Minimalistisch in Metall

Im Herbst hat Vitra vier Objekte des französischen Designers Jean Prouvé, der sich selbst gerne als Konstrukteur bezeichnete, neu aufgelegt. Das Farbspektrum erweiterte man mit weiteren original Prouvé-Farben, die exakt mit dem Stil der Kärntner Kaffeeröster in der Kettenbrückengasse unweit des Wiener Naschmarktes harmonieren. Prouvés Ansatz war ein sehr pragmatischer: Nach einigen raschen Skizzen ging er an die Umsetzung und arbeitete am Prototyp weitere erforderliche Details aus. Dies alles freilich mit dem avancierten Feingefühl, das jeder gebogenen Linie eine Schwingung verleiht und die Charakteristik der Oberfläche sichtbar macht. Bereits Mitte der 1920er-Jahre hatte er in Nancy seine erste Metallwerkstatt gegründet, 1947 wurde eine Fabrik bezogen. Darin arbeiteten Architekten gemeinsam mit Handwerkern. Prouvé war einer der ersten im Bereich Serienproduktion – auch in seiner Architektur pflegte er mit modularen und vorgefertigten Teilen zu arbeiten.

Im Café Prouvé werden nun eine Auswahl der neu aufgelegten Designstücke präsentiert. Etwa der Sessel "Standard" aus Metall und Holz. Diesen Sessel fand man früher in ganz normalen französischen Gendarmerie-Stationen. Der minimalistische Designer kreierte Objekte, die für den alltäglichen Gebrauch optimal geeignet sind. Nicht nur durch ihr zeitloses Design, sondern auch wegen der robusten Materialien wie Stahlrohre und massive Holzplatten. Die statischen Grundsätze einer Stuhlkonstruktion lassen sich am Stuhl "Standard" demons­trieren: Weil die hinteren Beine das meiste Gewicht tragen, sind diese als voluminöse Hohlkörper konstruiert. Für die Vorderbeine genügt ein leichtes Stahlrohr.

Das Bücherregal Rayonnage Mural aus lackiertem, gebogenem Blech wurde von Vitra bereits 1936 produziert. Die Formensprache der vertikalen, stromlinienförmigen Wandhalterungen findet sich in mehreren Elementen von Prouvé wieder. Der Metallhocker Tabouret Métallique stammt aus dem gleichen Jahr. Damals ging der Entwurf nicht in Serienproduktion und wird nun von Vitra zum ersten Mal hergestellt. Im Café war der Hocker in leuchtendem Japanese Red ein wahrer Blickfang –, zudem zweifach nutzbar. Nicht nur als Hocker, sondern auch als Beistelltisch.

Minimalistisch elegant fügt sich die Wandleuchte Potence ins Bild. Sie besteht aus einer drehbaren Metallstange, die von einem Stahldraht gehalten wird. An dieser ist eine Glühbirne befestigt. Die Konstruktion stammt aus den 1940er-Jahren, Prouvé hatte sie für sein eigenes Haus in Nancy entwickelt. Im Jahr 1947 ergänzte er diese Leuchte durch einen kegelförmigen, abnehmbaren Lampenschirm: "Abat-Jour Conique", der sich mit den Leuchten Potence und Petite Potence kombinieren lässt.

Der Tisch EM Table mit Metallverstrebung stammt aus den 50er-Jahren und passt wie alle Objekte in einen Co-Working-Space ebenso wie in einen Wohnraum. Auch hier wird die Konstruktionslogik und Statik in der Ästhetik anschaulich: Die Beine sind durch eine Traverse miteinander verbunden.

Auch der Fauteuil de Salon entspricht der typischen klaren Prouvé-Linienführung, ergänzt durch komfortables Sitzgefühl. Die farbliche Gestaltung aller Objekte ist wohl austariert – von natürlich anmutenden Grün- und Grautönen hin zum leuchtenden Blau und japanisch Rot. Der Einfluss der Farben moduliert einzelne Stücke und verleiht ihnen unterschiedlichen Charakter. Häufig beließ der Designer das Material auch im Rohzustand, weil er die "Natur des Materials" sichtbar haben wollte. [yr]