Begehbarer Schrägeinbau
Brandschutzglas im Schleusenhaus
Alles andere als der Standard ist das "Sluishuis" (Schleusenhaus) aus der Feder der Architekten von BIG und Barcode Architects, das gerade in Amsterdam IJburg entsteht. Es wird Wohnraum für unterschiedliche Zielgruppen auf 46.500 Quadratmetern bieten. Einige der insgesamt 442 Wohnungen sind stark geneigt über dem Wasser positioniert. In einer Anspielung auf die traditionellen Innenhöfe der niederländischen städtischen Höfe hebt sich das "Schleusenhaus" nahe der Enneüs-Heerma-Brücke aus dem IJ-See. Am Wasser angehoben, sodass Boote in den Innenhof gelangen können, fällt das Gebäude zum Steigereiland Terrassen bildend in Stufen ab. Der Baukörper ist so gestaltet, dass die Wohnungen von besonders viel Tageslicht profitieren, der direkte Kontakt zur Natur bleibt erhalten, der See ist über den Innenhof, eine Promenade oder den öffentlich zugänglichen Stieg zur Spitze des Gebäudes zugänglich. Das ökologisch wertvolle Konzept spiegelt sich auch im energetischen Entwurf, der viele Technologien intelligent kombiniert, wie Dreifachverglasungen, Wärmerückgewinnung aus den Lüftungsanlagen, Fernwärme und Wärmepumpen für Warmwasser und Kühlung sowie Sonnenkollektoren.
Aufwendiges Sonderprojekt
In enger Zusammenarbeit mit dem Metallbauunternehmen MC Kersten (Amsterdam) entwickelte AGC Pyrobel die feuerfesten Verglasungen des Sluishuis. Ein aufwendiges Sonderprojekt, denn es handelt sich um begehbare EI 60-Verglasungen für alle Fenster, die auf das Wasser hinausragen. Profile und Rahmen (Jansen VISS Fire) wurden von MC Kersten maßgeschneidert, das Glas musste neben Brandschutz, Durchsturzsicherheit und Begehbarkeit auch hohen Anforderungen an die Luftdichtheit genügen – und zudem Anforderungen an Überkopfverglasungen, wegen der darunter verkehren Boote. Im Sluishuis beträgt die Größe des Gesamtbauteils 1.250 x 3.000 Millimeter, auch darum wurde "Pyrobel" Brandschutzglas mit 60 Minuten Feuerwiderstand und der höchsten EI-Klassifizierung gewählt, denn die über das Wasser auskragenden Wohnungen sind im Fall eines Brandes durch die Feuerwehr schwer erreichbar.
Die in einer spektakulären Neigung von rund 30 Prozent eingebaute Verglasung hat eine Gesamtdicke von 74 Millimetern. Außen eine Scheibe "Pyrobel T EI60 35H", innen ein beschichteter 888.8-Aufbau aus speziell gehärtetem Glas. Damit die Begehbarkeit möglich ist, wurde das feuerfeste Glaspaket außen positioniert. Argon-gefüllt bietet die Verglasung einen Ug-Wert von 1,1 W/(m2K).
Die dezidierte Prüfung des Glases ("Dedicated Test") setzte extrem hohe Anforderungen: Während das Glas normalerweise im Vertikaleinbau getestet wird, wurde es hier im Horizontaleinbau getestet, damit es in Neigungswinkeln von 0 bis 80 Grad eingebaut werden darf. "Pyrobel" erreichte statt der geforderten 60 Minuten Feuerwiderstand schließlich sogar mehr als 90 Minuten.
Um die Rahmen mit den dicken Glaspaketen sicher in die Fassade zu heben, entwickelte das Metallbau-Unternehmen ein spezielles Montageverfahren, denn das Gesamtgewicht war mit jeweils etwa 600 Kilogramm zu hoch, um sie auf normalem Weg in Innenräumen zu transportieren. Letztlich wurden sie von der Decke aus durch die Fassade in die Wohnungen abgesenkt.
Alle Brandschutz-Verglasungen von AGC wurden mit dem Cradle to Cradle Zertifikat in Silber ausgezeichnet, das Architekten und Planern die ökologische Zertifizierung von Gebäuden nach Umweltstandards wie Leed und Breeam erleichtert und Materialkreisläufe ermöglichen soll.
(bt)