Dachentwässerung

Wasserableitung bei Dachdeckungen

Entwässerung
29.01.2024

Während man sich früher lediglich über die Lage und eventuell noch über den Querschnitt der Ablaufrohre Gedanken machte, unterliegen Dachentwässerungen bei Neubauten, aber auch bei Sanierungen, einer Reihe von Richtlinien, die es akribisch einzuhalten gilt. Grundlagen und Praxistipps vom Experten.
Dachentwässerung ist ein komplexes Thema, das detaillierte Planung benötigt.
Dachentwässerung ist ein komplexes Thema, das detaillierte Planung benötigt.

Die Basis der Richtlinien ist die Dachentwässerungsnorm ÖNorm EN 12056-3 "Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden", Erscheinung 2000. Sie wird durch die Inhalte der ÖNorm B 2501 "Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke Planung, Ausführung und Prüfung ― Ergänzende Richtlinien zu ÖNorm EN 12056 und ÖNorm EN 752" entsprechend ergänzt.
Abgerundet wird der Bereich der Wasserableitung noch durch die ÖNorm EN 752, die sich in erster Linie mit jenen Stellen der Ableitung beschäftigt, wo Abwasser und Regenwasser das Gebäude bzw. die Dachentwässerung verlassen und bei der Übergabestelle an eine Kläranlage oder Vorfluter weiter behandelt wird. Dieser Teil der Regenwasserableitung hat auf die eigentliche Dachentwässerung keinen Einfluss und ist daher für den ausführenden Spenglerbetrieb nicht wirklich von Interesse.
Im Bereich der Planung kann es allerdings vorkommen, dass insbesondere bei Neubauten und Anschluss an bestehende Kanalsysteme Einschränkungen seitens der Behörden vorgeschrieben werden. Denn bestehende Leitungsnetze wurden nicht auf so große versiegelte Flächen ausgelegt. Daher ist es möglich, dass entweder ein Rückhaltesystem oder aber auch Dachdeckungen mit wasserspeichernder Wirkung vorgeschrieben werden. Dadurch kann der Regenwasserabfluss insbesondere bei Starkregenereignissen deutlich verzögert und damit reduziert an das Kanalsystem abgeben werden.

Grundlagen der Dachentwässerung

Unterschieden wird in vorgehängte Dachentwässerungen, die schadlos an der Außenkante überlaufen können und das Regenwasser dadurch vom Gebäude fernhalten, und in Einlege- oder sogar innenliegende Rinnen, die zumeist über der gedämmten Konstruktion ausgeführt werden. Aufgrund der Lage solcher Einlegerinnen sind diese auch immer mit Sicherheitsrinnen und einem Mindestgefälle von 5 mm/m zu planen und zu bauen (siehe Abb. 1). Hinzu kommt, dass die Rinnen abhängig davon, ob ein schadloses Übergehen an der Außenseite möglich ist oder nicht, entweder mit dem fünfjährlichen Fünfminutenregen oder mit dem hundertjährlichen Fünfminutenregen zu berechnen sind. Geht es um klassische innenliegende Rinnen, dann sind zusätzlich Notüberläufe zu planen.

Abb. 1: Vertiefte Nackenrinne mit Zuluftöffnung.
Abb. 1: Vertiefte Nackenrinne mit Zuluftöffnung.

Rinnengefälle und Einfluss auf die Abflussleistung

Während Einlegerinnen mit einem vorgegebenen Mindestgefälle von 5 mm/m auszuführen sind, darf man bei vorgehängten Rinnen auf ein Mindestgefälle von 3 mm/m reduzieren. In besonderen Fällen darf gemäß Spenglernorm auch auf das Gefälle verzichten werden, wenngleich sich das 1:1 negativ auf die Abflussleistung und die Selbstreinigungskraft im Rinnenlauf auswirkt. Das wiederum führt dazu, dass man die Wartungsintervalle zur Reinigung der Rinnen entsprechend kurzhalten muss.
Dachentwässerungen sind gemäß ÖNorm EN 12056-3 zu dimensionieren, wo das Rinnengefälle in Form des Abflussbeiwertes FL einfließt. Dieser wiederum ist abhängig vom Verhältniswert Rinnenlänge zur Sollwassertiefe. Zusätzlich ist der Wert abhängig vom Rinnengefälle. Bei einem Gefälle von max. 3 mm/m ist dieser Faktor kleiner 1. Insbesondere bei langen Rinnen mit geringer Sollwassertiefe kann dieser Wert auf bis zu 0,6 sinken. Da der Wert als Multiplikator in die Berechnung einfließt, entspricht das einer Reduktion der Abflussleistung um bis zu 40 %. Wird hingegen mit einem regelmäßigen Gefälle gearbeitet, steigt auch der Abflussfaktor und führt bei den zuvor beschriebenen Rinnen zu einer Steigerung der abzuleitenden Wassermenge. Wird mit einem Mindestgefälle von 4 mm/m gearbeitet, dann kann immer davon ausgegangen werden, dass unabhängig von der Rinnenlänge kein negativer Einfluss/Reduktion zu erwarten ist.

