Handwerk und Design

Nachhaltig durch die Stadt cruisen

Gudrun Haigermoser
01.09.2022

Vor gut zwei Jahren entschloss sich Gründer Michael Diekers, eine eigene Marke ins Leben zu rufen, die seinen Lieblingssport preiswert und nachhaltig unterstützt: "Jeder soll die Möglichkeit haben, preiswerte Skateboards und Markenklamotten zu kaufen."

Michael Diekers baut nachhaltige (Skate)Boards, unterstützt wird er dabei von Miriam Karner und Harald Leitner. Vertrieben werden die Bretter, made in Graz, unter der Marke Häng Luis, coole Vintage wie auch Faire Bio Mode gibt es unter diesem Label zudem auch zu kaufen. Diekers, der selbst aus der Skaterszene kommt, hat sich schon immer für die Herstellung seines bevorzugten Sportgeräts interessiert. Den Ausschlag, es selbst zu versuchen, gab ein erstes Reinschnuppern bei einem Boardbauer in Kufstein, das “Lust auf mehr” machte. So richtete der Steirer 2020 in der eigenen Wohnung eine Pressstation ein und startete mit der Produktion: “Wir haben mit einem selbst gefrästen Negativ aus Styropor gearbeitet. Konkret wurde das Furnier verleimt, auf das Negativ gebunden, in einen provisorischen Press-Sack gegeben und mit Kautschuk abgedichtet. Dann habe ich die Luft mit dem Staubsauger abgesaugt und die verbleibende Luft, um ein vollständiges Vakuum zu erreichen, mit einer Weinpumpe herausgesaugt”, beschreibt Diekers das Verfahren.

Furnierpressen
© Häng Luis, Ijob Brandstätter

Warum der gelernte Elektriker und studierte Volkswirt, der lange im sozialen Bereich beruflich tätig war, schließlich den “Holz-Weg” einschlug, hatte mehrere Gründe: “Eigentlich wollte ich ein eigenes Label für nachhaltige und günstige Skatemode gründen, denn für namhafte Marken zahlt man teilweise horrende Preise. Der Gedanke, auch umweltfreundliche und leistbare Boards zu bauen, war da nicht mehr weit. Das Recycling bei Kleidern hat zwar gut funktioniert, bei gebrauchten Skateboards aber weniger – da diese zumeist wirklich kaputtgefahren sind. Daher mussten wir uns etwas anderes einfallen lassen.” So realisierte Diekers seine erste Charge mit – damals noch gespendetem – Ahornfurnier. Seine handwerklichen Fähigkeiten eignete er sich durch “learning by doing” an, arbeitete in verschiedenen Tischlerwerkstätten mit und probierte vieles aus.

Heute werden die Materialien bewusst zugekauft, um die Produktion planbar zu halten. “Wir verwenden nach wie vor ausschließlich Furnierschnittreste, u.a. aus Ahorn, Esche, Nuss und Lärche für die Herstellung unsere Cruiser und Balance Boards”, sagt Michael Diekers. Jedes Board wird mit viel Liebe zum Detail in Handarbeit gefertigt und aufgrund der Individualität des Werkstoffes Holz hat auch jedes Produkt andere charakteristische Merkmale.

Balance Board
© Häng Luis, Ijob Brandstätter

Das Wohnzimmer hat als Produktionsstätte heute auch ausgedient: Es gibt eine eigene Holzwerkstatt in Graz. Diese ist mit einer professionellen Werkstattpresse ausgestattet, statt der Styropornegative kommen gefräste Pressformen zum Einsatz. Mittlerweile bauen Diekers und sein Team rund 15 Boards pro Monat, dabei setzt man vermehrt auf Balanceboards, die zum Großteil auf Kund*innenanfrage produziert werden. Ein Geschäft gibt es nicht wirklich, der Vertrieb läuft auf Nachhaltigkeitsmessen wie der Ökofair in Innsbruck, auf Kommissionsbasis in diversen Shops oder per Online-Vertrieb. Übrigens, für diejenigen, die mit der Skatersprache nicht so vertraut sind: Cruiser sind längere Stadtboards für “ein gemütliches Herumfahren”, Balance Boards wiederum sind nicht auf der Straße zu finden: Man balanciert auf einer Rolle mit dem Brett und trainiert damit zuhause den Gleichgewichtssinn.

Handarbeit
© Häng Luis, Ijob Brandstätter

Nachdem Diekers lange als “Alleinstreiter” fungierte, baut er gerade sein Team und die Vertriebswege aus. “Wir akquirieren Shops und arbeiten mit neuen Künstler*innen in Sachen Gestaltung zusammen. Und wir haben, gefördert über den „Öko-Scheck“, ein Forschungsprojekt gestartet. Die Idee dahinter: Ein komplett recycelbares Board zu schaffen”, berichtet der Unternehmer über die Zukunftspläne. Bestandteile des Projektes sind die Kreation eines rein pflanzlichen Klebstoffes. Daran arbeitet man gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien, nachdem Versuche mit anderen umweltfreundlichen Klebern wie u.a. Knochenleim nicht die gewünschte Haltbarkeit brachten. Zudem möchte man die Rollen für die Balanceboards, die aktuell noch aus Kork bestehen, aus den Holzreststoffen, die in der Werkstatt anfallen, selbst pressen. (gh)

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