifikationen demselben Qualifikationsniveau zugeordnet werden. Alle Qualifikationen eines Niveaus sind in Bezug auf das Niveau der mit diesen Abschlüssen verbundenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen gleichwertig. Dessen ungeachtet sind sie jedoch nicht gleichartig, also in inhaltlicher Hinsicht gleich. So sind beispielsweise ein Diplomstudium der Rechtswissenschaften und der Baumeister – beide dem Niveau VII zugeordnet – als gleichwertig iSd NQR anzusehen, ohne dass aufgrund inhaltlicher Unterschiede die Ausbildungen gleichartig sind.
NQR-Zuordnung der BMBPO 2023
Die Zuordnung einer Qualifikation erfolgt auf Grundlage der zum Zeitpunkt des NQR-Zuordnungsantrags gültigen Prüfungsordnung. Die Prüfungsordnung muss so gestaltet sein, dass eine Anerkennung nachgewiesener Lernergebnisse vorgenommen werden kann, wobei die Lernergebnisse den oben beschriebenen Deskriptoren des NQR entsprechen müssen.
Im August 2023 hat das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) eine neue BMBPO kundgemacht, welche die hohen Ansprüche des NQR in Bezug auf Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen des Baumeisters erfüllt und damit als Basis für den NQR-Zuordnungsantrag herangezogen werden konnte (siehe
Grafik 2). Der NQR-Zuordnungsantrag wurde im Mai 2024 eingereicht und am 26. September 2024 mit der Veröffentlichung im NQR-Register positiv erledigt.
NQR-Niveau VII – Lernergebnisse
Über die neue Struktur und die Inhalte der BMBPO 2023 wurde bereits im Vorjahr in der ÖBZ-Ausgabe Nr. 18/2023 ausführlich berichtet (s. Info-Kasten). Die BMBPO 2023, die am 11. August 2024 nach einer einjährigen Legisvakanz in Kraft getreten ist, verlangt von ihren Absolventen außerordentliche Lernergebnisse, die dem weitreichenden Gewerberechtsumfang des Baumeistergewerbes Rechnung tragen. So sind hoch spezialisierte Kenntnisse als Grundlage für innovative Ansätze im jeweiligen Arbeitsbereich bzw an der Schnittstelle verschiedener Arbeitsbereiche nachzuweisen. Demgemäß müssen die Baumeister-Befähigungsprüfungswerber über spezialisierte Problemlösungsfertigkeiten verfügen und Innovationsfähigkeit sowie die Integration von Wissen aus verschiedenen Bereichen nachweisen. Diese Kenntnisse und Fertigkeiten münden in der Kompetenz zur Leitung und Gestaltung komplexer beruflicher Aufgaben und Projekte.
Baumeisterprüfungsbeirat
Um eine laufende Qualitätssicherung der Baumeister-Befähigungsprüfung im Sinne der Lernergebnisse des NQR-Niveaus VII zu gewährleisten, wurde ein Baumeisterprüfungsbeirat eingerichtet, welcher – unter Vorsitz von Bundesinnungsmeister-Stellvertreter Norbert Hartl – Stellungnahmen zu konkreten Themen mit Bezug auf die Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der BMBPO erarbeitet. Gemäß der Geschäftsordnung des Baumeisterprüfungsbeirats umfasst dies unter anderem auch die österreichweite Evaluierung von Prüfungsbeispielen der einzelnen Prüfungskommissionen. Ebenso soll der Beirat inhaltliche und organisatorische Vorschläge zur Bestellung von Prüfungskommissionsmitgliedern erstellen. Auch die Erstattung von Vorschlägen zur Lösung von Fragen der Anrechnung von Vorqualifikationen fallen in den Aufgabenbereich des am 29. August 2024 konstituierten Baumeisterprüfungsbeirats.
Zuordnung alter Prüfungsordnungen
Generell erfolgt die NQR-Zuordnung auf Basis der zum Zeitpunkt des Zuordnungsersuchens gültigen Prüfungsordnung. Im Falle der Baumeister-Befähigungsprüfung ist somit die BMBPO 2023 die relevante Basis für die NQR-Zuordnung. Eine generell rückwirkende NQR-Zuordnung von früher erworbenen Qualifikationen ist ebenso wenig vorgesehen wie ein nachträgliches Umschreiben von bereits ausgestellten Prüfungszeugnissen. Das heißt, das NQR-Niveau wird grundsätzlich nur auf neu vergebenen Zeugnissen angeführt. Demgemäß muss zumindest ein Prüfungsgegenstand bzw Prüfungsmodul gemäß der neuen BMBPO absolviert worden sein, um eine offizielle Bestätigung der Zuordnung auf NQR-Niveau VII zu erhalten.
Ungeachtet dessen stehen die Meisterprüfungsstellen der Wirtschaftskammern für allgemeine Auskünfte zur Zuordnung von Qualifikationen im NQR zur Verfügung. Bei begründetem wirtschaftlichen Interesse des Unternehmens (insbesondere wenn dies für die Teilnahme an Ausschreibungen benötigt wird) kann überdies das BMAW Abt VI/7 (Berufsausbildung, Fachkräfte) eine Kompatibilität von Baumeister-Befähigungsprüfungen früherer Prüfungsordnungen mit der aktuellen Prüfungsordnung auf NQR-Niveau VII bestätigen.
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