Kaufen oder leihen?
Maschinenparks stellen für viele Tischlereibetriebe in Sachen Investition eine große Herausforderung dar. Leih- und Sharing-Modelle könnten nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch viele Vorteile bringen.
You have to spend money to make money“, sagt man. Dieser Satz stammt übrigens nicht aus der Feder eines gewieften Marketingmanagers unserer Zeit, sondern geht auf den römischen Dichter Titus Maccius Plautus zurück. Was damit gemeint ist? Um erfolgreich seinen Geschäften nachgehen zu können, muss man bereit sein zu investieren. Gerade Handwerksbetriebe mit einem umfassenden Dienstleistungs- und Produktportfolio wissen nur zu gut, was damit gemeint ist. Dabei gilt es freilich, Investitionen schlau und umsichtig zu tätigen – und wenn es um den Maschinenpark in einem Tischlereibetrieb geht, sind die dazugehörigen Summen schnell im hohen Bereich. Für Kleinbetriebe wird die oft benötigte Anschaffung damit zur Herkulesaufgabe – gerade in Zeiten von volatilen Zinsentwicklungen und schwierig zu beschaffenden Krediten. Aber was, wenn Betriebe statt eines klassischen Kaufs die Möglichkeit zum Leasing hätten? Oder sich sogar größere Maschinen mit Kolleg*innen teilen würden?
Beim Ankauf einer CNC-Maschine muss man in der Regel 250.000 Euro aufstellen – und hier sprechen wir vom Einsteigermodell.
Bedarf ermitteln
„Sofern Betriebe Maschinen alleine nutzen, wird in der Regel eine Finanzierung auf mehrere Jahre abgeschlossen oder die Maschine über ein Leasingmodell mittels Raten finanziert – zweiteres Szenario ist aus meiner Sicht besser für ein Sharingmodell geeignet“, skizziert Klaus Weissengruber. Der Geschäftsführer des Traditionsbetriebs Weißengruber mit Sitz im oberösterreichischen Ried in der Riedmark hat nicht nur selbst einen umfassenden Maschinenpark, sondern in seiner Funktion als Landesinnungsmeister-Stv. einen Blick für die Bedürfnisse der Betriebe. Im landwirtschaftlichen Bereich ist das Thema Maschinensharing seit vielen Jahren ein relativ erfolgreiches Konzept und Weissengruber sieht durchaus Potenzial, das Prinzip des Teilens auch auf die Tischlereibetriebe umzulegen. „Beim Ankauf einer CNC-Maschine muss man in der Regel 250.000 Euro aufstellen – und hier sprechen wir vom Einsteigermodell.“ Und nicht jede CNC ist zu hundert Prozent ausgelastet, hier gäbe es viel Luft nach oben. „Wenn sich mehrere Kleinstbetriebe zusammentun, wird nicht nur das Investitionsvolumen leichter stemmbar, sondern auch die Auslastung der Maschine erhöht – eine grundsätzlich positive und sehr nachhaltige Umsetzungsmöglichkeit.“
Klares Nutzungsmodell
Zu beachten gilt es dabei allerdings einiges: Durch die fehlende Mobilität der Maschinen braucht es einen Standort, der für alle Mieter*innen passend ist. Zusätzlich benötigen Maschinenparks eine Infrastruktur: Moderne Absauganlagen, ausreichende Stromversorgung und viel Know-how in der Bedienung. „Eine Maschinenversicherung ist hier unumgänglich“, so Weissengruber weiter. Darüber hinaus könnte es sinnvoll sein, eine Person zu bestimmen, die für die Bedienung der Maschine verantwortlich ist. Viel Transparenz braucht es dazu sowie die Entwicklung eines klaren Nutzungsmodells – inklusive Abrechnungsmodi und Nutzungszeiten. Und auch, wenn das auf den ersten Blick nach viel Aufwand aussieht: Gerade kleinstrukturierte Betriebe könnten auf diese Art und Weise auf einen Maschinenpark zurückgreifen, der sonst nicht so leicht aufzustellen wäre. Noch investitionsintensiver wird es übrigens, wenn es um die Oberflächenbearbeitung geht, beispielsweise bei modernen Zuschnittanlagen oder Lackierstraßen. Kleinere Betriebe kaufen deshalb mittlerweile oft bei Zuschnittbetrieben ein, um ihre Objekte zu realisieren – das schwächt aber über längere Sicht die Kompetenz der Handwerksbetriebe. „Ordentliches Tischlerhandwerk auf höchstem Niveau mit perfekt bearbeiteten Oberflächen braucht viel Wissen und Erfahrung, zusätzlich sind die behördlichen Auflagen für eine Lackieranlage oder einen Spritzraum enorm“, weiß Weissengruber aus eigener Erfahrung. Erst letztes Jahr wurde in seinem Betrieb in eine neue Anlage mit wasserlöslichem Lack und UV-Härtungs-Technologie investiert. Weissengruber überlegt, den kleineren Betrieben in der Region seine Expertise in diesem Bereich anzubieten und macht einen Schritt in Richtung Maschinensharing. „Wenn wir uns weg vom starren Wettbewerbsgedanken hin in Richtung Zusammenarbeit entwickeln, können alle profitieren und unsere Betriebe noch nachhaltiger gestalten – in ökologischer und ökonomischer Hinsicht. Aus meiner Sicht ist das ein Zukunftsmodell mit viel Potenzial.“
Je mehr individualisierte und personalisierte Produkte produziert und verkauft werden, desto leichter ist die Idee des Maschinensharings umsetzbar.
Potenzial für Nischenbetriebe
Industrielle Produktionsprozesse und der damit verbundene Energie- und Materialaufwand stand auch bei einer von der KMU Forschung Austria und AEE Intec durchgeführten Studie im Fokus. Im Rahmen des Projekts „PRO_Service“ wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt und Energie untersucht, in welchen Bereichen Leih- und Servicemodelle ein besonders großes Potenzial aufweisen und welche Erfordernisse sich daraus für die weitere Forschung und Entwicklung ergeben. „Obwohl Leih- und Servicemodelle für den Bezug von Produktionsanlagen bereits seit vielen Jahren als aussichtsreiche Lösung diskutiert werden, konnten sich solche Alternativen zum Ankauf von Anlagen bis heute nicht flächendeckend etablieren“, erzählt Senior-Researcher Harald Wieser. Für ihn ist die Frage der ökologischen und ökonomischen Sinnhaftigkeit zentral: „Betriebe, die über Maschinenleasing oder -sharing nachdenken, müssen Nutzungs- und Besitzrechte klären.“ Die geringe Mobilität der Maschinen ist auch aus seiner Sicht herausfordernd – schließlich lässt sich eine CNC nicht so schnell dorthin befördern, wo sie gebraucht wird. „Wenn die Maschine nicht mobil ist, muss es der Tischler, die Tischlerin sein. Zudem braucht es gemeinsame Strukturen.“ Darüber hinaus sei ein innovatives Dienstleistungsmodell mit Maschinensharing dann sinnvoll, wenn hohe Ansprüche an die produzierten Produkte gestellt werden. Soll heißen: Bei größeren Skalierungen in der Produktion ist die Anschaffung einer eigenen Maschine ökonomisch schlauer. Aber gerade bei Tischlereibetrieben, die Nischen besetzen und nicht das komplette Portfolio anbieten, lohnt sich der Gedanke des Teilens: „Je mehr individualisierte und personalisierte Produkte produziert und verkauft werden, desto leichter ist die Idee des Maschinensharings umsetzbar“, so Wieser.