Dachentwässerungsdimensionierung über Tabellen

Aufgrund der Komplexität der Formeln und zu berücksichtigenden Faktoren, haben wir uns bei Rheinzink dazu entschlossen, keine Tabellenwerke zu erstellen. Würde man nur für eine vorgehängte Rinne mit 333 mm Zuschnitt Werte angeben, müsste man dies abhängig vom Rinnengefälle und der Rinnenlänge tun. Das führt dazu, dass man nur für diese Rinnengröße ein mehrseitiges Konvolut erhält, denn eine Aufschlüsselung hat abhängig vom Gefälle für die unterschiedlichen Rinnenlängen zu erfolgen.
Gibt man hingegen die Werte nur für gefällelose oder Rinnen mit einem maximalen Gefälle von 3 mm/m an, dann schafft man bei z. B. 20 m Rinnenlänge eine Wassermenge von max. 2,18 l/s. Die gleiche Rinne mit mind. 4 mm/m Rinnengefälle steigert die Abflussleistung auf 2,73 l/s. Betrachtet man das mit einer Regenspende von 400 l/sxha, dann würde eine gefällelose Rinne maximal 54,5 m² und eine Rinne mit höherem Gefälle 68,2 m² entwässern können.

Dachentwässerung richtig planen und bemessen

Als Basis für die Planung der Dachentwässerung benötigt man die örtliche Regenspende bzw. die Bezugsdachfläche. Die Regenspenden sind unter ehyd.gv.at abrufbar. Dabei kann man auf ein Gitternetz mit einem Abstand von rund 6 km zurückgreifen und sich den zugehörigen nächstgelegenen Punkt heraussuchen. Sollte der Wert für den Standort beim fünfjährlichen Fünfminutenregen unter 300 l/sxha liegen, sind in jedem Fall die 300 l/sxha als Bemessungswert gemäß ÖNorm B 2501 anzunehmen.

Sicherheitsrinne bituminös.
Abb. 2: Sicherheitsrinne bituminös

Die Bezugsfläche ist nicht die projizierte Fläche, sondern jene Fläche, die auch unter Berücksichtigung von Schlagregen mit Regenwasser beaufschlagt wird. Daher ist bei Schlagregenberücksichtigung immer die halbe Gebäudehöhe zur Tiefe der Dachfläche hinzuzurechnen. Auch eine direkt anstehende Mauer oder ein höher geführter Gebäudeteil kann zu einer sehr großen zusätzlichen Belastung durch Regenwasser im Dachbereich führen, denn bei 10 m Wandhöhe wären das pro Laufmeter nochmals 5 m² Bezugsfläche, die es zu berücksichtigen gilt.

Abb. 3: Einlegerinne mit Sicherheitsrinne und äußerer Überlaufkante.
Abb. 3: Einlegerinne mit Sicherheitsrinne und äußerer Überlaufkante.

Der Übergang der Rinnen zum Ablaufrohr erfolgt entweder mit Hilfe von sogenannten Rinnenstutzen oder Rinnenkesseln. Wenn man als Handwerker*in die Wahl hat, sollte man immer den Rinnenkessel bevorzugen, da dieser, sofern technisch richtig ausgeführt auch als sogenannte Rinnenschiebenaht (= Dehnungselement) eingesetzt werden darf. Rinnenkessel sind in der Lage deutlich höhere Wassermengen abzuleiten. Daher sollte man die Ausbildung eines Rinnenkessels nutzen und die Dachentwässerung immer von zwei Seiten anschließen. Daher macht es Sinn, den Rinnenkessel immer in Gebäudemitte bzw. den Drittel- oder Viertelpunkten usw. anzuordnen.
Was man dabei unbedingt beachten muss, ist die Erfordernis oder der Wunsch einen Laubschutz einzusetzen. Laubschutzvorrichtungen führen dazu, dass man die abzuleitende Wassermenge mit einem Faktor von 50 % reduzieren muss. Das liegt einfach daran, da ein Laubschutz nicht unmittelbar nach dem Laubanfall und vor dem nächsten Regenniederschlag auch entsprechend gereinigt wird.

Sicherheitsrinnen bei Einlegerinnen

Abb. 4: Querschnitt Einlegerinne mit Sicherheitsrinne.
Abb. 4: Querschnitt Einlegerinne mit Sicherheitsrinne.

Ein strittiges Thema ist, ob Sicherheitsrinnen unbedingt als Abdichtungen gemäß ÖNorm B 3691 auszuführen sind. Die Spenglernorm sieht vor, dass sie als Abdichtung ausgeführt werden dürfen, wobei dann zwangsläufig die zuvor genannte Norm einzuhalten ist. Zumeist haben sich für diesen Anwendungsbereich aber auch einlagige Lösungen mit Bitumendachbahnen, EPDM oder anderen Kunststoffbahnen bewährt.
Wird mit z. B. Elastomerbitumen-Kaltselbstklebebahnen gearbeitet ist darauf zu achten, dass die Stöße entweder mittels thermischer Verarbeitung oder durch Einsatz von Flüssigabdichtungen ausgeführt werden. Durch den Umstand, dass die Hauptwassermenge über die Einlegerinne abgeleitet wird und die Sicherheitsrinne daher nur während der Bauphase und später im Fall von geringfügigen Leckagen Wasser ableiten muss, haben sich für diesen Anwendungsbereich einlagige Lösungen seit mehr als 20 Jahren bestens bewährt.
Als Abstandhalter zwischen Einlege- und Sicherheitsrinne ist mit einer Strukturmatte (z. B. "Enkamat 7018") mit 18 mm Höhe zu arbeiten. Geringere Dicken sind aufgrund des kleinen Längsgefälles ungeeignet (siehe Abb. 2, 3 und 4).

Ablaufbereiche bei Einlegerinnen

Ablaufbereiche müssen rückstauwasserdicht an das Kanalrohr angeschlossen werden. Messingmuffen als Übergangsstücke, fix mit geraden oder konischen Rinnenstutzen verbunden, erfüllen diese Anforderungen. Auf geeignete Messinglegierungen ist zur Vermeidung von Korrosionen zu achten.
Hinsichtlich der Stutzenausbildung gibt es zwei Philosophien: Die einen schwören auf eine Ableitung der Sicherheitsrinne über das Kanalsystem, die anderen entwässern die Sicherheitsrinne über kleine Stutzen am Tiefpunkt ins Freie und schließen die Einlegerinne rückstauwasserdicht an den Kanal an.
Jede Variante hat ihre Vor- und Nachteile. Wird die Sicherheitsrinne über den Kanal entwässert, muss man im Fall einer Verstopfung im Ablaufrohrbereich mit einem Rückstau in die Ebene der Sicherheitsrinne rechnen. Mit Hilfe von Laubschutzvorrichtungen lässt sich die Verstopfungsgefahr deutlich reduzieren. Zu beachten ist, dass Laubfänger mit einer rechnerischen Reduktion der Ablaufleistung von – 50 % in der Bemessung zu berücksichtigen sind. Durch Ausbildung sogenannter Doppelstutzen im Ablaufbereich kann diese Reduktion kompensiert werden.
Vorteil der Variante 2 (Entwässerung der Sicherheitsrinne über kleine Stutzen ins Freie) ist die einfache Kontrollmöglichkeit auf Schäden im Bereich der Einlegerinne. Läuft Wasser über die kleinen Stutzen ab, muss davon ausgegangen werden, dass Leckagen bei der Einlegerinne vorliegen. Im Falle von verstopften Rohrleitungen wird Wasser ausnahmslos in die Primärrinne zurückgestaut (Abb. 5).

Abb. 5: Rückstauwasserdichter Anschluss an Kanalrohr mittels Messingmuffe.
Abb. 5: Rückstauwasserdichter Anschluss an Kanalrohr mittels Messingmuffe.

Beispiel: Gaupe mit nicht sichtbarer Dachentwässerung

Für einen größeren Dachgeschossausbau in Wien war der Wunsch die Dachentwässerung bei den Schleppgaupen auf eine herkömmliche Form der Dachentwässerung mit vorgehängten Rinnen, Ablaufrohren sowie Rohrbögen zu verzichten, aber dennoch das Regenwasser gezielt und sicher abzuleiten. Zu diesem Zweck hat man im Traufenbereich mit Hilfe von Lochblechen eine Unterkonstruktion für eine Einlegerinnenausbildung geschaffen, wo einerseits die Hinterlüftungsebene unterhalb durchläuft und andererseits auch das Kriterium der dachseitigen Mindestüberhöhung eingehalten wird. Die Rinne selbst entwässert mit herkömmlichen Rinnenstutzen in vertikale "Schlitzrinnen", die in Form von U-Profilen auf die darunterliegende Dachfläche entwässern (Abb. 6).

Gaupe mit versteckter Dachentwässerung.
Abb. 6: Gaupe mit versteckter Dachentwässerung.

Profitipp

Mein Tipp: Entscheiden Sie bei der Auslegung der Dachentwässerung nicht aus dem Bauch heraus. Die Dachentwässerung ist ein Planungsthema, wo mehrere Gewerke aufeinander abzustimmen sind. Das ist mit Zeitaufwand und damit Kosten verbunden. Bemessungen sind zwar auf den ersten Blick kompliziert, geben allerdings zusätzlich Rückendeckung insbesondere im Streitfall.
(bt)

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